# taz.de -- Rechtsextremer „Volkslehrer“ verurteilt: Bildung schützt nicht… | |
> Das Amtsgericht Tiergarten verurteilt den 42-jährigen Videoblogger unter | |
> anderem wegen Volksverhetzung. Er sei „geschichtsrevisionistisch | |
> unterwegs“. | |
Bild: Der selbsternannte·“Volkslehrer“·und Videoblogger Nikolai Nerling (… | |
BERLIN dpa | Ein Berliner Gericht hat den rechtsextremen Videoblogger | |
Nikolai Nerling am Freitag zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten | |
verurteilt. Außerdem muss der 42-Jährige, der [1][sich selbst „Volkslehrer�… | |
nennt], 3.000 Euro Geldbuße als Auflage an die Amadeu Antonio Stiftung | |
zahlen. Diese engagiert sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus. | |
Nerling sei „geschichtsrevisionistisch unterwegs“, sagte Richter Stephan | |
Markmiller. Er spiele mit Provokationen und national-völkischer Gesinnung | |
„auf der Rasierklinge der Strafbarkeit“ und teste Grenzen aus. Diese habe | |
er in den vorliegenden Fällen überschritten. | |
Das Amtsgericht Tiergarten befand den 42-Jährigen der Volksverhetzung in | |
zwei Fällen, des Hausfriedensbruchs, Verwendens von Kennzeichen | |
verfassungswidriger Organisationen, Beleidigung und der Verletzung der | |
Vertraulichkeit des Wortes schuldig. Nerling habe gezielt und bewusst | |
Aufmerksamkeit gesucht, um in der rechten Szene anzukommen und bekannt zu | |
werden, so der Richter. | |
Der Angeklagte hatte zuvor umfassend zu den Vorwürfen ausgesagt und sich | |
zur „rechten Szene“ bekannt. Mehr als ein Dutzend seiner Anhänger waren zum | |
Prozessauftakt gekommen. Nerling nickte ihnen lächelnd von der Anklagebank | |
zu und winkte einigen zur Begrüßung. | |
## Verhandlung unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen | |
Vorsorglich hatte Richter Markmiller zu Prozessbeginn darauf hingewiesen, | |
dass er Meinungsäußerungen wie Klatschen oder Zwischenrufe nicht akzeptiere | |
und dies Konsequenzen habe. Der Prozess erfolgte unter verstärkten | |
Sicherheitsvorkehrungen. Während der Verhandlung gab es keine | |
Zwischenfälle. | |
Nerling nutzte jedoch eine kurze Prozesspause, um vor dem Gerichtssaal | |
Positionen der Volksverhetzerin Ursula Haverbeck zu vertreten, die den | |
Holocaust leugnet. Die 93-Jährige war zuletzt im vergangenen April in | |
Berlin wegen Volksverhetzung zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr | |
verurteilt worden. Wann sie ihre Haftstrafe antreten muss, konnte ein | |
Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft am Freitag nicht sagen. | |
Ein Interview mit Haverbeck, in dem sie den Holocaust leugnete, hatte der | |
Videoblogger im März 2018 auf einem von ihm betriebenen Youtube-Kanal | |
veröffentlicht. Dieser Punkt war einer der sechs Komplexe der Anklage. Vor | |
Gericht sagte der 42-Jährige: „Mir war damals nicht bewusst, das dass, was | |
sie sagte, strafbar sein könnte.“ Heutzutage würde er das Interview nicht | |
mehr so hochladen, gab er an. „Damals war ich noch nicht so erfahren.“ | |
In einem anderen Fall habe Nerling in einem Video einen Mann bewusst in | |
seiner jüdischen Identität angreifen wollen, so die Anklage. Der Angeklagte | |
wies dies zurück. „Ich habe per se keine Abneigung gegen Juden“, sagte er. | |
Hintergrund des Falles sei eine konkrete Auseinandersetzung mit dem | |
Betroffenen gewesen. | |
Einen weiteren Vorwurf, wonach er im Internet Bilder einer Person | |
verbreitete, die den Hitlergruß zeigte, wollte Nerling als Kunstaktion | |
verstanden wissen. „Ein wirklicher Schaden ist aus meiner Sicht nicht | |
eingetreten“, meinte er zu den Vorwürfen insgesamt. | |
## Schon vor Jahren aus dem Schuldienst entlassen | |
Ein Polizist sagte als Zeuge vor Gericht zum Verhalten des Angeklagten: „Er | |
ist aus meiner Sicht nicht der klassische Rechtsextremist. Er ist sehr | |
gebildet und eloquent.“ Das Land Berlin hatte den Mann vor mehreren Jahren | |
[2][aus dem Dienst als Grundschullehrer entlassen], weil er auf seinem | |
Youtube-Kanal rechtsextreme Positionen vertreten hatte. | |
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von elf Monaten sowie | |
eine Geldauflage von 3.000 Euro gefordert. Nerlings Verteidiger hatte nur | |
wenige Vorwürfe der Anklage bestätigt gesehen und auf eine Geldstrafe von | |
4.000 Euro (100 Tagessätze zu je 40 Euro) plädiert. Das Urteil ist noch | |
nicht rechtskräftig. | |
26 Aug 2022 | |
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