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# taz.de -- Konflikte um Parknutzung: Gemeinsam für die Parks
> Der Bezirk Mitte verhängt ein nächtliches Alkoholverbot in Parks. Andere
> Bezirke setzen lieber auf Park-Hausmeister*innen und Sozialarbeit.
Bild: Die Hausmeister*innen in der Hasenheide: Oliver Both-Asmus und Steph Wint…
Berlin taz | Es ist brütend heiß und der [1][Rasen in der Hasenheide] ist
von der Sonne so verdörrt, dass er sich in eine gelbe Strohlandschaft
verwandelt hat. Steph Wintz und Oliver Both-Asmus hocken vor einem jungen
Baum und versuchen, etwas Grün in die Parkanlage zu bringen: In
Baumscheiben genannten runden, kleinen Beeten pflanzen sie Setzlinge in den
staubtrockenen Boden, die hübsch aussehen und den Baum vor Hunden und
Schädlingen schützen sollen. Einige Besucher*innen auf den Parkbänken
schauen den beiden Gärtner*innen mit ihren roten Westen interessiert zu,
andere beachten sie gar nicht.
Wintz und Both-Asmus sind sogenannte Park-Hausmeister*innen. In drei
Neuköllner Parks, der Hasenheide, im Park am Buschkrug und im Grünzug
Britz-Buckow-Rudow, sind sie dafür zuständig, die Aufenthaltsqualität der
Besucher*innen zu erhöhen. 2.500 Parks und Gärten gibt es insgesamt in
Berlin, besonders in den Innenstadtbezirken kommt es hier öfter zu
[2][Konflikten wegen Trinkgelagen, Lärm und Vermüllung]. In den vergangenen
Wochen räumte die Polizei immer wieder Parks, in denen Hunderte Jugendliche
feierten, im James-Simon-Park in Mitte kam es dabei auch zu gewaltsamen
Auseinandersetzungen.
Als Reaktion hat Mitte-Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) für
den James-Simon- und den Monbijoupark ein Alkoholverbot von 22 bis 6 Uhr
verhängt, das seit letzten Freitag gilt und bis zum 11. September befristet
ist. Zur Begründung nennt das Bezirksamt wildes Urinieren, starke
Vermüllung und massive Lärmbelästigungen. „Der Alkoholkonsum gilt dabei als
Hauptkatalysator für solches Fehlverhalten“, heißt es in einer Mitteilung.
Zuvor hatte sich bereits Innensenatorin Iris Spranger (SPD) für ein
Alkoholverbot und Parkschließungen starkgemacht.
Die Gewerkschaft der Polizei fordert demgegenüber „individuelle Konzepte“:
„Die Hasenheide ist nicht der James-Simon-Park, der Preußen- nicht der
Mauerpark, weshalb es auch nichts bringt, eine Universalantwort für alle
Parks und Grünanlagen zu entwickeln“, so Landeschef Stephan Weh zur taz.
Für den einen Park könnte ein Alkohol- oder Glasflaschenverbot sinnvoll
sein, für andere Parks ein Zaun oder mehr Licht, Sicherheitspersonal oder
gar komplette nächtliche Schließungen. „Klar ist in jedem Fall, dass wir
nicht genügend Personal haben, um jedes Wochenende durch alle Parks mit
Einsatzhundertschaften durchzulaufen.“
## Partizipation statt Repression
In Neukölln versucht man es mit Partizipation statt Repression: Mit
gärtnerischen und sportlichen Angeboten, Workshops und Parksprechstunden
sollen die Park-Hausmeister*innen dafür sorgen, dass es Mensch und
Natur gut geht. „Wir wollen, dass die Leute das als ihren Park begreifen
und sie ein Teil davon sind“, sagt Steph Wintz. „Wenn sie es als ihren
Vorgarten wahrnehmen, lassen sie auch weniger Müll liegen und nehmen mehr
Rücksicht“, ist Oliver Both-Asmus überzeugt. Er zeigt auf ein großes Beet
vor der Mauer am Jahn-Denkmal, das sie gemeinsam mit Besucher*innen
gepflanzt haben. „Früher war hier alles voller Spritzen und Müll. Jetzt, wo
die Leute sehen, dass sich jemand darum kümmert, gehen sie ganz anders mit
dem Ort um.“
Seit zwei Jahren gibt es das Projekt, das im Auftrag des Bezirks vom
Prinzessinnengärten-Kollektiv umgesetzt wird. Viermal pro Woche kommen die
Park-Hausmeister*innen nachmittags für je vier Stunden in die
Hasenheide und machen ihre Runde: Müll und Spritzen einsammeln, pflanzen
und wässern, Kleinigkeiten reparieren und, besonders wichtig: mit den
Besucher*innen reden. Dazu gehören sowohl die Obdachlosen, die an der
Hasenschänke nächtigen und die beiden Ranger freundlich grüßen, als auch
die junge Frau im Blümchenkleid, die fragt, ob der Bezirk hier nicht einen
kleinen Brunnen aufstellen kann. Wintz notiert sich den Wunsch und
verspricht, ihn an das Straßen- und Grünflächenamt weiterzugeben. „Vielen
Dank für eure Arbeit, ihr seid echte Parkengel!“, sagt die Frau beim Gehen.
„Am häufigsten wünschen sich die Besucher*innen kostenlose Toiletten
und dass etwas gegen die überquellenden Mülleimer gemacht wird“, sagt
Wintz. Dafür gibt es jedoch wenig Hoffnung: Auf taz-Nachfrage bei
Innenstadtbezirken wie Mitte oder Friedrichshain-Kreuzberg heißt es, dass
Anzahl und Umfang von Mülleimern in den vergangenen Jahren bereits erhöht
wurden, eine weitere Aufstockung sei nicht geplant. Ab nächstem Jahr will
die Senatsumweltverwaltung zwar zusätzliche umweltfreundliche und
gendergerechte Toiletten in Parks aufstellen – allerdings nur zwei pro
Bezirk.
Viele freuen sich dennoch über ein offenes Ohr. Im Gegensatz zu den
Parkläufer*innen, wie es sie etwa im Görlitzer Park oder im
James-Simon-Park gibt, die die Besucher*innen auf Fehlverhalten
hinweisen, agieren die Park-Hausmeister*innen nicht restriktiv. „Dafür
gibt es Ordnungsamt und Polizei“, sagt Wintz. Von Schließzeiten und
Alkoholverboten halten die beiden nichts. „Man kann auch positiv auf die
Parks einwirken und etwas verbessern, statt immer nur Verbote
auszusprechen“, sagt Oliver Both-Asmus.
Das sieht die [3][Initiative Freunde des Mauerparks], die sich dort für
nachhaltige und sozialverträgliche Lösungen für Parknutzer*innen
einsetzt, ähnlich. „Zäune und Alkoholverbot sind keine Lösung“, so
Alexander Puell zur taz. Stattdessen brauche es Angebote für Jugendliche
und geeignete Orte, an denen sie sich treffen können. Gemeinsam mit dem
Bezirksamt Pankow entwickelt der Verein derzeit ein Präventionskonzept,
erste Maßnahmen wie ein Awareness-Team sind nach den Sommerferien geplant.
„Es geht nicht darum, die jungen Leute auszusperren, sondern sie mehr
einzubeziehen und zu sensibilisieren“, so Pruell. Verdrängung ist für ihn
keine Lösung. „Mitte hatte letztes Jahr seine Parks dichtgemacht und damit
einen Domino-Effekt ausgelöst“, kritisiert Puell. Die nächtlichen Partys
seien dadurch in den Rest der Stadt abgedrängt worden. „Gelöst war das
Problem damit nicht, alle Bezirke hatten dann den Schaden, auch wir im
Mauerpark.“
Um das zu verhindern, soll eine Arbeitsgruppe aus Bezirken, Polizei,
Senatsinnenverwaltung und der landeseigenen Grün Berlin GmbH nach Lösungen
suchen, um die Sicherheit in Parks zu verbessern. Am vergangenen Donnerstag
tagte sie zum ersten Mal, Ergebnisse sind noch nicht bekannt. Die
unterschiedlichen Positionen auf einen Punkt zu bringen, dürfte jedoch
nicht einfach sein.
In Friedrichshain-Kreuzberg hält man den Vorstoß der Innensenatorin und des
Bezirks Mitte jedenfalls für „wenig sinnvoll“. Beide Maßnahmen könnten zu
Verlagerungen in die Kieze führen, ein Alkoholverbot wäre angesichts der
personellen Kapazitäten des Ordnungsamts schwer durchsetzbar, eine
Schließung von Parks baulich nicht machbar, so eine Sprecherin des
Bezirksamts zur taz.
Ähnliche Töne kommen aus dem Bezirksamt Pankow, das ein generelles
Alkoholverbot für „vollkommen unverhältnismäßig“ hält.
26 Jul 2022
## LINKS
[1] /Volksfest-in-der-Neukoellner-Hasenheide/!5853945
[2] /Partys-in-Berliner-Parks/!5869616
[3] https://www.mauerpark.info/
## AUTOREN
Marie Frank
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