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# taz.de -- Brennpunkt-Projekt im Görlitzer Park: Safe Space im Görli
> Bei Sport 365 kann jede*r im Görlitzer Park Sport treiben – kostenlos.
> Das Projekt holt Kinder von der Straße. Doch für den Winter fehlt ein
> Dach.
Bild: Ein Ort, an dem viel zusammenkommt, im Guten wie im Schlechten: der Görl…
Berlin taz | Mehrere Kinder bilden eine Traube um Jamal Kamani. Sie reden
auf ihn ein und zerren an ihm herum. Als man dazukommt, rufen sie: „Jamal
ist der Beste! Jamal ist der King!“ Jamal Kamani ist Projektleiter der
Sportanlage Sport 365 [1][im Görlitzer Park]. Er sagt: „Das ist ein Safe
Space hier. Mir lagen schon Mütter in den Armen, die mir emotional dafür
gedankt haben, dass es uns gibt.“ Auf Aushängen wird extra darauf
hingewiesen: keine Drogen, keine Zigaretten, kein Alkohol.
Kamani leitet seit 2021 ein erstaunliches Projekt, hier, mitten im Görli,
der sonst immer nur im Gerede ist, wenn es [2][um Dealer und Gewalt im
Park] geht. Auf einer Fläche von insgesamt 6.000 Quadratmetern, die vom
übrigen Park abgezäunt ist, kann man Fußball, Basketball und
Beachvolleyball spielen. Außerdem stehen überdachte Tischtennisplatten zur
freien Verfügung, ein Kicker und sogar ein Billardtisch. Equipment wie
Bälle und Schläger kann man entleihen. Das ganze Angebot ist kostenlos.
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, die Landeskommission Berlin gegen
Gewalt und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport kooperieren als
Träger des Projekts mit Sport 365, einer Unterabteilung des Sportvereins
Turngemeinde in Berlin 1848 e.V. (TiB). Die Idee von Sport 365 ist es, das
Treiben von Sport im öffentlichen Raum zu ermöglichen, „niedrigschwellig
und unkompliziert“, wie Kamani es beschreibt. Wer auf der Sportanlage im
Görli vorbeischaut, ist kein Vereinsmitglied, sondern in den Worten Kamanis
ein „Community member“. Und das kann jeder und jede sein, auch die Dealer �…
solange sie sich an die Regeln halten: „Wir schließen niemanden aus, alle
sind willkommen“, so Kamani.
Die Sache läuft: Im vergangenen Jahr wurde die Anlage peu à peu in Betrieb
genommen, eine Zeit lang habe man sich die Fläche noch mit Hundebesitzern
geteilt, so Kamani. Seit ein paar Monaten regiert an dieser Stelle allein
der Sport. Von 13 bis 21 Uhr ist hier jeden Tag geöffnet.
Voll ist es beinahe immer hier: Auf einem der Basketballcourts treten zwei
spontan zusammengewürfelte Teams gegeninander an, einen weiteren teilen
sich ein junger Mann und ein Mädchen, die beide abwechselnd versuchen, den
Ball im Korb zu versenken. Die Tischtennisplatten sind sowieso immer
belegt. Die Schläger, die man bekommt, mögen ihre besten Tage schon hinter
sich haben, aber ein Ehepaar aus der Nachbarschaft sagt, die Platten hier
seien besser als in ihrem Tischtennisverein. Drei junge Frauen aus
Kreuzberg sind ebenfalls begeistert – sie wollen demnächst wiederkommen,
zum Beachvolleyball spielen.
## Alles blieb friedlich
Kamani sagt, als es losging mit dem Projekt, habe es Befürchtungen gegeben,
dass dieses nicht funktionieren werde, hier, mitten in einem der
Brennpunkte der Stadt. Aber bislang sei alles stets friedlich gewesen –
abgesehen von den üblichen Rangeleien im sportlichen Eifer. Aber eine
Schlägerei habe es nie gegeben, versichert er, und „auch keine Probleme mit
Drogen“.
Das Ganze soll sich nun weiterentwickeln, zu einem sozialen Ort mit
Leuchtturmcharakter. Kamani spricht von Graffiti-Workshops, die er hier in
Zukunft auch noch anbieten möchte, und sogar von einem kleinen Musikstudio
auf dem Gelände.
Doch vorerst stellt sich eine ganz andere Frage. Sport 365 steht dafür, der
Name deutet es bereits an, das ganze Jahr über Sportmöglichkeiten anbieten
zu können, also auch im Winter. Doch Ende Oktober wird es kritisch, glaubt
Kamani. Die Idee ist deswegen, große Teile der Sportanlage zu überdachen,
etwa mit einem Zelt, ausgestattet mit einer energiesparenden Heizung. Damit
die Kinder hier auch im Winter einen „Safe Space“ haben. Und alle, die
ebenfalls Lust darauf haben, sich auch in den kalten Monaten fit halten zu
können.
Aber ganz so einfach wie erhofft ist das nicht. „Die Frage der Überdachung
ist umweltrechtlich und baurechtlich komplex, da es sich hier um
Baumaßnahmen im Außenbereich handelt“, sagt ein Pressesprecher des
Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg auf Anfrage. Zudem sei “vereinbart,
dass zunächst eine positive Evaluation vorliegen muss, bis über das weitere
Vorgehen entschieden wird. Hierzu wird es im Oktober ein Treffen zwischen
Bezirk und Verein geben.“
Wenn man sieht, wie gut es hier läuft und wie groß der Zuspruch ist, kann
man nur hoffen, dass es klappt mit dem Dach über den Sport treibenden
Köpfen – am besten, bevor der Winter kommt.
19 Sep 2022
## LINKS
[1] /Drogenhandel-in-Berlin-Kreuzberg/!5738936
[2] /Drogenhandel-in-Berlin/!5709507
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Görlitzer Park
Sozialer Brennpunkt
Kreuzberg
Sexualisierte Gewalt
Görlitzer Park
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Parks
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Polizei Berlin
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