| # taz.de -- Demokratie-Spielregeln in Hamburg: Schulpolitik ist abgeschafft | |
| > Eltern- und Lehrerkammer in Hamburg bemängeln, dass sie bei | |
| > Bildungsplänen nicht mitreden sollen. Das liegt auch an der Abschaffung | |
| > der Deputationen. | |
| Bild: Keine Anhörung, keine weitere Beteiligung – KritikerInnen der Bildungs… | |
| Hamburg taz | Schulpolitik in Hamburg – das gibt es nicht mehr. Oder wenn, | |
| dann in der Form, dass der [1][Schulsenator etwas entscheidet] und dann | |
| verkündet. Zu sehen ist dies beim Konflikt um die „Bildungspläne“, von | |
| denen die Kritiker sagen, sie wären ein Rückfall in die [2][Lernkultur von | |
| vor hundert Jahren]. | |
| Obwohl es Kritik nicht nur von schulpolitischen Akteuren und Verbänden | |
| hagelt, sondern sogar von den regierenden Grünen, gibt es zu dem Thema | |
| nicht mal eine Anhörung im Schulausschuss. Mit ihrem Antrag dafür stand die | |
| Linke am Montag mutterseelenallein. | |
| Das heißt, Schulsenator Ties Rabe (SPD) zieht sich jetzt zurück und | |
| entscheidet, was von den [3][kritischen Stellungnahmen], die seit der | |
| Veröffentlichung der [4][Entwürfe] bei ihm eingetrudelt sind, | |
| berücksichtigt wird, bevor die Bildungspläne 2023 in Kraft treten. „Wir | |
| nehmen die Kritik ernst“, versprach er noch. | |
| Lehrer-, [5][Eltern- und Schüler:innenkammer] begehrten in dieser | |
| Woche auf, weil Ties Rabe sie nicht mehr an der Erstellung der neuen | |
| Bildungspläne beteiligen will. Man habe sich konstruktiv mit den Entwürfen | |
| befasst, sagt der Lehrerkammervorsitzende Kai Kobelt. „Eine weiterführende | |
| Zieldiskussion war aber nicht erwünscht.“ | |
| ## Die „Depu“ war das Ohr in die Behörde hinein | |
| Das sind diese drei Gremien anders gewöhnt. Bis vor Kurzem gab es in | |
| Hamburg die Schuldeputation, in der alle wichtigen Verordnungen, Lehrpläne | |
| und Personalien beschlossen wurden und in der der Senator – obwohl mit | |
| doppelten Stimmrecht – stets eine Mehrheit erreichen musste. Das war meist | |
| leicht, da die 15 Deputierten von den Parteien geschickt wurden – anlog zum | |
| Stimmverhältnis des Parlaments –, aber kein Selbstgänger. Und Lehrer-, | |
| Eltern- und Schüler:innenkammer konnten dort mitberaten und ihre | |
| Stellungnahmen vorstellen – und zwar auch kurz vor Schluss. | |
| Die „Depus“ sollten dem Volk ermöglichen, an der Verwaltung mitzuwirken. | |
| Sie waren Ohr und Sprachrohr der Gesellschaft in die Behörden hinein, wie | |
| die Linken-Abgeordnete Carola Ensslen sagte. Und brachte ein Senator eine | |
| Vorlage nicht durch die „Depu“, zog er sie meist zurück. Aus der „Depu“ | |
| sickerte auch mal was an die Öffentlichkeit, etwa eine filzverdächtige | |
| Personalie. | |
| Doch die Depus sind [6][für alle Ressorts abgeschafft]. Die rot-grüne | |
| Koalition nutzte gleich nach Regierungsbeginn 2020 ihre Mehrheit, [7][um | |
| die Verfassung zu ändern] und diese seit 500 Jahren bestehende Institution | |
| für alle Behörden zu vernichten. Zu aufwendig, bürokratisch und | |
| intransparent sei sie gewesen. | |
| Und nun? Als Ersatz für die „Depu“ hat Ties Rabe einen „Beirat“ eingef… | |
| Dort sitzen nun vier Mal im Jahr je drei Mitglieder der Kammern direkt mit | |
| dem Senator im Gespräch – ohne Deputierte. Das sei sogar besser als das | |
| alte System, sagen die Kammer-Spitzen. Nur, schriftlich fixiert seien die | |
| Befugnisse, Kompetenzen und Aufgaben dieses Beirats nicht. Und Ties Rabe | |
| habe ihnen gesagt, dass die Bildungspläne im endgültigen Entwurf dort nicht | |
| noch einmal besprochen würden. | |
| Es ist also eine Beteiligung nach Lust und Laune, „von Rabes Gnaden“, wie | |
| die Schulpolitikerin Sabine Boeddinghaus (Linke) sagt. Ein Gesetz oder eine | |
| Verordnung über die Rechte der Kammern in diesem Gremium gibt es nicht. | |
| „Einen Ersatz der Deputation und eine entsprechende Verortung im | |
| Schulgesetz hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen“, sagt Rabes Sprecherin. | |
| Da der „Beirat“ ein neues „Dialogformat“ sei, sei ein Gesetz dafür nic… | |
| erforderlich.Aber besser wäre es vielleicht doch. Formfragen sind wichtig | |
| in der Demokratie. | |
| 18 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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