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# taz.de -- Alternatives 9-Euro-Ticket: Ein erfolgreicher Zug
> Bereits nach drei Tagen hat der 9-Euro-Fonds 3.000 Mitglieder. Sollten
> sie ohne Fahrschein kontrolliert werden, zahlt der Fonds.
Bild: Mehr als neun Euro: Seit September müssen Fahrgäste wieder die regulär…
Berlin taz | Eine Handvoll Aktivist:innen hat sich am
Donnerstagnachmittag im U-Bahnhof Unter den Linden versammelt. Unter ihnen:
Mario Burkhardt. An seinem weißen Hemd prangt, wie auch an den Oberteilen
seiner Mitstreiter:innen, ein Sticker der Initiative. „9€Ticketbleibt“,
steht dort, und „Ich fahre ohne Fahrschein“.
Es ist der erste Tag des neuen Monats und der erste Tag nach Auslaufen des
9-Euro-Tickets – zumindest des offiziellen. Denn zeitgleich mit dem Aus für
den Nahverkehr-Rabatt hat eine Gruppe um Burkhardt eine aufsehenerregende
Kampagne gestartet: [1][den 9-Euro-Fonds.]
Die Idee: [2][Mitglieder des Fonds zahlen monatlich neun Euro ein.] Werden
sie im Nahverkehr ohne gültigen Fahrschein erwischt, übernimmt der Fonds
das erhöhte Beförderungsentgelt. Das gilt bundesweit, allerdings nicht in
den Regionalzügen der Deutschen Bahn, da dort fast immer kontrolliert wird.
„Es ist auch ein Experiment, aber vor allem ist es eine klare Botschaft an
die Politik, das 9-Euro-Ticket weiterzuführen“, sagt Mario Burkhardt.
Die Aktivist:innen wollen an diesem Nachmittag ihrer Kampagne einen
symbolischen Startschuss verpassen, indem sie zusammen U-Bahn fahren. Ohne
Ticket, versteht sich.
## Überschwemmt von Presseanfragen
Eigentlich habe man geplant, eine Pressekonferenz in der Bahn abzuhalten,
erzählt Burkhardt. Doch weil die Initiative mit Medienanfragen überhäuft
wurde, seien viele Aktivist:innen aktuell mit Öffentlichkeitsarbeit
beschäftigt. Die Startschussfahrt muss deshalb kleiner ausfallen.
Um kurz nach fünf stoßen doch noch einige Menschen dazu: etwa zehn
[3][Klima-Aktivist:innen der „Letzten Generation“] in orangefarbenen
Warnwesten. Auch sie demonstrieren an diesem Tag gegen „den Irrsinn
horrender Preise im Nah- und Fernverkehr“, wie es in einem Aufruf heißt.
Auf einem Pappschild fordern die Klimaaktivist:innen „Freie Fahrt für
freie Bürger:innen“, auf einem anderen heißt es „Ich fahre ohne Ticket,
denn die Regierung führt uns in die Katastrophe“.
Mit der U5 geht es wenig später zum Hauptbahnhof und wieder zurück. In den
Bahnen ist nur wenig los. Die „Letzte Generation“-Aktivist:innen verteilen
Veranstaltungsflyer und suchen das Gespräch mit den Fahrgästen, sie
verlesen klimapolitische Forderungen und weisen auf den 9-Euro-Fonds hin.
Später wollen sie noch weiter durch die Stadt fahren und protestieren.
## Tausend neue Mitglieder pro Tag
Für Mario Burkhardt hingegen ist zurück am Bahnhof Unter den Linden erst
mal Schluss. Obwohl die Start-Aktion recht klein ausgefallen ist, zeigt er
sich zufrieden. Die Kampagne sei bislang ein voller Erfolg: Bis
Redaktionsschluss am Freitagnachmittag hatte der Fonds etwa 3.000
Mitglieder, insgesamt 36.000 Euro wurden eingezahlt.
Diese Summe setzt sich zusammen aus den Mitgliedsbeiträgen und aus Spenden
von Menschen, die selbst keinen Bedarf an der Versicherung haben – etwa
weil sie ein Jobticket besitzen – aber die solidarische Aktion dennoch
unterstützen wollen. Aktuell kämen etwa 1.000 neue Mitglieder pro Tag
hinzu, erklärt Burkhardt. „Das ist ein Zeichen, dass der Bedarf am
9-Euro-Ticket in der Gesellschaft groß ist.“
Das zeigt auch die Aufmerksamkeit, die der Fonds in den wenigen Tagen
seines Bestehens erzeugt hat: Fast 11.000 Menschen folgen der Kampagne auf
Instagram, über 18.000 auf Twitter, viele Medien berichten. Zwar ist der
9-Euro-Fonds nur als Übergang gedacht, bis die Bundesregierung den Weg für
eine Anschlusslösung freimacht. Die Debatte um die Fortführung des
9-Euro-Tickets dürfte er allerdings noch weiter befeuern.
2 Sep 2022
## LINKS
[1] http://9eurofonds.de
[2] /9-Euro-Fonds/!5878562
[3] /Prozess-gegen-Autobahn-Blockierer/!5875268
## AUTOREN
Jonas Wagner
## TAGS
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