# taz.de -- taz-Recherche zu Burschenschaft: Germania Leipzig ist Verdachtsfall | |
> Burschenschaftsmitglieder bereiteten sich auf einen „Rassenkrieg“ vor. | |
> Der Verfassungsschutz beobachtet die Burschenschaft nun. | |
Bild: Beim Verfassungsschutz in Sachsen leuchten die Warnlampen: Chef der Behö… | |
BERLIN taz | Die Leipziger Burschenschaft Germania, deren Mitglieder teils | |
mit rassistischen Prepper-Aktivitäten aufgefallen sind, wird nach | |
taz-Recherchen nun vom Verfassungsschutz beobachtet. Das sächsische | |
Landesamt für Verfassungsschutz hat die schlagende Verbindung demnach als | |
rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft. Die Behörde sieht also genügend | |
„tatsächliche Anhaltspunkte“, dass die Organisation, die dem | |
völkisch-nationalistischen Dachverband Deutsche Burschenschaft angehört, | |
die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen will. | |
Der Verfassungsschutz darf nun nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, | |
etwa Kommunikation überwachen und V-Leute anwerben. Eine offizielle | |
Bestätigung für die Einstufung gibt es nicht, weil | |
Verfassungsschutz-Verdachtsfälle in Sachsen grundsätzlich nicht öffentlich | |
gemacht werden. | |
Die Einstufung hat auch Auswirkungen auf Germania-Mitglieder, die bislang | |
als Reservisten für die Bundeswehr tätig waren. Die Bundeswehr will sie nun | |
nicht mehr zum Reservistendienst zulassen, wie aus einem Schreiben der | |
Armee hervorgeht, das die taz einsehen konnte. Die Begründung: Eine weitere | |
Heranziehung dieser Reservisten würde das „Ansehen der Bundeswehr ernstlich | |
gefährden“. | |
[1][Wie die taz vor zwei Jahren aufdeckte], haben sich ab September 2015 | |
unter anderem „Alte Herren“ der Germania Leipzig zusammengetan, um sich auf | |
einen „Rassenkrieg“ vorzubereiten und am Tag X ein Dorf zu unterwerfen. | |
[2][Sie übten auch Schießen, teilweise mutmaßlich illegal.] Unter den | |
Männern und Frauen dieser „Zuflucht“-Preppergruppe waren mehrere | |
Bundeswehr-Reservisten, darunter ein Zahnarzt, der im Frühjahr 2020 im | |
Coronastab eines Landkreises eingesetzt war. | |
## Facebook-Chatgruppe „Endkampf“ | |
Diese und weitere Mitglieder der Burschenschaft tauschten in verschiedenen | |
internen Facebook-Chats rassistische, antisemitische und NS-relativierende | |
Inhalte aus. Eine der Gruppenunterhaltungen trug den Namen „Endkampf“. | |
[3][Einige der Männer waren oder sind in der AfD aktiv oder bei Fraktionen | |
der Partei beschäftigt.] | |
In internen Dokumenten macht die Germania Leipzig, die älteste | |
Burschenschaft Sachsens, aus ihrer politischen Ausrichtung keinen Hehl. Die | |
rassistische Weltanschauung wird im internen „Germanienbrevier“ als | |
Ethnopluralismus verschleiert, es ist die Rede von der Ablehnung einer | |
„multikulturellen Gesellschaft“. In den privaten Chats hielten sich die | |
Burschenschaftler nicht an diese neurechten Sprachcodes. Der Dachverband | |
hat nach der Veröffentlichung des Leaks ein „Untersuchungsverfahren zur | |
Prüfung auf strafbares Verhalten gegen die satzungsrechtlichen Grundsätze | |
der Deutschen Burschenschaft“ eingeleitet. | |
Dieses kam zum Schluss, dass drei Männer sich „strafwürdig im Sinne der | |
Verfassung der Deutschen Burschenschaft“ verhalten haben, weil ihre | |
Aussagen „klar im Widerspruch“ stünden zur „Pflicht des Burschenschafter… | |
die unantastbare Würde des Menschen zu achten und zu schützen“. Wirkliche | |
Konsequenzen hatte das aber nicht. Der Hauptakteur der „Zuflucht“-Gruppe, | |
der langjährige AfD-Funktionär Michael S., ist nach taz-Informationen nach | |
einem zwischenzeitlichen Austritt wieder Mitglied des Altherrenverbandes | |
der Burschenschaft. | |
Wie viele Germania-Leute nun nicht mehr als Reservisten tätig sein dürfen, | |
will die Bundeswehr auf taz-Anfrage nicht beantworten. Der für | |
extremistische Umtriebe in der Truppe zuständige Militärische | |
Abschirmdienst (MAD) verweist auf das sächsische Landesamt für | |
Verfassungsschutz. Das allerdings äußert sich grundsätzlich nicht | |
öffentlich zu Verdachtsfällen und darf ausschließlich zu erwiesenen | |
extremistischen Bestrebungen Auskunft geben. | |
Unklar ist ebenso, ob es nun auch Konsequenzen für aktive Soldaten wegen | |
ihrer Mitgliedschaft in der Germania Leipzig gibt. Hierbei wären die | |
Verfahren komplizierter. Im Falle von Reservisten kann die Bundeswehr | |
einfach entscheiden, dass bestimmte Personen nicht mehr zu sogenannten | |
Reserve-Dienstleistungen herangezogen werden. | |
7 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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