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# taz.de -- Nach Petros Wahlsieg in Kolumbien: Neuer „progressiver Zyklus“?
> Eine Reihe von linken Wahlsiegen in Lateinamerika zeigt die Unfähigkeit
> der Rechten – aber auch die enormen Herausforderungen für linke
> Regierungen.
Bild: Die Begeisterung ist groß, die Aufgaben für den künftigen Präsidenten…
Berlin taz | Nun also auch Kolumbien: Wie zuvor schon [1][Chile],
[2][Peru], [3][Honduras], [4][Argentinien] und [5][Bolivien] und womöglich
noch in diesem Jahr [6][Brasilien] erlebt auch Kolumbien eine Linkswende
durch Wahlen. Es wäre Unsinn, die verschiedenen Wahlsiege einfach
gleichzusetzen. Es gibt zu viele länderspezifische Besonderheiten, um
einfach einen neuen „progressiven Zyklus“ in Lateinamerika auszurufen wie
Anfang der 2000er Jahre, als Lateinamerikas Linkswende mit Namen wie Hugo
Chávez in Venezuela, Evo Morales in Bolivien und Rafael Correa in Ecuador
verbunden warDie Bedingungen haben sich geändert, auch die sozialen
Bewegungen, die linke Wahlerfolge möglich machen, sind nicht mehr genau
dieselben wie vor 20 Jahren. Die [7][Frauenbewegung] etwa ist seither zu
einer der wichtigsten Akteurinnen der Mobilisierung gegen althergebrachte
Systeme geworden.
Was sich allerdings nicht geändert hat: Die Unfähigkeit der traditionell
konservativen Macht- und Herrschaftsapparate, auf die diversen Gegenwarts-
und Zukunftsfragen irgendwelche Antworten zu finden. Gerade auch jene, die
unter dem „Anti-Establishment“-Label angetreten sind – allen voran
Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro –, haben sich als hochkorrupt und
politisch unfähig erwiesen. Die Wahl Gustavo Petros in Kolumbien ist auch
eine Antwort auf seinen Gegenkandidaten [8][Rodolfo Hernández], der als
„Trump Kolumbiens“ schon im Wahlkampf lautstark seine Ahnungslosigkeit
zelebrierte.
Vor den verschiedenen progressiven Regierungen steht trotz aller
Unterschiede zumindest eine gemeinsame Aufgabe: die Befriedigung der
unmittelbaren sozialen Bedürfnisse der großen ärmeren Bevölkerungsschichten
bei gleichzeitigem ökologisch-nachhaltigem Umbau der seit jeher auf
Ausbeutung der natürlichen Ressourcen aufgebauten Wirtschaften. Genau davor
waren die Linksregierungen vor 20 Jahren zurückgeschreckt: Sie nutzten
schlicht hohe Rohstoffpreise, um sozial umzuverteilen. Das war
Sozialpolitik ohne Transformation, letztlich Klientelismus ohne Zukunft. Es
wird heute darum gehen, das anders zu machen.
Nur ist das wirklich schwierig. Einerseits verleitet der ungebrochene
globale Rohstoffhunger dazu, auf das gleiche Modell zu setzen wie vorher –
wenn etwa Deutschland mehr Kohle aus den ökologisch grauenhaften Tagebauen
Kolumbiens kaufen will, um von Lieferungen aus Russland wegzukommen.
Andererseits wird der Widerstand der politischen Rechten und
wirtschaftlichen Machteliten auch einem Gustavo Petro das Regieren
keinesfalls leicht machen: Im Parlament hat er keine klare Mehrheit, er
wird Kompromisse suchen müssen. Die Geschichte vergangener Linksregierungen
in Lateinamerika zeigt die Gefahr, dass die Euphorie dieses Wochenendes
schon in ein bis zwei Jahren einem großen Frust gewichen sein könnte.
20 Jun 2022
## LINKS
[1] /Amtsantritt-von-Gabriel-Boric/!5838576
[2] /Neuer-Praesident-in-Peru/!5790332
[3] /Gegen-Korruption-in-Lateinamerika/!5827558
[4] /Wahlen-in-Argentinien/!5636360
[5] /Nach-Praesidentschaftswahlen-in-Bolivien/!5720539
[6] /Brasiliens-Ex-Praesident/!5853183
[7] /Feministisches-Manifest-aus-Chile/!5751295
[8] /Stichwahl-in-Kolumbien/!5858239
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Gustavo Petro
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