# taz.de -- Match Cut Festival in Berlin: Techno im klassischen Ambiente | |
> Als Gruppe für Neue Musik hat das Zafraan Ensemble keine Scheu vor | |
> Experimenten. Bei seinem „Match Cut Festival“ maß es sich an Barock und | |
> Techno. | |
Bild: Gut zum Schärfen der Kontraste, nicht nur in der Neuen Musik: das Zafraa… | |
Es ist ja überhaupt kein Problem, sich von, sagen wir mal, barocker | |
Tafelmusik über ausgefuchste Neue Musik zu einem Techno-Brett zu hören. | |
Wenn man es eiliger hat, mag man das, hier mal angespielt, dort | |
reingezappt, sogar als Medley in einem Stück schaffen. Das geht ganz bequem | |
mit der Musik im Zeitalter ihrer technischen Verfügbarkeit, da muss man | |
nicht mal mehr eigens viele Platten angesammelt haben. | |
Fragt sich aber, warum man das machen sollte, so einen | |
Barockneuemusiktechno-Parcours? | |
Antwort: Weil man es halt kann. Und weil da wiederum Fragen drinstecken, | |
mit denen man ruhig arbeiten darf und die weiter reichen als nur das | |
Feststellen einer a) Beliebigkeit oder b) eines breiter aufgestellten | |
musikalischen Interesses. Weil mit Beliebigkeit hatte das „Match Cut | |
Festival“ bestimmt nichts zu tun, mit dem das [1][Zafraan Ensemble] | |
kürzlich genau das (und mehr) zusammenbrachte: Barockes, Neue Musik, | |
handgeschnetzelten Techno. Was sich auf dem Papier erst mal viel disparater | |
anhörte als dann bei dem Festival im Berliner Kühlhaus. | |
Match Cut ist ein Begriff der Filmmontage: Wenn scheinbar nicht zueinander | |
passende Bilder so ineinander geschnitten werden, dass es eine Bewegung | |
ergibt. | |
## Zwei Konzertrunden bei eintägigem Festival | |
Und das probiert das Zafraan Ensemble eben mit Musik. Für seine dritte | |
Ausgabe des Festivals hatte es einerseits die [2][Akademie für Alte Musik | |
Berlin] geladen und andererseits das Technotrio [3][Brandt Brauer Frick]. | |
In zwei langen Konzertrunden wurde bei dem eintägigen Festival hin und her | |
gespielt und manchmal auch zusammen. Um Beziehungen zu prüfen, Querverweise | |
hörbar zu machen. Auch Gegensätze zu schärfen. | |
Also experimentelles Hören. Schön, wie sich die Ohren mal ausruhen durften | |
und wohl auch der Kopf dazwischen, wenn nach so einem fordernden | |
Neue-Musik-Stück eine ruhig pulsierende Barock-Komposition kam. Und dass | |
man, in Folge mit mehr Barock gefüttert, meinen wollte, dass diese Musik | |
auf Dauer doch arg nach gepuderter Perücke schmeckte und aufgetragenem | |
Rüschenhemd. Schon schön, aber … dass man sich schlicht wieder mehr an | |
Gegenwärtigkeit und damit halt auch Dissonanzen in der Musik wünschte. Was | |
man bekam. Zum Beispiel mit dem großartigen „Concerto grosso Nr. 1“ von | |
Alfred Schnittke, eine postmoderne Tour de Force, wo der Komponist selbst | |
mit barocken Elementen spielte. | |
Im zweiten Teil des Festivals flutschte mit dem Stichwort Minimalismus | |
alles sogar noch mehr ineinander, ohne an Reibung zu verlieren, von | |
klassischer Minimal Music über ein gewaltiges Schlagzeugsolo („Rebonds B“ | |
von Xenakis) schließlich zu Brandt Brauer Frick mit der entschiedenen | |
Bewegung hin zum Dancefloor. | |
Und dass man bei diesem Setting nebenbei noch bemerken durfte, dass die | |
Rezeptionshaltung nun etwas hemdsärmliger war und plauderbereiter als im | |
ersten Teil des Abends, dass manche jetzt auch rumliefen mit dem Bier in | |
der Hand, bereit für den Club, sagt schon auch gleich wieder was. | |
Es muss also gelten: Musik ist Musik. Aber halt doch immer anders. | |
29 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://zafraanensemble.com/ | |
[2] https://akamus.de/de | |
[3] /Komplexe-Rhythmen-Brandt-Brauer-Frick/!5340510 | |
## AUTOREN | |
Thomas Mauch | |
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