# taz.de -- Käthe-Kollwitz-Museum in Berlin: Gründlich entstaubt | |
> Am Samstag eröffnet das Käthe-Kollwitz-Museum am neuen Standort am | |
> Schloss Charlottenburg. Das Werk der Berliner Künstlerin ist aktueller | |
> denn je. | |
Bild: Das Museum im noch eingerüsteten Theaterbau des Schlosses Charlottenburg | |
BERLIN taz | Es ist immer wieder wie ein Faustschlag in die Magengrube, | |
sich näher mit Käthe Kollwitz’ Zyklus „Krieg“ aus den Jahren 1921 und 1… | |
zu befassen. Aber am Tag [1][nach Putins Ankündigung], Reservisten an die | |
Front schicken zu wollen, kann es doch noch einmal in einem besonderen Maß | |
frappierend sein, Holzschnitte wie „Die Freiwilligen“, „Das Opfer“, oder | |
„Die Mütter“ anzusehen. | |
„Gerade weil diese Künstlerin so aktuell ist, kommen in letzter Zeit immer | |
mehr jüngere Besucherinnen und Besucher zu uns“, sagt die [2][Leiterin des | |
Käthe-Kollwitz-Museums Josephine Gabler am neuen Standort im Theaterbau des | |
Schlosses Charlottenburg]. Der erste Bauabschnitt im Erdgeschoss ist | |
geschafft, [3][am Samstag um 11 Uhr wird dort die neue Dauerausstellung | |
eröffnet]. | |
36 Jahre residierte das private Kollwitz-Museum auf vier Etagen in einer so | |
schönen wie antiquierten klassizistischen Stadtvilla in der Fasanenstraße | |
in Wilmersdorf, in guter Nachbarschaft zum Literaturhaus Berlin und zur | |
Villa Grisebach. Doch als das Museum über Barrierefreiheit und | |
Klimatisierung nachzudenken begann, ließ sich das nicht mit dem | |
Denkmalschutz vereinbaren. | |
## Viel mehr Ausstellungsfläche | |
Vom Umzug erhofft sich das Museum nun nicht nur die Erfüllung dieser | |
zeitgemäßen Anforderungen. Vom Berggruen bis zum Bröhan Museum gibt es auch | |
neue tolle Nachbarn, mit denen man vielleicht bei Ticketangeboten | |
kooperieren kann. Vor allem aber verfügt das Museum, wenn der vermutlich | |
1,9 Millionen teure Ausbau 2024 inklusive Obergeschoss abgeschlossen sein | |
wird, über doppelt so viel Ausstellungsfläche wie am alten Standort. Neben | |
der Dauerausstellung wird es zum Beispiel auch zeitgenössische | |
Ausstellungen geben. | |
Aber schon ohne das Obergeschoss hat die Dauerausstellung im Erdgeschoss im | |
Vergleich zu jener in der Fasanenstraße sehr gewonnen, das zeigt die | |
Presseführung am 22. September. Der 300 Quadratmeter große Raum wirkt | |
elegant, perfekt ausgeleuchtet, alles kommt sehr luftig, leicht, entstaubt | |
daher: [4][Die Werke der 1867 geborenen Berliner Grafikerin, Bildhauerin | |
und Malerin Käthe Kollwitz], die auf wundersame Weise nie alt geworden | |
sind, kommen noch einmal ganz neu zur Geltung. | |
Dabei sind Kollwitz’ Lithografien, Radierungen, Kupferstiche, Holzschnitte | |
und Plastiken auch bis heute so erschreckend realistisch – oder besser: | |
berührend –, weil sie oft auf ihren einschneidenden, persönlichen | |
Erfahrungen beruhten. Besonders auf dem schmerzhaften Verlust des jüngeren | |
Sohnes Peter zu Beginn des Ersten Weltkriegs, als dieser gerade mal 18 | |
Jahre alt war. | |
## Hartnäckige Selbstbefragung | |
Kollwitz’ Werke wirken auch deshalb noch einmal viel zeitgemäßer, weil die | |
Ausrichtung der Ausstellung mit dem Titel „Aber Kunst ist es doch“ sich | |
verändert hat. Denn Kollwitz war weit mehr als eine Pazifistin und | |
Sozialistin, die mit ihrer Kunst Inhalte, Engagement und Einmischung | |
transportieren wollte. Anders als ihr berühmter Ausspruch „Ich will wirken | |
in dieser Zeit, meine Kunst soll Zwecke haben“ nahe legt, befragte sie auch | |
ihre künstlerischen Methoden ein Leben lang sehr hartnäckig, berichtet | |
Gabler. | |
Besonders deutlich wird dies in der neuen Ausstellung in dem Raum, in dem | |
es um den eingangs erwähnten Holzschnitt-Zyklus „Krieg“ geht. Hier werden | |
neben dem Zyklus auch Lithografien der Künstlerin gezeigt, mit denen sie | |
den Zyklus eigentlich beginnen wollte, die ihr dann aber nicht streng genug | |
erschienen. Erst daraufhin entdeckte sie den Holzschnitt für sich. | |
Auch jenseits dessen zeigt das Museum einige ihrer über 100 berühmten, weil | |
ungeschönten Selbstporträts, die das permanente, forschende Ringen der | |
Künstlerin zum Ausdruck bringen, aber auch unbekanntere Werke. Gerade unter | |
diesen werden vielleicht auch Kenner*innen das eine oder andere Blatt | |
neu entdecken. So wie etwa die Zeichnung „Konrad ruft den Tod“ aus dem Jahr | |
1932, in der sich Kollwitz mit dem Sterben des Bruders auseinander setzt. | |
Der Tod und das mal vertrauensvolle, mal ängstliche Verhältnis der Menschen | |
zu ihm war schon immer ein wichtiges Motiv bei Kollwitz, beherrschte aber | |
ihr Spätwerk dann völlig. Im ersten Moment fällt auf der Zeichnung nur eine | |
alter Mann mit müde erstauntem Blick auf einer Gartenbank auf, der sich | |
gerade an seinem Gehstock hochzieht. Erst auf den zweiten Blick fällt am | |
linken Bildrand ein nackter Fuß unter einem weißen Gewand ins Auge, der im | |
nächsten Moment aus dem Bild treten wird. Konrad wird ihm folgen. | |
24 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Teilmobilmachung-in-Russland/!5879729 | |
[2] /Umzug-des-Kollwitz-Museums-in-Berlin/!5775623 | |
[3] https://www.kaethe-kollwitz.berlin/ | |
[4] /Erinnerungen-an-Kaethe-Kollwitz/!5423590 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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