# taz.de -- Urteil zur A 20 in Niedersachsen: Autobahnbau im Moor gestoppt | |
> Wegen Verfahrensfehlern darf das erste Stück der A20 nicht gebaut werden. | |
> Dass Moore zerstört würden, sei allerdings kein Grund, den Neubau | |
> abzusagen. | |
Bild: Aktivist:innen des BUND protestierten im Mai vor dem Bundesverwaltungsger… | |
BREMEN taz | Nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben hat am Donnerstag das | |
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den [1][Bau der „Küstenautobahn“ A20] | |
in Niedersachsen. Zwar erklärte das Gericht den Planfestellungsbeschluss | |
für das 13 Kilometer lange Teilstück zwischen Westerstede und Jaderberg | |
nördlich von Oldenburg für rechtswidrig, aber das nur, weil die | |
Planfeststellungsbehörde einen Verfahrensfehler bei der Berechnung von | |
Emissionen gemacht hat, die ein Naturschutzgebiet beeinträchtigen könnten. | |
Abgewiesen hat das Gericht in seiner Entscheidung alle weiteren Punkte der | |
Klage des Umweltschutzverbandes BUND. Dieser hatte vor allem darauf | |
abgehoben, dass der Autobahnneubau mehrere Moore zerstören wird, was | |
Treibhausgase in erheblicher Menge freisetzt und daher Deutschlands | |
Selbstverpflichtung zum Klimaschutz konterkariere. | |
Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht, was es bereits in der | |
Verhandlung im Mai angedeutet hatte. „Das Klimaschutzgesetz war im | |
maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch | |
nicht in Kraft getreten und musste daher nicht berücksichtigt werden“, | |
heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts vom Donnerstag. Daran ändere | |
auch die „besondere Bedeutung und Dringlichkeit des Klimaschutzes“ nichts. | |
Der BUND bezeichnet das Urteil dennoch als „Teilerfolg im Kampf gegen die | |
A20“, hieß es in einer Pressemitteilung der BUND-Vorsitzenden des Landes | |
Niedersachsen, Susanne Gerstner. „Wir konnten im Verfahren nachweisen, dass | |
die zuständige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr eine in gleich | |
mehreren entscheidenden Punkten fehlerhafte Berechnung zur | |
Stickstoffbelastung vorgelegt hat. Bei Realisierung der A20 muss mit | |
erheblichen Beeinträchtigungen eines wertvollen Schutzgebietes gerechnet | |
werden.“ | |
## Bau setzt 450.000 Tonnen Kohlendioxid frei | |
Allerdings sagte sie auch, es sei „sehr bedauerlich, dass das Gericht in | |
seiner formaljuristischen Prüfung den Klimaschutz vollständig ausgeblendet | |
hat“. Denn die A20 soll sowohl in Niedersachsen als auch in | |
Schleswig-Holstein zur Hälfte durch Marsch- und Moorgebiete führen. | |
[2][Beide Bodenarten haben die Eigenschaft, sehr viel Treibhausgase zu | |
binden]. Moore sollen im Mittel rund 700 Tonnen Kohlendioxid je Hektar | |
speichern, sechsmal mehr als ein Hektar Wald, schreibt das Landesumweltamt | |
Baden-Württemberg auf seiner Homepage. | |
Allein für die ersten beiden Bauabschnitte in Niedersachsen würden 1,8 | |
Millionen Kubikmeter Torf ausgehoben, schreibt der BUND in seiner | |
Pressemitteilung. Dabei würden 450.000 Tonnen Kohlendioxid freigesetzt. Der | |
Bau der A20 würde daher die Klimakrise „massiv verstärken“. | |
Vor sechs Jahren hatte das Bundesumweltamt ausgerechnet, dass der Bau der | |
Autobahn auf niedersächsischer Seite die mit Abstand negativste | |
Umweltbilanz aller [3][Vorhaben des Bundesverkehrswegeplans 2030] aufweise | |
und daher gestrichen werden solle. Dennoch hielten bisher sowohl die | |
Bundesregierung als auch das Land Niedersachsen und das Land | |
Schleswig-Holstein an der Küstenautobahn fest, die Polen über | |
Norddeutschland mit den Niederlanden verbinden soll (siehe Infokasten). | |
Auch die Regierungsbeteiligungen der Partei Die Grünen hat an dieser | |
Haltung bislang noch nichts geändert. | |
## „Wir haben Zeit gewonnen“ | |
Aufgeben wollen die A20-Gegner:innen nicht. Die Planfeststellungsbehörde | |
müsse jetzt nachbessern, das werde Jahre dauern. „Wir haben noch einmal | |
Zeit gewonnen“, sagte Susanne Grube, Vorsitzende des BUND Ammerland der | |
taz. „In dieser Zeit wird der politische Druck größer werden. Wir merken ja | |
alle, was los ist.“ Aktuell sagen die Wetterdienste für Norddeutschland für | |
Mitte Juli Temperaturen um die 40 Grad Celsius voraus. Auch eine Klage vor | |
dem Europäischen Gerichtshof sei daher nicht ausgeschlossen. | |
Auch bei drei anderen Teilabschnitten der A20 gibt es einen Baustopp | |
aufgrund für rechtswidrig erklärter Planfeststellungsverfahren, etwa bei | |
Bad Segeberg wegen fehlenden Fledermausschutzes. | |
Die Grünen im niedersächsischen Landtag forderten die Bundesregierung aus | |
SPD, Grünen und FDP dazu auf, den Baustopp zu nutzen, „den veralteten | |
Bundesverkehrswegeplan als bisherige Grundlage für viele unsinnige | |
Autobahnprojekte zügig zu überprüfen“, so wie es im Koalitionsvertrag | |
vereinbart sei. | |
8 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Besuch-in-A20-Protestcamp-bei-Oldenburg/!5836238 | |
[2] /Schutz-fuer-Moore/!5842438 | |
[3] /Vekehrsplanung-for-future/!5853812 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
## TAGS | |
Moor | |
Verkehrswende | |
Autobahn | |
A20 | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
A20 | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Landtagswahl in Niedersachsen | |
Niedersachsen | |
CDU Schleswig-Holstein | |
Bundesverkehrswegeplan | |
Moor | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verkehrsclub-Vorstand über die A20: „Die Behörden lassen nicht locker“ | |
Mit Sternfahrten protestieren Autobahngegner:innen am Wochenende | |
gegen einen Weiterbau der Autobahn A20. Jens Deye fordert einen | |
Planungsstopp. | |
Proteste gegen Autobahnbau in Frankfurt: Fechi und Lützi sollen bleiben | |
Eine geplante Autobahn durch den Fechenheimer Wald sorgt in Frankfurt für | |
Proteste. Wie in Lützerath Enttäuschung über die Grünen. | |
Koalitionsvertrag in Niedersachsen: Mehr Klimaschutz, kaum Begeisterung | |
Fridays for Future, Grüne Jugend, Polizeigewerkschaft und Steuerzahlerbund: | |
Am Koalitionsvertrag in Niedersachsen findet jeder ein bisschen zu mäkeln. | |
Umstrittene Autobahn 20: Küstenautobahn wird deutlich teurer | |
Weil weite Teile der geplanten Autobahn 20 durchs Moor führen, geht der | |
Bund von einer massiven Kostensteigerung aus. Die Linke kritisiert das. | |
Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein: Schwarz-Grün prüft erst mal | |
Die neue Landesregierung in Kiel hat sich viel vorgenommen. Aber zur ersten | |
Sitzung des neuen Landtags gibt es auch Kritik am Koalitionsvertrag. | |
Vekehrsplanung for future: BUND fordert Verkehrsmoratorium | |
Der Umweltverband will die Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans nutzen, | |
um im Sinne des Klima- und Artenschutzes umzusteuern. | |
Bewässerung für trockene Moore: Landwirtschaft im Moor? | |
Moore können einfach befeuchtet werden: Es braucht Wasser, kreative Ideen – | |
und helfende Hände. Sogar eine landwirtschaftliche Nutzung ist denkbar. |