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# taz.de -- Informatik als Pflichtfach in der Schule: Gedrängel im Stundenplan
> Hamburg plant Informatik als Pflichtfach. Doch weil es noch das
> „Turbo-Abitur“ hat, müssen andere Fächer Platz machen. Bremen geht einen
> anderen Weg.
Bild: Soll demnächst Pflichtfach werden: Informatik
Hamburg taz | Schleswig-Holstein verkündete es schon vor einem Jahr,
Niedersachsen gar ein Jahr früher. Klar, da steht auch [1][Hamburgs
Schulsenator Ties Rabe (SPD)] nicht zurück: Ab dem Schuljahr 2024/25 wird
an Hamburgs weiterführenden Schulen [2][Informatik Pflichtfach] –
wahrscheinlich je zwei Stunden die Woche in Klasse 8 und 9 oder 9 und 10.
Das Problem nur: Es gibt an Hamburgs Gymnasien schon einen ziemlich vollen
Stundenplan, weil es dort – anders als in Niedersachsen und
Schleswig-Holstein – noch immer das „Turbo-Abitur“ gibt, sprich: Die
Schüler legen nach zwölf Schuljahren die Abiturprüfung ab und haben ein
Jahr weniger Lernzeit als im Abitur nach 13 Jahren.
Sieht die Stundentafel [3][in Niedersachsen für Mittelstufler am Gymnasium]
maximal 32 Pflichtstunden die Woche vor, [4][sind es in Hamburg 34]. Und
die sollen auch nicht mehr werden, damit den Kindern neben Hausaufgaben und
Übe-Stress etwas Freizeit bleibt. Das war kein Thema, als [5][Hamburgs
Bürgerschaft im März] Rabe mit dem neuen Fach beauftragte.
Nun legt die „Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und
Studienseminare“ (VLHGS) den Finger in die Wunde. Die Stärkung der
„informatorischen Grundbildung“ sei zu begrüßen, [6][heißt es in einer
Stellungnahme]. Nur werde die Einführung eines neuen Pflichtfachs anderen
Fächern Unterrichtsstunden nehmen und damit „Bedeutung“ im Bildungsgang der
Schüler.
## Ärger mit Fächer-Kürzung
Da dies aber in Hamburg „politischer Wille“ von Senat und Bürgerschaft ist,
sollte nun die Schulbehörde klar festlegen, welche Fächer stadtweit
Unterrichtzeit hergeben müssen. Denn die einzelnen Schulen könnten nicht
entscheiden, „was für die Gesellschaft künftig weniger wichtig ist“.
Von der taz damit konfrontiert, erläutert Ties Rabe die Notwendigkeit des
Pflichtfachs, welche auch ein [7][Gutachten der Kultusministerkonferenz]
empfiehlt. Informatik sei Zukunftstechnologie. Sie habe beinahe den
Stellenwert wie „Lesen, Schreiben und Rechnen“. Als Wahlfach, was es
bisher war, habe es sich zu einer männlichen Domäne entwickelt. Mit dem
Pflichtfach sei dafür gesorgt, dass sich alle Schüler gleich welchen
Geschlechts mit Informatik auseinandersetzten.
Rabe sichert zu, die Schulbehörde werde sich in den nächsten Monaten „auch
der sehr schweren Frage stellen, welche Fächer dann einen Schritt
eingeschränkt werden müssen“.
Ties Rabe könnte aus seiner Zeit als Abgeordneter noch erinnerlich sein,
[8][welchen Ärger es gab, als sein Vorgänger 2011 versuchte], das Fach
„Theater“ in Hamburgs Grundschulen zu verankern und dafür bei Musik und
Kunst zu kürzen. Letztlich bekamen alle drei Fächer feste Stunden.
Aber an den Gymnasien, wo auch die zweite Fremdsprache Pflicht ist, gibt es
wenig Spielraum. Die Hauptfächer Deutsch, Mathe und Englisch will Hamburg
ohnehin stärken, ebenso die Naturwissenschaften. Das Recht auf
Religionsunterricht ist im Grundgesetz abgesichert und die Hand an
Geografie, Geschichte oder Politik zu legen, dürfte auch strittig sein.
„Es ist schon mal gut, wenn die Schulbehörde eine zentrale Vorgabe machen
will“, sagt der VLHGS-Vorsitzende Christian Gefert. Denn was nicht gehe,
sei die schwierige Frage, was wegfällt, auf die einzelne Schule zu
schieben. Dazu muss man wissen: Hamburgs Stundentafel enthält noch einen
kleinen Gestaltungsraum, in dem Schulen Schwerpunkte bilden können, etwa
musische. „Auf keinen Fall darf das neue Pflichtfach auf Kosten dieser
Profile gehen“, warnt Gefert.
Auch der Zeitplan gilt als ungünstig, da Rabe gleichzeitig für alle Fächer
[9][neue Bildungspläne in petto] hat, die mehr Faktenwissen und Klausuren
vorgeben. Geht es nach Rabe, müssen die Schulen diese im nächsten Schuljahr
in ihrem Unterricht umsetzen und schon im Jahr darauf die Fächer für den
Informatikunterricht beschränken.
„Da mutet Rabe den Schulen viel zu“, sagt die
[10][Elternkammer-Vorsitzende] Alexandra Fragopulos. Ohnehin seien die
Kammern mit Rabes Bildungsplänen gar nicht einverstanden. „Wir fühlen uns
mit unserer Kritik nicht gehört und diskutieren gerade, ob und wie wir
weitere Schritte unternehmen.“
## Informatik in allen Fächern
In Schleswig-Holstein, das zum 13-jährigen Abitur zurückkehrte, läuft eine
Pilotphase zum Informatikunterricht, bevor der 2023/24 in die Fläche geht.
Mit dem Wegfall eines anderen Fachs ist dort an den Gymnasien nicht zu
rechnen.
In Bremen steht das Thema auf Antrag der CDU nächste Woche auf der
Tagesordnung der Bürgerschaft. Doch dort geht SPD-Senatorin Sascha Aulepp
statt der Einführung eines Informatik-Pflichtfachs einen anderen Weg. „An
unseren Schulen wird die informatorische Grundbildung als
Querschnittsaufgabe in allen Fächern bearbeitet. Damit sind im Moment alle
sehr zufrieden“, sagt ihre Sprecherin Maike Wiedwald. Man sehe sich im
Einklang mit den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz.
Gleichwohl gebe es in Bremen Informatik als Wahlfach, als Projekt und als
Fach in der Oberstufe, mit dem Schüler Abitur machen können. Zudem, das sei
wichtig, erhalte jeder Schüler ein eigenes Endgerät.
12 Nov 2022
## LINKS
[1] /Demokratie-Spielregeln-in-Hamburg/!5877628
[2] https://www.hamburg.de/bsb/newsletter-amt-fuer-bildung/16483576/informatik-…
[3] https://schule-in-deutschland.de/sekundarstufe-i-gymnasium-niedersachsen/
[4] https://www.hamburg.de/contentblob/3043146/4f7d48122ee62208a5ed41eb03f41ee4…
[5] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/79390/informatikunterricht…
[6] https://vlhgs.de/wp-content/uploads/2022/11/2022_11_7_Informatik.pdf
[7] https://www.kmk.org/kmk/staendige-wissenschaftliche-kommission/veroeffentli…
[8] /CDU-will-Kunstunterricht-abschaffen/!5126422
[9] /Streit-um-Bildungsplaene-in-Hamburg/!5855112
[10] https://elternkammer-hamburg.de/
## AUTOREN
Kaija Kutter
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