# taz.de -- Staatliche Neutralitätspflicht: Bayerns Kreuze sind nicht neutral | |
> Urteil des VGH in München: Der bayerische Kreuzerlass verletzt die | |
> staatliche Neutralitätspflicht. Klagen wurden aber dennoch abgewiesen. | |
Bild: „Passives Symbol ohne missionierende Wirkung“, Markus Söder 2018 mit… | |
FREIBURG taz | Der [1][bayerische Kreuzerlass] ist rechtswidrig. Die | |
Pflicht, in jeder Behörde ein Kreuz aufzuhängen, verstößt gegen die | |
Neutralitätspflicht. Das stellte jetzt der bayerische | |
Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München fest. Die Klage des bayerischen | |
Bunds für Geistesfreiheit (BfG) lehnte das Gericht dennoch ab. | |
Im April 2018 beschloss die bayerische Landesregierung: „Im Eingangsbereich | |
eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und | |
kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“ Dieser | |
Kreuzerlass war eine der ersten Initiativen von [2][Markus Söder] als neuer | |
Ministerpräsident. Betroffen sind über Tausend Behörden. Dagegen klagte der | |
Bund für Geistesfreiheit, eine Art Atheistenverein, gemeinsam mit 25 | |
Privatpersonen, darunter [3][der Liedermacher Konstantin Wecker]. Der | |
Erlass verletze die staatliche Neutralität, die Kreuze sollen abgenommen | |
werden. | |
Die bayerische Landesregierung lehnte dies jedoch ab. Sie sah die | |
Neutralität nicht verletzt. Der bayerische Staat identifiziere sich hier | |
nicht mit der christlichen Religion. Das Kreuz stehe vielmehr für ein | |
„Bekenntnis zur christlich-abendländischen Tradition“. | |
„Die Anbringung von gut sichtbaren Kreuzen im Eingangsbereich eines jeden | |
Dienstgebäudes verstößt gegen die Pflicht zur weltanschaulich-religiösen | |
Neutralität“, heißt es nun aber ganz eindeutig in dem jetzt veröffentlichen | |
Urteil des VGH. | |
Das Kreuz sei „Symbol einer religiösen Überzeugung“ und nicht nur Ausdruck | |
der vom Christentum mitgeprägten abendländischen Kultur. Eine solche | |
„Profanisierung des Kreuzes“ würde auch dem Selbstverständnis des | |
Christentums entgegenlaufen. Und weil die Symbole anderer Religions- und | |
Weltanschauungsgemeinschaften nicht in gleicher Weise ausgestellt werden, | |
bedinge der Kreuzerlass „eine sachlich nicht begründete Bevorzugung des | |
christlichen Symbols“, betonen die Richter:innen. | |
## Flüchtige Konfrontation mit dem Kreuz | |
Allerdings kann die Einhaltung der Neutralitätspflicht, so der VGH, weder | |
vom Bund für Geistesfreiheit noch von Privatpersonen eingeklagt werden. | |
Deshalb haben die Klagen keinen Erfolg. Rechtsschutz wäre nur möglich, wenn | |
in ein Grundrecht eingegriffen wird. Das Kreuz im Eingangsbereich einer | |
Behörde sei aber nur ein „passives Symbol ohne missionierende Wirkung“. | |
Deshalb liege kein Eingriff in die Religionsfreiheit der | |
Behördenbesucher:innen vor. Diese seien nur flüchtig mit dem Kreuz | |
konfrontiert. | |
Immerhin hat der VGH wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen. Der Bund für | |
Geistesfreiheit kann dann insbesondere noch prüfen lassen, ob er als | |
Weltanschauungsgemeinschaft gegenüber den Kirchen benachteiligt wurde. | |
6 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Markus-Soeders-Kreuzerlass/!5506490 | |
[2] /Zoff-bei-CSU-im-bayerischen-Landtag/!5844485 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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