# taz.de -- Was nach dem 9-Euro-Ticket-Aus nötig ist: Zurück zur Realpolitik | |
> Nach dem 9-Euro-Ticket braucht die Förderung der Verkehrswende ein | |
> vernünftiges Konzept. Viel Potenzial lauert im ruhenden Autoverkehr. | |
Bild: Lässt sich mit höhreren Parkplatzpreisen der Nahverkehr finanzieren? | |
Es ist politisch ja immer heikel, einmal gewährte Wohltaten wieder | |
zurückzunehmen. Das spürt auch die Bundesregierung nach dem [1][Ende des | |
9-Euro-Tickets in dieser Woche]. Aus vielen Ecken kommt die Forderung nach | |
einer wie auch immer gearteten [2][Fortsetzung]. Vereinzelte Aktivisten | |
verklären [3][das Schwarzfahren] gar schon zum politischen Akt. | |
In dieser Situation sollte die Bundesregierung vor allem eines nicht tun: | |
sich unter Zeitdruck setzen lassen. Denn eine vernünftige Lösung braucht | |
Zeit. Die Anforderungen sind schließlich nicht trivial, wenn es gilt, ein | |
Preismodell zu finden, das auch auf Dauer funktioniert. | |
Eines, das erstens attraktiv ist für Bahnkunden und solche, die es werden | |
wollen, das zweitens langfristig solide durchfinanziert ist und das | |
drittens die Infrastruktur der Bahn nicht – wie zuletzt – überfordert. Die | |
erbärmliche Unpünktlichkeit der Bahn in den letzten drei Monaten (es waren | |
die schlechtesten Werte seit 2010, als Schneemassen und Eisregen den | |
Schienenverkehr lahmlegten) sind eines Landes, das sich gerne seiner | |
technischen Präzision und seines funktionierenden Gemeinwesens rühmt, | |
schlicht unwürdig. | |
## Nicht nur die Bundesregierung steht in der Pflicht | |
Kommen wir zu Finanzierung, denn für ein besseres Angebot braucht die Bahn | |
mehr Geld. Dieses sollte der Staat aber nicht auf Pump beschaffen, er | |
sollte es durch Steuern einnehmen. Das charmante daran: Nimmt man zur | |
Finanzierung des Nahverkehrs das Auto in die Pflicht, hilft das der | |
Verkehrswende gleich doppelt. Um es konkret zu machen: Eine gute | |
Möglichkeit wäre die Abschaffung des Steuerprivilegs für Dienstwagen. | |
Aber nicht nur die Bundesregierung steht in der Pflicht. Auch die Städte | |
sind gefordert, denn auch sie haben Optionen. Speziell der ruhende | |
Autoverkehr bietet sich als Finanzierungsquelle für den Nahverkehr an. | |
Freiburg zum Beispiel hat die Preise für Anwohnerparkplätze gerade deutlich | |
erhöht. Bislang konnten Fahrzeughalter ihr Auto für nur 30 Euro ein ganzes | |
Jahr lang im öffentlichen Straßenraum abstellen – ein lächerlicher Obolus | |
angesichts der Preise von Grund und Boden in Innenstädten. Seit April | |
werden nun je nach Fahrzeuglänge bis zu 480 Euro im Jahr fällig – das wurde | |
zwischenzeitlich auch vom Verwaltungsgerichtshof abgesegnet. | |
Es sind diese Fragen der Finanzierung, die nun – parallel zur Debatte über | |
eine neue Tarifstruktur im Nahverkehr – geführt werden müssen. Kurz gesagt: | |
Es ist an der Zeit, zur Realpolitik zurückzukehren. | |
Denn allein der romantisierende Blick auf die letzten drei Bahn-Monate und | |
d[4][er Traum, die Billigzeit werde ewig währen], bringen die | |
umweltfreundliche Mobilität keinen Deut voran. | |
2 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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