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# taz.de -- Stichwahlen in Frankreich: Macrons taktisches Dilemma
> Im entscheidenden Durchgang der Parlamentswahlen stehen sich oft zwei
> Kandidat*innen gegenüber. Das bringt das Macron-Lager in eine
> Zwickmühle.
Bild: Le Pen verhindern ohne Präsident Macrons Partei „La République en Mar…
Paris taz | Nur fünf Kandidat*innen haben im ersten Durchgang der
französischen Parlamentswahlen ihren Abgeordnetensitz auf Anhieb errungen.
Vier davon gehören zur linken Volksunion Nupes, die immer noch hofft, den
Staatspräsidenten Emmanuel Macron im zweiten Wahlgang um seine Mehrheit in
der Nationalversammlung zu bringen. Im ersten Durchgang lag das
[1][Macron-Lager nur hauchdünn vor der linken Union]. In fast allen
Wahlkreisen kommt es am Sonntag zu Wahlduellen, nur in ganz wenigen Fällen
konnten sich drei Kandidat*innen für das Finale qualifizieren.
Das ist die Konsequenz [2][eines Wahlsystems], das die Sitze nicht nach den
prozentualen Ergebnissen von Listen zuteilt. In wenigen Fällen haben sich
Drittplatzierte von Nupes freiwillig zurückgezogen, damit nicht die extreme
Rechte das Rennen macht.
Vor einem Dilemma steht nun Macrons politische Allianz Ensemble, wenn in
den Wahlduellen Vertreter*innen der Nupes gegen die extreme Rechte von
Marine Le Pens Rassemblement National (RN) antreten. Wie soll da die
Wahlempfehlung für die Finalrunden ohne eigene Bewerber*innen lauten?
Für die bürgerliche Rechte ist da die Sache klar: Sie empfiehlt ihren
Anhänger*innen, gar nicht zwischen „Extremisten“ von links und rechts zu
wählen. Doch für die Macronisten, die sich politisch in der Mitte und
sowohl links wie rechts situieren, wird die Antwort auf die taktische Frage
der Wahlparole schon komplizierter.
Sollen sie generell oder nur von Fall zu Fall die linke Nupes, eine Allianz
von Sozialisten, Kommunisten und Grünen mit Jean-Luc- Mélenchons France
insoumise (LFI), gegen das rechtsextreme RN unterstützen? Oder sich für
neutral erklären und die Wahl den Bürger*innen überlassen oder
empfehlen, einen leeren Wahlzettel in die Urne einzulegen?
## Macrons Mehrheit wackelt
Da für den Staatspräsidenten bei diesen Wahlen die [3][Linke eindeutig der
Hauptgegner ist], fällt es seiner Allianz erst recht schwer, der an die
Macht drängenden Nupes irgendeinen Vorzug zu geben – oder sie für weniger
gefährlich zu erklären als Marine Le Pens Kandidat*innen.
Wie sehr der Präsident selbst beunruhigt ist, belegt sein Appell auf seiner
Reise nach Rumänien und Moldawien in den vergangenen Tagen. Vor dem Abflug
ersuchte er seine Landsleute, ihm „im höheren Interesse der Nation“ am
Sonntag eine „klare und solide Mehrheit“ zu geben. Diese benötige er, um
seine Reformen zu verwirklichen, seine Außenpolitik fortzusetzen und den
Einfluss Frankreichs in der Welt geltend zu machen.
Bei einer Nupes-Wahlveranstaltung in Toulouse am Dienstagabend höhnte
Jean-Luc Mélenchon, der selbst nicht für einen Abgeordnetensitz antritt: Ob
Macron nun jedes Mal einen solchen „Sketch auf der Landepiste“ vorhabe?
Doch seine eigene Linie ist kaum klarer. In den 108 Wahlkreisen, in denen
die Nupes ausgeschieden ist, lautet die Devise der Wahlunion lediglich:
„Keine Stimme für die extreme Rechte.“
Genau das hatte Mélenchon auch für die Stichwahl der Präsidentschaftswahlen
gesagt, an der er als Drittplatzierter nicht teilnehmen konnte. In sieben
Fällen allerdings empfiehlt die Nupes explizit, Kandidat*innen der
bisherigen Regierungsmehrheit zum Sieg über den RN zu verhelfen.
## Ende der „republikanischen Front“?
Lange gab es in Frankreich die stillschweigende Regel der „republikanischen
Front“, um eine Wahl von Leuten der Le-Pen-Partei zu verhindern. Damit
sollte verhindert werden, dass die Politiker*innen einer rassistischen
Rechten die Legitimität einer parlamentarischen Vertretung erhalten. Die
linken Parteien haben diese Regel konsequent respektiert.
Nach einigem Hin und Her will sich nun Macrons Allianz Ensemble
grundsätzlich an diese Tradition halten, und ihre Wähler*innen
auffordern, keine RN-Leute zu wählen. Ebenso wenig aber komme es in Frage,
Nupes-Kandidat*innen den Vorzug zu geben, wenn diese „die Werte der
Republik nicht respektieren, die Polizisten beschimpfen, die Ukraine nicht
unterstützen oder aus Europa austreten wollen“. So wenigstens versuchte
[4][Premierministerin Elisabeth Borne] eine Trennlinie zu definieren. Wer
damit nicht zufrieden ist, muss selbst entscheiden.
17 Jun 2022
## LINKS
[1] /Parlamentswahlen-in-Frankreich/!5860458
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[4] /Neue-Regierungschefin-in-Frankreich/!5855447
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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