# taz.de -- Olympia-Attentat auf Israelis 1972: Einigung in letzter Minute | |
> Kurz vor dem 50. Jahrestag des Olympia-Attentats einigen sich | |
> Opferfamilien und Bundesregierung auf eine Entschädigung. Die | |
> Erleichterung ist groß. | |
Bild: Ankie mit dem Bild ihres Mannes André Spitzer – der Anhänger ist von … | |
BERLIN taz | Die Familien der Opfer des Olympia-Attentats 1972 in München | |
und die Bundesregierung haben sich nach langen Verhandlungen [1][auf eine | |
Entschädigung verständigt.] Bereits am Dienstagabend hatten mehrere | |
israelische und deutsche Medien berichtet, dass die Angehörigen der elf | |
getöteten Israelis kurz vor einer Einigung stünden. Am Mittwochnachmittag | |
bestätigte die Bundesregierung dieses dann. | |
„Die Vereinbarung ermöglicht auch eine würdige Gedenkfeier am 5. | |
September“, sagte der frühere FDP-Innenminister Gerhart Baum, der die | |
Hinterbliebenen vertrat. Nach der Last-Minute-Einigung hätten diese auch | |
ihre bereits abgesagte Teilnahme an der Gedenkveranstaltung in München | |
wieder zugesagt. | |
Dort spricht am Montag auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der | |
„froh und erleichtert“ über das Ergebnis der Verhandlungen ist. Mit der | |
Einigung bekenne „der deutsche Staat [2][seine Verantwortung] und erkennt | |
das furchtbare Leid der Ermordeten und ihrer Angehörigen an, dessen wir | |
kommende Woche gedenken wollen“, teilte Steinmeier mit. | |
Die Stimmung zwischen den Familien der Opfer und der Bundesregierung war | |
letztens sehr angespannt. Die Hinterbliebenen der von palästinensischen | |
Terroristen ermordeten Sportler, allen voran Ankie Spitzer, Witwe des | |
Fechttrainers André Spitzer, hatten öffentlich klar gemacht, dass sie die | |
bisherigen Angebote der Bundesregierung für unangemessen hielten. Spitzer | |
nannte die unterbreiteten Vorschläge „beleidigend“. | |
## Staatspräsident Isaac Herzog kommt nun doch | |
Infolgedessen hatten zehn der elf Opferfamilien angekündigt, [3][nicht zum | |
50-jährigen Gedenken nach Deutschland zu reisen.] Israels Staatspräsident | |
Isaac Herzog schloss sich dem Boykott der Veranstaltung in München an. | |
Genauso wie die Angehörigen wird er nun doch an dem Gedenken teilnehmen. | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) betonte, es sei wichtig, „den | |
Menschen, deren Leben durch Anschläge dramatisch verändert wurde, mit mehr | |
Empathie und mehr Unterstützung“ zu begegnen. Zudem bedankte sich Faeser | |
für das Vertrauen der Hinterbliebenen und äußerte Verständnis, „wie schwer | |
es ist, dieses Vertrauen nach so langer Zeit aufzubringen.“ | |
Das neue Angebot der Regierung sieht eine höhere finanzielle Entschädigung | |
vor. Die Angehörigen bekommen demnach eine neue Zahlung in Höhe von | |
insgesamt 28 Millionen Euro. Laut Medienberichten, die sich auf | |
Regierungskreise beziehen, zahlt der Bund 22,5 Millionen Euro, 5 Millionen | |
Euro kommen vom Freistaat Bayern und eine halbe Million Euro von der Stadt | |
München. In den vorigen Angeboten war von insgesamt 10 Millionen Euro die | |
Rede, abzüglich älterer Zahlungen in Höhe von etwa 4,5 Millionen Euro. | |
In dem Streit über Entschädigung ging es nicht nur um Geld: Die Angehörigen | |
fordern ein halbes Jahrhundert nach dem Attentat eine vollständige | |
Aufarbeitung des Versagens der Sicherheitsbehörden und der Polizei. | |
Warnungen vor einem Anschlag wurden 1972 in München ignoriert. Bei dem | |
chaotischen Versuch, die Geiseln zu befreien, starben neun israelische | |
Sportler auf einem Flugplatz in der Nähe von München. | |
Die Familien wollen deshalb eine offizielle Entschuldigung der deutschen | |
Regierung. Zudem seien noch Akten unter Verschluss. Mit Blick auf die | |
Entschuldigung sagte Konstantin von Notz, stellvertretender | |
Bundestagsfraktionsvorsitzender der Grünen, er gehe bei der | |
Gedenkveranstaltung am Montag davon aus, „dass die Bundesregierung die | |
Chance nutzt, um sich bei den Hinterbliebenen für ihr erlittenes Leid und | |
das Versagen des deutschen Staates im Zusammenhang mit dem Olympia-Attentat | |
zu entschuldigen.“ | |
In der Mitteilung über die Einigung kündigte die Bundesregierung am | |
Mittwoch eine „Aufarbeitung der Geschehnisse durch eine Kommission | |
deutscher und israelischer Historiker, die rechtskonforme Freigabe von | |
Akten, die Einordnung und Übernahme von politischer Verantwortung im Rahmen | |
der Gedenkveranstaltung“ an. | |
In Bayern hatte sich der CSU-Landtagsabgeordnete und | |
Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle mit zwei Schreiben an den | |
Bundeskanzler für die Hinterbliebenen eingesetzt. Die Einigung wenige Tage | |
vor dem 50. Jahrestag komme „spät, sehr spät, aber nicht zu spät“, sagte | |
Spaenle der taz. Damit stelle sich Deutschland „immerhin noch kurz vor dem | |
50. Jahrestag seiner historischen Verantwortung.“ | |
31 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Aaron Wörz | |
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