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# taz.de -- Verantwortung von Fridays for Future: Und die Politik schaut zu
> Bei der Klimakrise auf die Kids zu hoffen, ist falsch. Auch der Rest der
> Gesellschaft muss reagieren. Denn etwas verändern kann nur die Politik.
Bild: Waldbrand im Nationalpark Sächsische Schweiz am 26. Juli
„FFF muss aus ihrem Wachkoma erwachen. Jetzt wäre der richtige Moment“,
schreibt Daniel Hinz [1][bei Zeit Campus], der darüber nachdenkt, wo die
Aktivisti bleiben, während „die Welt brennt“. Es stimmt, von der Bewegung
ist dieser Tage wenig zu sehen, zu lesen und zu hören. Währenddessen toben
in Deutschland sowie auf der ganzen Welt Waldbrände.
Doch ist es überhaupt wichtig, wie sich die Klimaaktivisti zu den
Waldbränden verhalten? Kann man sich das nicht denken? Immerhin haben sie
die Öffentlichkeit schon vor Jahren davor gewarnt.
Egal wie Klimaaktivisti sich verhalten, ist es falsch. Der „Letzten
Generation“ wird vorgeworfen, sie seien „zu radikal“. Dass Aktivisti, die
ihre Hände auf Asphalt kleben, ihren ganzen Körper einsetzen, um auf das
Problem der irgendwann unbewohnbaren Erde aufmerksam zu machen, scheint
eine Nebensache zu sein.
Andere Vorwürfe gelten Klimaaktivisti von Fridays for Future: Ihnen wird
wechselweise vorgeworfen, sie würden Schule oder Universität
vernachlässigen, sie wären zu brav oder ihr Erfolg wäre zu gering. Wie soll
sich eine Bewegung, die größtenteils aus Kindern, Jugendlichen und
Studierenden besteht, denn verhalten? Muss sie die Lösung auf alle
Klimaprobleme vielleicht auch gleich umsetzen? Denn nur das bringt uns
wirklich weiter.
Die Klimakrise ist ein Problem, das von der Politik viel zu wenig ernst
genommen wird, und auch Medien bieten diesem Thema viel zu wenig
Aufmerksamkeit. Natürlich gibt es einzelne Politiker:innen,
Journalist:innen und Medienhäuser, auf die das nicht zutrifft. Und es
gibt Veränderungen – die „Tagesschau“ greift das Thema immer öfter auf,…
es hat sich das Netzwerk Klimajournalismus Deutschland gegründet. Bei ihnen
wird die Klimakrise laut ihrer Charta als „Dimension jedes Themas“
priorisiert. Dass die Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt wurde und immer
ernster genommen wird, liegt auch an Fridays for Future.
## Wo bleibt der Druck auf die Politik?
Doch ein wirklicher Aufschrei bleibt aus – und eine angemessene Reaktion
von Politiker:innen und Medien ebenfalls. Hanno Christ wies [2][im
Juni schon für den RBB darauf hin], dass Brandenburgs Ministerpräsident
Dietmar Woidke (SPD) nach Brandenburg fuhr, um Feuerwehrleute zu besuchen,
die Waldbrände löschten. Er sagte, man müsse „dringend mit der
Bundesregierung“ sprechen – aber nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine
war er einer der Politiker:innen, die den Kohleausstieg bis 2030
infrage stellten. Wie passt das zusammen?
Immer wieder betont die SPD, auch bundesweit, wie wichtig „Arbeitskräfte“
für „Kohlekumpel“ seien. Als ob sich durch Solaranlagen und Windenergie
keine Arbeitsplätze schaffen ließen. Als in Deutschland aufgrund der
Koalition von Union und SPD [3][Arbeitskräfte in den erneuerbaren Energien
abgebaut wurden], war es um die SPD herum seltsam still.
Und der Druck auf die Politik? Blieb ebenfalls aus. Dabei bräuchte es
diesen dringend. Auch die derzeitige Regierung macht zu wenig gegen die
Klimakrise. Das ist teils verständlich, weil Realpolitik nicht von einem
auf den anderen Tag Vereinbarungen aushebeln kann und die Union 16 Jahre
lang so regierte, als gäbe es die Klimakrise nicht.
Andererseits wird diese immer heftiger, je länger nichts unternommen wird.
Schon jetzt bekommt man das Ausmaß zu spüren, dazu braucht es keine
Aktivisti. 30.000 Menschen sind seit 2000 durch Extremwetterereignisse wie
Hitze und Flut gestorben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Projekt, das vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) selbst in Auftrag
gegeben wurde.
Eine Studie des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie wies nach, dass
wegen der Luftverschmutzung in Europa die Lebenserwartung der Menschen um
zwei Jahre gemindert wird – jährlich sterben europaweit 800.000 Menschen an
Luftverschmutzung. Noch drastischer ist es für die Menschen im Globalen
Süden. Schon jetzt leidet der Globale Süden am stärksten unter der
Klimakrise, obwohl er am wenigsten dafür kann. Wo bleibt der Druck auf die
Politik?
## Die Maßnahmen fehlen
Wen das nicht empört, der ist vielleicht durch kapitalistische Logik zu
überzeugen: Die Klimakrise kostet Deutschland schon jetzt durchschnittlich
6,6 Milliarden Euro im Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt die gleiche Studie,
die von besagtem BMWK in Auftrag gegeben wurde.
Während also wahnsinnig viel Geld ausgegeben wird wegen der Klimakrise,
gibt die Bundesregierung auch Geld aus für Klimaschädliches wie den
Tankrabatt oder das Dienstwagenprivileg. Das scheint alles mitzulaufen,
doch die große Empörung bleibt aus.
Im Globalen Süden sterben weiterhin Menschen und verlassen ihre Wohnungen
infolge von Fluten und Hitzewellen. Gerade mussten in der pakistanischen
Provinz Belutschistan mehr als 50.000 Familien aus ihren Dörfern in
Sicherheit gebracht werden.
[4][Der Globale Norden – auch die deutsche Regierung] – hat bisher dennoch
keine angemessenen Maßnahmen ergriffen, die der Klimakrise etwas
entgegensetzen würden. Auf Twitter regt man sich hierzulande auf, dass
Robert Habeck Tipps zum Duschen gibt, während RWE mit einem Zuschuss von
1,5 Milliarden für dieses Jahr rechnet. Doch wo bleibt der Druck auf die
Politik?
31 Jul 2022
## LINKS
[1] https://www.zeit.de/campus/2022-07/fridays-for-future-klimawandel-aktivismu…
[2] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/06/brandenburg-waldbraende-klimap…
[3] https://www.solarserver.de/2020/04/09/weniger-arbeitsplaetze-in-den-erneuer…
[4] /Ampel-Koalition-und-Klima/!5864968
## AUTOREN
Nicole Opitz
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