# taz.de -- Verbote von Protestcamps: Polizeistadt Hamburg | |
> Erneut pfeift die Polizei aufs Versammlungsrecht. Dass sie damit | |
> durchkommt, ist Ausdruck politischen Unwillens, aus dem G20-Scheitern zu | |
> lernen. | |
Bild: Wenn's vor Gericht geht, ist alles lange vorbei: Polizisten sperren 2017 … | |
Es ist eine unverblümte politische Strategie und darum ein andauernder | |
Skandal: Immer wieder und wider besseres Wissen [1][ignoriert die Hamburger | |
Versammlungsbehörde], was im Versammlungsrecht steht und wie Gerichte | |
darüber entscheiden. | |
Regelmäßig nimmt die Polizei damit die Rechtswidrigkeit ihrer Maßnahmen und | |
die Verletzung von Grundrechten in Kauf. Wenn Gerichte sie Jahre später | |
feststellen: scheißegal. Konsequenzen hat so eine Feststellungsklage ja | |
nicht: keine personellen, keine strukturellen und politische schon gar | |
nicht. | |
Jetzt will die Polizei mit dem „System Change Camp“ im Stadtpark erneut ein | |
legitimes Protestcamp verhindern, obwohl sich das Polizei-Justiziariat vor | |
gerade mal drei Monaten erst ins Notizbuch schreiben musste, dass das | |
Hamburger Oberverwaltungsgericht festgestellt hat, dass [2][ein | |
entsprechendes Verbot während des G20-Gipfels 2017] rechtswidrig gewesen | |
war. | |
Drei Wochen später hat [3][auch das Bundesverwaltungsgericht (BVG) | |
entschieden], dass ein Klimacamp im Rheinland im August 2017 | |
Versammlungscharakter hatte und damit besonders geschützt war. Auch dort | |
hätte die Versammlungsbehörde zulassen müssen, dass auf einem Feld in der | |
Nähe auch Schlafzelte aufgebaut werden. | |
Dass die Polizei in Hamburg angesichts solch aktueller und eindeutiger | |
Urteile immer noch an ihrer Strategie festhalten kann, macht einen noch | |
größeren Skandal deutlich: den politischen Unwillen des rot-grünen Senats, | |
aus dem völlig eskalierten G20-Gipfel zu lernen, Fehler einzugestehen und | |
Konsequenzen zu ziehen. | |
Wenn die Polizei nach Belieben Recht interpretieren und brechen kann, wird | |
sie als politischer Akteur installiert, der sie in einem Rechtsstaat nicht | |
sein darf. Wenn legitimer Protest immer wieder diffamiert, kriminalisiert | |
und verhindert wird, wird er als politischer Akteur delegitimiert und zum | |
Gegenstand rein technokratischer Lösungen politischer Konflikte. Wer das | |
nicht verhindert, untergräbt die Grundfeste einer demokratischen | |
Gesellschaft. Willkommen in der Polizeistadt Hamburg! | |
3 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Klima-Protestcamp-in-Hamburg/!5867942 | |
[2] /Verbot-von-G20-Protestcamp-rechtswidrig/!5847763 | |
[3] https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/infrastruktur-bei-protestc… | |
## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
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