| # taz.de -- Bundesregierung und das Olympia-Attentat: Geld öffnet keine Akten | |
| > Die Bundesregierung sagt den Familien der Opfer des Olympia-Attentats von | |
| > 1972 Entschädigungen zu. Ist das der Beginn einer echten Aufarbeitung? | |
| Bild: Das Versagen der deutschen Behörden ist noch nicht restlos aufgearbeitet | |
| Die Erleichterung muss groß gewesen sein am Mittwoch. Die offizielle | |
| Bestätigung, dass die Familien der Opfer des Olympia-Attentats sich mit der | |
| Bundesregierung auf eine Entschädigung einigen konnten, war nur wenige | |
| Minuten alt, da bekundeten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, | |
| SPD-Innenministerin Nancy Faeser und Regierungspolitiker:innen ihre | |
| Freude über das Ergebnis der wochenlangen Verhandlungen. Zwischen den | |
| Zeilen konnte man vor allem eins erkennen: die Entkrampfung, gerade noch | |
| rechtzeitig einen diplomatischen Eklat verhindert zu haben. | |
| Denn ohne eine Einigung mit den Angehörigen wollte auch der israelische | |
| Präsident Jitzchak Herzog nicht nach München reisen. Der Bundesregierung | |
| blieben fünf Tage bis zur prominent besetzten Gedenkveranstaltung am 50. | |
| Jahrestag des Attentats. Die Festzelte auf dem Flugplatz in | |
| Fürstenfeldbruck, [1][wo die missglückte Befreiung von neun israelischen | |
| Geiseln 1972 in einem Blutbad endete], waren bereits aufgebaut, die | |
| Reihenfolge der Redner:innenliste festgelegt. | |
| Ein würdiges Erinnern ohne die Anwesenheit derer, die bei der Geiselnahme | |
| ihren Vater, Ehemann oder Bruder verloren, wäre befremdlich gewesen und ein | |
| Armutszeugnis für das einladende Innenministerium. Zwar wurde dieses | |
| Szenario abgewendet – wirklich überzeugend wirken die finanziellen | |
| Zugeständnisse und das Versprechen einer neuen Aufarbeitung [2][angesichts | |
| der Last-Minute-Einigung] nicht. | |
| Die Angehörigen der Opfer mussten erst mit einem Boykott der | |
| Gedenkveranstaltung drohen, damit sich die Bundesregierung ihren | |
| Forderungen annäherte. Dabei hatte die Ampelregierung im Koalitionsvertrag | |
| versprochen, den Umgang mit Hinterbliebenen von Terroranschlägen | |
| „empathischer und würdiger“ zu gestalten. | |
| Seit einem halben Jahrhundert kämpfen die Familien für eine lückenlose | |
| Aufklärung. Sie haben jedes Recht darauf zu erfahren, was bei der | |
| missglückten Befreiung der von palästinensischen Terroristen entführten | |
| Sportler wirklich geschah. Noch immer kommen neue Details ans Licht, die | |
| [3][das Versagen der Sicherheitsbehörden dokumentieren]. Kürzlich fanden | |
| Historiker:innen in den Akten des Staatsarchivs München Belege, dass | |
| die Polizisten beim Versuch der Befreiung versehentlich aufeinander | |
| schossen. Man kann nur hoffen, dass die von der Bundesregierung | |
| angekündigte deutsch-israelische Kommission aus Historiker:innen für | |
| ihre Analyse Zugang zu allen, also auch zu den bislang unter Verschluss | |
| gehaltenen Akten erhält. | |
| Denn die Forderungen der Hinterbliebenen beziehen sich nicht allein, wie | |
| gerne hervorgehoben, auf einen rein finanziellen Ausgleich. Ihnen geht es | |
| um die Anerkennung von Schuld und um ein angemessenes Gedenken. Bis heute | |
| tun sich damit nicht nur die politischen Entscheidungsträger:innen in | |
| Berlin schwer: In München wurde erst 2017, 45 Jahre nach dem Attentat, eine | |
| Gedenkstätte im Olympiapark eröffnet. Eine jährliche Gedenkfeier in der | |
| Landeshauptstadt gibt es nicht. | |
| Dafür eine im kleinen Fürstenfeldbruck, organisiert von Landrat Thomas | |
| Karmasin und einem historischen Verein. Der Landkreis war es auch, der zum | |
| 40. Jahrestag des Attentats erstmals die Überlebenden der israelischen | |
| Olympiamannschaft nach Deutschland eingeladen hatte. | |
| Lokalpolitiker:innen und engagierte Bürger:innen halten das | |
| Erinnern an das Attentat lebendig. | |
| Das 50-jährige Gedenken am Montag ist eine traurige Gelegenheit für die | |
| Bundesregierung, sich zum ersten Mal bei den Angehörigen der Opfer zu | |
| entschuldigen. Neben der Einigung auf eine Zahlung von 28 Millionen Euro | |
| für die Angehörigen folgen genug Gelegenheiten, den Willen zur Aufklärung | |
| weiter zu beweisen. Im Jahr 2026 verlässt die bislang dort beheimatete | |
| Luftwaffe der Bundeswehr den Flugplatz in Fürstenfeldbruck. | |
| Ginge es nach Thomas Karmasin, soll auf einem Teil des Geländes ein | |
| begehbarer Erinnerungsort an das Attentat entstehen. Dafür müsste der | |
| Landkreis das Grundstück kaufen – doch das Geld fehlt. Karmasin hat | |
| Bundeskanzler Olaf Scholz einen Brief geschrieben und die Regierung um | |
| Unterstützung gebeten. Eine Antwort hat er bis jetzt noch nicht bekommen. | |
| 3 Sep 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Muenchen-1972/!5878747 | |
| [2] /Olympia-Attentat-auf-Israelis-1972/!5875087 | |
| [3] /Olympia-Attentat-in-Muenchen-1972/!5878503 | |
| ## AUTOREN | |
| Aaron Wörz | |
| ## TAGS | |
| Sportler | |
| Palästinenser | |
| Antisemitismus | |
| Terrorismus | |
| Bundesregierung | |
| Olympia-Attentat in München | |
| Olympia-Attentat in München | |
| Olympia-Attentat in München | |
| Olympia-Attentat in München | |
| Olympia-Attentat in München | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Olympia-Attentat in München | |
| Olympia-Attentat in München | |
| Israel | |
| Olympia-Attentat in München | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Präsident Herzog im Bundestag: „Die Zukunft gehört uns“ | |
| Nach dem bewegenden Gedenken an die Opfer des Olympia-Attentats spricht der | |
| israelische Präsident Herzog im Bundestag. Er mahnt zur Wachsamkeit. | |
| Gedenken zum Olympia-Attentat 1972: „Wie lebt man weiter?“ | |
| Israelis und Deutsche gedenken der Opfer des Olympia-Attentats. | |
| Bundespräsident Steinmeier bittet um Vergebung, die Angehörigen scheinen | |
| versöhnt. | |
| Gedenken an Olympia-Attentat: Steinmeier bittet um Vergebung | |
| Vor 50 Jahren töteten palästinensische Terroristen elf israelische | |
| Olympia-Athleten. Bei der Gedenkfeier ging es viel um Entschuldigung. | |
| Gedenken an Olympia-Attentat: Doch dazugelernt | |
| Dass sich die deutsch-israelischen Beziehungen so positiv entwickelt haben, | |
| ist ein Wunder. Denn nach dem Versagen von München 1972 hätte es anders | |
| laufen können. | |
| 50. Jahrestag des Olympia-Attentats: Zeit heilt keine Wunden | |
| Elf Israelis starben 1972 beim Olympia-Attentat. Der Jahrestag bringt | |
| Erinnerungen hoch, doch einige wollen genau das verhindern. | |
| Gedenken an Olympia-Attentat: Klein fordert Entschuldigung | |
| Am Montag findet die Gedenkveranstaltung zum Olympia-Attentat statt. Der | |
| Antisemitismusbeauftragte erwartet eine Entschuldigung des | |
| Bundespräsidenten. | |
| Olympia-Attentat auf Israelis 1972: Einigung in letzter Minute | |
| Kurz vor dem 50. Jahrestag des Olympia-Attentats einigen sich Opferfamilien | |
| und Bundesregierung auf eine Entschädigung. Die Erleichterung ist groß. | |
| Olympia-Attentat in München 1972: Beschämend spät | |
| Deutschland hat beim Olympia-Attentat von 1972 große Schuld auf sich | |
| geladen. Dass nun Verantwortung dafür übernommen wird, ist lange | |
| überfällig. | |
| Erinnerung an das Olympia-Attentat 1972: Unter den Teppich gekehrt | |
| Eine Gedenkveranstaltung zu München 1972 reicht nicht. Großzügigkeit und | |
| das Eingeständnis von Schuld seitens der Bundesregierung sind überfällig. |