| # taz.de -- Bundesverwaltungsgericht zu Kreuzerlass: Bayerische Kreuze siegen i… | |
| > Der Bund für Geistesfreiheit wollte die Neutralität in Bayerns Behörden. | |
| > Doch beim höchsten deutschen Verwaltungsgericht ist er damit gescheitert. | |
| Bild: Es ist ein Kreuz mit Markus Söder, und es kann bleiben, urteilt das Leip… | |
| Freiburg taz Es geht hier nicht um eine uralte bayerische Tradition. Dass | |
| in bayerischen Behörden Kreuze hängen müssen, hat Markus Söder als frisch | |
| ins Amt gekommener [1][Ministerpräsident erst im Frühjahr 2018] | |
| durchgesetzt, ein halbes Jahr vor der Landtagswahl. „Im Eingangsbereich | |
| eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und | |
| kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“ So steht | |
| es seither in § 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des | |
| Freistaates Bayern (AGO). | |
| Die Kreuzpflicht gilt unmittelbar für alle Landesbehörden, also | |
| Ministerien, Gerichte, Polizeistationen und Schulen. Aber die | |
| Landesregierung empfiehlt auch Städten, Gemeinden und Landkreisen das | |
| Anbringen von Kreuzen. | |
| Gegen Söders Manöver gab es sofort lauten Widerspruch. Vermutlich war das | |
| vom Medienprofi Söder sogar intendiert, weil erst die Proteste den | |
| Kreuzerlass so richtig bekannt machten. Speerspitze des Protestes war der | |
| bayerische Bund für Geistesfreiheit (BfG), eine religionskritische | |
| Organisation, die gemeinsam mit 25 Privatpersonen, darunter der | |
| Liedermacher Konstantin Wecker, vor Gericht zog. Der Erlass verletze die | |
| staatliche Neutralität, die Kreuze sollen abgenommen werden, so die Klagen. | |
| Im Juni letzten Jahres entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München. | |
| Der [2][Kreuzerlass „verstößt gegen die Pflicht zur | |
| weltanschaulich-religiösen Neutralität“]. Das Kreuz sei „Symbol einer | |
| religiösen Überzeugung“ und nicht nur Ausdruck der vom Christentum | |
| mitgeprägten abendländischen Kultur. | |
| ## Ohne missionierende Wirkung | |
| Dennoch wurden die Klagen bereits letztes Jahr abgelehnt. Die amtlichen | |
| Kreuze verletzen keine subjektiven Grundrechte, so der VGH. Das Kreuz im | |
| Eingangsbereich einer Behörde sei nur ein „passives Symbol ohne | |
| missionierende Wirkung“. Der Eingangsbereich einer Behörde werde meist | |
| schnell durchschritten. Behördenbesucher:innen seien mit dem Kreuz | |
| „nur flüchtig konfrontiert und können Abstand halten“. | |
| Gegen das Urteil konnte nur der BfG Revision einlegen. In der mündlichen | |
| Verhandlung vorige Woche machte BfG-Anwalt Hubert Heinhold eine | |
| Benachteiligung gegenüber den christlichen Kirchen geltend. Die Bayerische | |
| Regierung mache unverhohlen Werbung für die christliche Religion und | |
| diskriminiere damit alle anderen Religionen und Weltanschauungen. „Stellen | |
| Sie sich vor, das Land schreibt vor, dass im Eingangsbereich jeder Behörde | |
| ein BMW-Signet anzubringen ist – angeblich als Symbol des technologischen | |
| Fortschritts. Da wären doch alle anderen Auto-Hersteller diskriminiert“, | |
| argumentierte Anwalt Heinhold. | |
| Auch der Vertreter Bayerns, Generallandesanwalt Jörg Vogel, war mit dem | |
| VGH-Urteil nicht zufrieden. Das Land könne den Vorwurf nicht akzeptieren, | |
| man habe den Verfassungsgrundsatz der Neutralität verletzt. | |
| Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ging an diesem Dienstag ganz im | |
| Sinne Bayerns aus. Weil der VGH eine Werbewirkung des Kreuzes im | |
| Eingangsbereich von Behörden verneint hatte, sah sich das Leipziger Gericht | |
| an diese Tatsachenfeststellung gebunden. Daher seien Grundrechte des Bunds | |
| für Geistesfreiheit nicht verletzt. | |
| Im entscheidenden Punkt wich das Bundesverwaltungsgericht dann aber von der | |
| Vorinstanz ab. Das Neutralitätsgebot verlange vom Staat nicht den Verzicht | |
| auf religiöse Symbole, sondern verpflichte ihn nur zu „Offenheit“. Wie ja | |
| im Kreuzerlass stehe, identifiziere sich der Staat durch die Amts-Kreuze | |
| nicht mit „christlichen Glaubenssätzen“, sondern weise nur auf die | |
| geschichtliche und kulturelle Prägung Bayerns hin. Die Anbringung von | |
| Kreuzen stehe daher „der Offenheit des Staates gegenüber anderen | |
| Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg“, verkündete die | |
| Vorsitzende Richterin Susanne Rublack. | |
| Assunta Tammelleo, die Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit, kündigte | |
| an, der BfG werde nun wohl das Bundesverfassungsgericht anrufen. | |
| 19 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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