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# taz.de -- Trends bei Ernährung: Bio, regional, weniger Fleisch
> Der Trend zu nachhaltig produzierten Lebensmitteln trotzt der Inflation.
> Das zeigt die Biofach, die weltgrößte Öko-Messe. Doch etwas ist anders.
Bild: Bio-Schokolade darf inzwischen in keinem Discounter mehr fehlen – zum L…
Berlin taz | Das gab ein Aufsehen. Die Fast-Food-Kette Burger King in
Österreich fragt derzeit: „Normal oder mit Fleisch“. Es ist eine
Werbekampagne für das Angebot an pflanzlichen Alternativen. Es wirft Fragen
auf, wird nicht mehr automatisch Fleisch zwischen die beiden
Brötchenhälften gelegt: Wandelt sich das Essen? Auf was achten
Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf? Antworten liefert die
Biofach, die weltweit größte Messe der Ökobranche, die diese Woche von
Dienstag bis Freitag in Nürnberg stattfindet.
Als wegen Corona das Leben stillstand, Restaurants und Kantinen geschlossen
waren – da meldete die Branche Rekorde. Der Umsatz mit Biolebensmitteln
stieg im Jahr 2020 um satte 20 Prozent. Mittlerweile aber reißen steigende
Preise Löcher in den Geldbeutel – und Biolebensmittel sind im schnitt meist
etwas teurer als andere. Doch der Appetit der Verbraucherinnen und
Verbraucher auf Bio bleibt. Nur kaufen sie die Ökoeier, -tomaten, -bananen
derzeit [1][eher in Discountern und Supermärkten, weniger in den Bioläden].
Die spüren einen rückläufigen Umsatz. Insgesamt aber gaben die Menschen
hierzulande von Anfang Januar bis Ende Juni diesen Jahres im Vergleich zur
selben Zeit im Jahr 2019, also zu Vor-Corona-Zeiten, 35 Prozent mehr für
Bio aus. Das erklärte am Dienstag der Bund für Ökologische
Lebensmittelwirtschaft, der BÖLW, auf der Biuofach. Demnach sind die Preise
für Bio im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 um
5,2 Prozent gestiegen, für konventionelle Lebensmittel waren es 8 Prozent.
Bio-Landwirte kämen zum Beispiel ohne den derzeit besonders teuren
Kunstdünger aus, das mache unter anderem den Unterschied aus, so der BÖLW.
Eine Ernährungswende ist das aber nicht – zumindest nicht gemessen an den
Zielen der Ampel-Koalition. Denn die will 30 Prozent Ökolandwirtschaft bis
zum Jahr 2030, noch machen die Ökoäcker und -weiden in Deutschland aber nur
11 Prozent aus. Der BÖLW forderte darum mehr finanzielle Anreize,
[2][Betriebe auf Öko umzustellen]. Aber auch der Absatz stimmt noch nicht,
er muss weiter: hoch. Eine Idee: Künftig soll es in Kantinen öffentlicher
Einrichtungen mehr Bio geben – verpflichtend. Vorbild ist die dänische
Hauptstadt: In den Kitas oder Seniorenheimen Kopenhagens beträgt der
Bio-Anteil am Katinenessen längst 90 Prozent.
Aber ist Bio immer besser? Die Tiere auf dem Biohof haben mehr Platz, die
Umwelt wird stärker geschont, die Böden sind gesünder. Das schon. Aber die
Erträge sind auch niedriger, das heißt, es werden pro Tonne Ertrag auch
mehr Flächen gebraucht. Professor Felix Creutzig vom Mercator Research
Institute on Global Commons (MCC) in Berlin forscht seit Jahren zur
Ökobilanz der Landwirtschaft. Er sagt: „Bio ist schon gut“. Die
konventionelle Landwirtschaft sei zwar produktiver, „lebe aber auf Pump,
die Böden leiden, verlieren an Fruchtbarkeit.“ Und: Die Biobauern
verzichten auf Kunstdünger und chemisch-synthetische Pestizide, die sonst
mit viel Energie hergestellt werden – „das ist wertvoll und [3][trägt zur
Energiesicherheit bei.]“ Nur gebe es ein Problem: die Fleischproduktion.
## Nur Bio zu kaufen reicht nicht
Laut Weltklimarat entstehen bis zu 37 Prozent der globalen CO2-Emissionen
durch die Produktion von Nahrungsmitteln – 60 Prozent davon gehen auf das
Konto der Tierhaltung. Da seien zum einen, so Creutzig, die
Methan-pupsenden Rinder, die die Erde aufheizten. Zum anderen würden mehr
als die Hälfte aller Anbauflächen in der EU und den USA für die
Futterproduktion genutzt. Das sei zu viel – egal ob bio oder nicht. Denn
natürlich stößt auch die ökologische Landwirtschaft Treibhausgase aus, auch
wenn sie im Vergleich besser abschneidet.
Im Jahr 2021 hat im Schnitt jede und jeder in Deutschland etwa 55 Kilogramm
Fleisch gegessen, 2020 waren es zwar noch zwei Kilo, 2011 sogar noch fast 8
Kilo mehr. Doch müssten die Menschen bei Wurst und Schnitzel weiter
abspecken, meint Creutzig: „Rein aus CO2-Sicht müssen die Tierbestände
weltweit um den Faktor zehn gemindert werden.“ Ganz ohne Tiere gehe es
nicht, da es Regionen auf der Welt gebe, in denen nichts als Gras wachse.
Und das könnten nunmal nur Rinder verdauen. Wer dann noch die lokale
Wirtschaft stärken wollen, achte auf regionale Produkte. Das sei auch für
das Klima noch ein kleines Plus. Denn je kürzer die Transportwege, umso
weniger Energie wird verbraucht.
27 Jul 2022
## LINKS
[1] /Inflation-und-Bio-Lebensmittel/!5863189
[2] /Weingueter-stellen-auf-Oekobetrieb-um/!5861493
[3] /Weniger-Gasverbrauch-in-Europa/!5869943
## AUTOREN
Hanna Gersmann
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