# taz.de -- Massive Subventionen in Deutschland: Fiskus finanziert teure Dienst… | |
> Die Umwelthilfe fordert ein Ende der „Gratismentalität“ bei luxuriösen | |
> Firmenwagen. Statt die zu bezuschussen, solle der Staat den ÖPNV | |
> ausbauen. | |
Bild: Je dicker das Auto, desto eher handelt es sich um einen Dienstwagen | |
Berlin taz | Topverdienende in Deutschland kassieren mit ihren Dienstwagen | |
den Staat kräftig ab. Nach einer Aufstellung der Deutschen Umwelthilfe | |
(DUH) mit 17 Autos, für die es die höchsten staatlichen Beträge gibt, | |
werden Dienstwagen mit bis zu 57 Prozent ihres Kaufpreises subventioniert. | |
„Wir brauchen ein Ende der Gratismentalität unter den Besserverdienern in | |
Deutschland beim Dienstwagen“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch | |
mit Blick auf Bundesfinanzminister Christian Lindner. Der FDP-Chef hatte in | |
Bezug auf Forderungen nach einer Anschlusslösung [1][für das 9-Euro-Ticket | |
eine „Gratismentalität“ beklagt]. | |
Der deutsche Staat bezuschusst die Anschaffung von Dienstwagen nach Angaben | |
der DUH so großzügig wie kein anderes Land der Welt. Es gibt keine | |
finanzielle Obergrenze. Je teurer ein Fahrzeug ist, desto wahrscheinlicher | |
ist, dass es sich um einen Dienstwagen handelt. Das geht aus der Statistik | |
des Kraftfahrt-Bundesamtes hervor, auf der die Analyse der DUH beruht. | |
Bei den Berechnungen [2][der 17 vom Staat am kräftigsten bezuschussten | |
Autos] geht die DUH von einem Jahreseinkommen von mehr als 277.000 Euro | |
einer Selbstständigen aus. Der Marktpreis des Zuschussspitzenreiters Audi | |
R8 Spyder liegt bei knapp 269.000 Euro. Davon trägt der Staat nach | |
Berechnungen der DUH bis zu 154.150 Euro, wenn das Auto als Dienstwagen | |
angeschafft wird. Von den 241.000 Euro für den Porsche 911 Turbo S | |
Cabriolet sind es unter diesen Umständen rund 138.000 Euro. Beim | |
günstigsten Auto auf der DUH-Liste, dem VW Passat Variant Elegance, können | |
Käufer:innen bei einem Preis von 56.815 Euro rund 32.700 Euro an | |
Zuschüssen erhalten. „Da der Restwert der Fahrzeuge nach der fünfjährigen | |
Abschreibung regelmäßig höher ist als der verbleibende Eigenanteil von | |
günstigstenfalls 43 Prozent, können sich die Besserverdienenden in | |
Deutschland über Jahrzehnte zum Gratistarif Luxuslimousinen, | |
SUV-Stadtpanzer und Supersportwagen anschaffen“, kritisiert Resch. Hinzu | |
kommt ein weiterer Vorteil, auf den die DUH-Analyse nicht eingeht: Viele | |
Topverdiener:innen erhalten von ihren Unternehmen kostenlose | |
Tankkarten. Damit können sie den Tank auch für Privatfahrten füllen, sodass | |
sie keinerlei Anreiz für einen Umstieg auf klimafreundliche Mobilität | |
haben. | |
Mehr als 60 Prozent der Neufahrzeuge in Deutschland werden gewerblich | |
zugelassen. Aus diesem Grund könnten Firmenwagen ein Hebel für die | |
Transformation hin zur E-Mobilität sein, wenn der Staat ökologische | |
Vorgaben machen würde. Aber: „Je größer die Klimaschädlichkeit des | |
Fahrzeugs, desto mehr Geld gibt es de facto aus der Staatskasse“, | |
kritisiert Resch. Die von der DUH erfassten 17 Neuwagen überschreiten alle | |
den von der EU festgelegten Flottengrenzwert für das Klimagas CO2 von 95 | |
Gramm pro Kilometer um mehr als das Anderthalbfache bis mehr als das | |
Dreifache. | |
## Lindner will Privilegien behalten | |
Die DUH fordert das Ende dieser Praxis. „Die Bundesregierung muss diese | |
Alimentierung der Spitzenverdiener und der Autoindustrie für | |
klimaschädliches Verhalten sofort beenden“, sagt Resch. Stattdessen sei der | |
Ausbau des ÖPNV nötig. | |
Die DUH plädiert für eine Zuschuss-Obergrenze von 30.000 Euro für | |
Dienstwagen und eine ausschließliche Förderung für Fahrzeuge, die die | |
Flottengrenzwerte einhalten. Die frei werdenden Mittel würden nach | |
Berechnungen der DUH ausreichen, um die 4 Milliarden Euro für die | |
Finanzierung eines bundesweiten 365-Euro-Jahrestickets zu gewinnen. Auch | |
[3][andere Organisationen wie Greenpeace] und die Grünen haben eine | |
ökologische Reform des Dienstwagenprivilegs ins Spiel gebracht, um eine | |
Anschlusslösung an das 9-Euro-Ticket zu finanzieren. Bundesfinanzminister | |
Lindner lehnt das kategorisch ab. | |
16 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /9-Euro-Ticket-und-Lindner/!5870327 | |
[2] https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Pressemitteilungen/Verkeh… | |
[3] /Die-Zukunft-des-OePNV/!5865587 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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