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# taz.de -- Debatte über hohe Gaspreise: London ist schneller als Berlin
> Während Großbritannien bereits handelt, ist die Ampel noch uneins über
> Energiezuschüsse für Privathaushalte. Die FDP bremst – wegen der
> Schuldenbremse.
Bild: Im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit: die Heizung
Berlin taz | Angesichts der stark steigenden Energiekosten bekommen die
britischen Privathaushalte ab Oktober einen staatlichen Zuschuss von rund
80 Euro monatlich. Das gab die Regierung in London am Freitag bekannt. Die
Zahlungen sind Teil eines größeren Pakets und sollen zunächst bis März 2023
laufen. Auch hierzulande wird über weitere Entlastungen diskutiert.
Allerdings ist sich die Bundesregierung nicht einig.
„Heizkostenpauschalen und Zuschüsse vor allem für einkommensschwache
Menschen wie Rentner, Studierende und Wohngeldempfangende“ forderte
[1][Ramona Pop, die Chefin der Verbraucherzentralen]. Auch müsse „es ein
Moratorium geben, dass niemandem der Strom oder das Gas abgestellt oder die
Wohnung gekündigt wird“.
Ökonom Marcel Fratzscher sagte, die Sozialleistungen sollten dauerhaft um
100 Euro pro Person und Monat erhöht werden. Eine ähnliche Summe solle die
Regierung auch an alle Privathaushalte mit weniger als 40.000 Euro
Einkommen im Jahr bis Ende 2023 auszahlen, erklärte der Präsident des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Außerdem regte er einen
Gaspreisdeckel an, um die Kosten für ärmere Haushalte zu begrenzen. Auch
Gesine Lötzsch, die Vizechefin der Linken im Bundestag, forderte die
Deckelung der Gaspreise.
Ab Oktober wird auf die hiesigen Haushalte eine [2][zusätzliche
Kostensteigerung] zukommen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
bezifferte sie auf 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde Erdgas für Heizung,
Warmwasser und Kochen. Für sparsame Haushalte mit einem Verbrauch von etwa
10.000 Kilowattstunden Gas jährlich würde das auf ungefähr 12 bis 40 Euro
Mehrkosten pro Monat hinauslaufen. Für Mehrpersonenhaushalte, die
beispielsweise 20.000 Kilowattstunden brauchen, stiegen die Rechnungen dann
um 25 bis 80 Euro pro Monat.
Diese Erhöhung ist ein Ergebnis der Umlage, die die Ampelregierung aus SPD,
Grünen und FDP beschlossen hat. Damit will sie die Mehrkosten einzelner
Versorger beim Gaseinkauf gleichmäßig auf alle Kunden verteilen. Zunächst
geht es um das Unternehmen Uniper. Weitere Gaslieferanten müssen
wahrscheinlich ebenfalls gestützt werden. Zusätzlich zur Umlage steigen
aber auch die normalen Gasrechnungen weiter.
Erhielte die Hälfte der deutschen Haushalte einen Zuschuss von
beispielsweise 100 Euro monatlich für ein halbes Jahr, kostete dies den
Bundeshaushalt rund 12 Milliarden Euro. Derartige Summen stehen im Haushalt
für 2023 erst mal nicht zur Verfügung, weil [3][Bundesfinanzminister
Christian Lindner (FDP) im nächsten Jahr die Schuldenbremse] wieder
einhalten will.
So diskutieren die drei Regierungsparteien derzeit, was finanziell möglich
ist. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kürzlich eine Wohngeldreform und
Heizkostenzuschüsse in Aussicht gestellt. Einzelheiten blieb er jedoch
schuldig – wohl, weil in der Regierung noch keine Einigkeit besteht.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die kärglichen
Hartz-IV-Zahlungen zu einem großzügigeren Bürgergeld ausbauen. Die FDP
sieht das teilweise kritisch. SPD-Covorsitzende Saskia Esken zog schon
mehrmals in Zweifel, dass die Schuldenbremse im kommenden Jahr einzuhalten
sei. Zwei Entlastungspakete im Umfang von etwa 30 Milliarden Euro hat die
Regierung bereits auf den Weg gebracht.
Habeck hält zudem längere Hilfen für die energieintensive Industrie für
nötig. Der von der EU-Kommission bislang erlaubte Rahmen sei zunächst bis
Anfang September angelegt gewesen. „Das reicht natürlich nicht aus“, sagte
der Grünen-Politiker beim Besuch eines Glasproduzenten in Thüringen am
Freitag.
29 Jul 2022
## LINKS
[1] https://www.vzbv.de/meldungen/inflation-verbraucherschutz-chefin-fordert-ne…
[2] /Gaspreise-in-Deutschland/!5867155
[3] /Entlastungen-fuer-Buerger/!5867154
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Energiepreise
Gasknappheit
GNS
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Energie
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EU-Kommission
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