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# taz.de -- Parlamentswahlen in Frankreich: Im Haus Macron riecht es angebrannt
> Kurz nach den Präsidentschaftswahlen bekommt Macron den ersten
> Denkzettel: Bei den Parlamentswahlen kommt das linke Wahlbündnis von
> Mélenchon nahe.
Bild: Mélenchons Reaktion auf das Wahlergebnis
Für Präsident Emmanuel Macron wird das Regieren in Frankreich nach den
Parlamentswahlen kompliziert. Aufgrund der Ergebnisse der ersten Runde
könnte er seine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verlieren.
Falls seine Koalition aber am kommenden Sonntag weniger als die Hälfte der
577 Abgeordnetensitze erringt, muss er für Kompromisse vermutlich den
Konservativen politische Zugeständnisse machen, die bisher in der
Opposition waren. Noch ist nichts verloren für Macron und seine Allianz
„Ensemble!“, doch in Anbetracht der enttäuschenden Ergebnisse für mehrere
kandidierende Minister*innen und andere prominente „[1][Macronisten]“
riecht es ein wenig angebrannt. Die linke Wahlunion NUPES dagegen jubelt
schon, und ihr linkspopulistischer Chef [2][Jean-Luc Mélenchon] will
weiterhin glauben machen, dass er Frankreichs nächster Premierminister
werde.
Die französische Republik hat ihre Besonderheiten, die – selbst mit freund-
oder nachbarschaftlichem Wohlwollen betrachtet – manchmal etwas eigenartig
anmuten. Nur gerade sieben Wochen ist es her, dass die Französinnen und
Franzosen ihren Präsidenten mit mehr als 58 Prozent der Stimmen
wiedergewählt haben. Und nun wollen die Bürger*innen den Präsidenten
bereits wieder desavouieren oder in die Schranken weisen.
Der Urnengang am Sonntag war die beste Gelegenheit, ihn zu etwas weniger
Arroganz zu mahnen. Denn bei den Präsidentschaftswahlen hatte [3][Macron]
ja im ersten Wahlgang das Vertrauen von nur 28 Prozent der Stimmen
erhalten. In der Stichwahl optierten dann aber viele lediglich für ihn,
weil sie ihn als kleineres Übel im Vergleich mit der Rechtsextremen Le Pen
vorzogen. Das relativiert die Mehrheit, mit der Macron – ähnlich wie schon
seine Vorgänger – im Finale schließlich gewonnen hat.
In solchen Fällen aber bleibt immer ein ungutes Gefühl oder gar der
Vorwurf, er sei ja gar nicht als Kandidat einer echten Mehrheit des Volks
gewählt worden. Die Stimmberechtigten wollten ihm das nun auf ihre Art in
Erinnerung rufen. Dass die Allianz der Regierungsparteien „Ensemble!“ nach
den definitiven Ergebnissen nicht klar führt, sondern praktisch ex aequo
mit der linken Union NUPES (Nouvelle Union Populaire Écologique et Sociale)
gleich zieht, ist allein schon eine Schmach für die bisherige Mehrheit und
ihren Staatschef.
Gerade weil zudem in Frankreich der Staatschef über fast beängstigend große
Machtbefugnisse verfügt, haben die Bürger*innen ohnehin regelmäßig das
Bedürfnis, ihrem gewählten „Monarchen“ einen Denkzettel zu erteilen. Die
Regeln der Wahldemokratie geben ihnen die Mittel dazu. Und voraussichtlich
kommt Präsident Macron eigentlich noch glimpflich davon, falls nicht völlig
wider Erwarten die NUPES mit einem Erdrutschsieg eine Mehrheit erhält. Denn
zwei seiner Vorgänger (François Mitterrand und Jacques Chirac) mussten nach
verlorenen Parlamentswahlen in einer „Cohabitation“ mit einem politischen
Gegner als Premierminister auskommen und ihre Macht teilen. Dass in der
zukünftigen Nationalversammlung die Oppositionsparteien wesentlich stärker
als bisher sind, kann die Demokratie in Frankreich nur beleben.
13 Jun 2022
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## AUTOREN
Rudolf Balmer
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