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# taz.de -- Klage von „Volkslehrer“ abgewiesen: Lächerlich und unerträgli…
> Unser Autor beobachtete in Berlin den Prozess des Ex-Grundschullehrers
> Nikolai N., der gegen seine Kündigung wegen rechter Hetze geklagt hat.
Bild: Das war's wohl mit dem Lehrerberuf: Nikolai N. im Arbeitsgericht, das sei…
Man kann die rechte Gefahr ernst nehmen und muss dabei rechte Spinner
trotzdem nicht überbewerten. Man muss Rechtsextreme nicht größer machen als
sie sind, und kann sich trotzdem entschieden gegen sie positionieren. Je
nach Kontext und eigener Funktion kann man dafür den richtigen Ton, die
passende Rhetorik wählen.
Genau das hat Richter Arne Boyer vom Berliner Arbeitsgericht am
Mittwochmittag im Fall des ehemaligen Grundschullehrers Nikolai N. getan.
N., ein notorischer, extrem rechter YouTube-Verschwörungstheoretiker, hatte
gegen das Land Berlin geklagt, weil er im Mai von der Vineta-Grundschule in
Wedding fristlos gekündigt worden war. N. findet, dass seine Äußerungen vom
Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt seien.
Auf seinem Kanal „Der Volkslehrer“ verbreitet N. rechte
Verschwörungstheorien, stellt den Holocaust und die Schuld der Deutschen im
Zweiten Weltkrieg infrage, ruft zu Solidarität mit verurteilten
Geschichtsrevisionisten auf.
Das Arbeitsgericht wies N.s Klage am Mittwoch ab, weil dieser und seine
Interviewpartner mit dem YouTube-Kanal den Staat und seine
Verfassungsorgane „angreifen, verächtlich machen und beschimpfen“. Die
Aussagen über den Holocaust nannte der Richter einen Angriff auf „die
Grundfesten unseres Selbstverständnisses, nämlich der besonderen
Verantwortung aus der deutschen Geschichte“. N.s Kanal sei deshalb ein
Propagandamittel.
## Irgendwie ein Mann der Medien
Boyer ist Richter. Die Neutralität, die seine Funktion von ihm erfordert,
hinderte ihn dennoch nicht daran, das Lächerliche als Lächerliches und
dabei das Unerträgliche als unerträglich zu markieren. Etwas subtil. Aber
mit dem richtigen Ton. Das tat Boyer, indem er pointierte Stellen aus N.s
Videopropaganda vortrug. Er las dessen Selbstdarstellung vor, die der
ehemalige Lehrer dem Gericht vorgelegt hatte: „Der Kläger ist ein
konservativer Mensch, dem das Nationale und die deutsche Geschichte sehr am
Herzen liegen“, der sich deshalb gegen Globalisierung und unbegrenzte
Migration artikuliere. Auf den Einwurf von N.s Anwalt, für seinen Mandanten
sei der Beruf des Lehrers eine Berufung, antwortete Richter Boyer trocken:
„Der Kläger ist ja auch irgendwie ein Mann der Medien.“ Er könne sich
vorstellen, dass N. „auf diesem Gebiet zukünftig auch ganz lukrative
Arbeitsstellen“ finden kann, etwa bei der AfD.
Nach dem Urteil bestätigte der selbst ernannte „Volkslehrer“ diese
Einschätzung. Umgeben von seinen Anhängern, bedankte er sich bei
Journalisten der „unausgewogenen“ Medien für die Aufmerksamkeit. Sein Kanal
sei erst durch die Berichterstattung so richtig bekannt geworden. Als N.s
Kündigung bekannt wurde, hatte er knapp 2.500 Abonnenten. Heute sind es
59.292.
16 Jan 2019
## AUTOREN
Volkan Ağar
## TAGS
Volkslehrer
Volksverhetzung
Antisemitismus
Rechtsextremismus
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Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Volkslehrer
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Volkslehrer
Schule
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