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# taz.de -- Spar-Kampagne auf Stromfresser-Flächen: Kontraproduktive Werbeträ…
> In Hamburg wird fürs Energiesparen geworben – auf stromverbrauchenden
> Werbetafeln. Naheliegend wäre, dass solche Tafeln aus der Stadt
> verschwinden.
Bild: Stromfressende Kampagne fürs Stromsparen: digitale Werbetafel in Hamburg
Es ist schon ein paradoxes Bild, das sich seit einigen Tagen an ziemlich
vielen Orten in Hamburg und darüber hinaus bietet: Hell flimmernd auf
Werbeflächen, die so groß sind wie ein durchschnittliches Hamburger
WG-Zimmer, werden Sie, ich – wir alle – zum Stromsparen animiert.
„Wer Energie spart, stärkt Deutschlands Unabhängigkeit“, prangt auf
digitalen Werbetafeln zu jeder Tages- und Nachtzeit. Mal wird die Botschaft
untermalt mit dem Hinweis, dass ein Energiespar-Duschkopf für satte
Reduktionen des Energieverbrauchs für Warmwasser sorgt; mal kommt der
Ratschlag, dass der Gefrierschrank ja auch abgetaut werden könne – das
spare schließlich bis zu 50 Prozent Energie.
In der ganzen Republik hat das Klima- und Wirtschaftsministerium unter
Robert Habeck (Grüne) derlei Anzeigen auf digitalen Werbetafeln geschaltet.
Doch in Hamburg fällt es zusammen mit der vor einigen Wochen gestarteten
[1][Volksinitiative „Hamburg Werbefrei“]. Die setzt sich für ein Ende
digitaler Werbetafeln auf öffentlichem Grund ein und würde am liebsten,
auch aus ökologischen Gründen, Werbung gänzlich aus dem Stadtbild
entfernen.
Und die Initiative hat den Widerspruch der [2][Kampagne] natürlich schnell
gemerkt: „Wenn die Lage tatsächlich so ernst ist: Was wäre verzichtbarer
als Werbung?“, fragt ihr Sprecher Martin Weise und fordert deshalb, doch
die digitalen Werbeanzeigen abzuschalten. Recht hat er.
## Geld oder Energiesparen?
27 Millionen Euro kassiert die Stadt pro Jahr durch die Vermietung der
öffentlichen Flächen an die Werbetafelbetreiber. Wenig Geld, das die Stadt
für die öffentlichen Belange ausgeben kann, ist das natürlich nicht.
Andererseits: Auch Hamburgs rot-grüner Senat meint sich im Klaren darüber,
dass wir alle angesichts der Klima- und Umweltkrisen umsteuern müssen. Die
beste Kilowattstunde Strom ist die nicht verbrauchte, heißt es ja nicht
erst seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine. Oder um es in den
Worten von Habecks Werbeanzeige zu sagen: „Jede Kilowattstunde zählt.“
Die großen digitalen Tafeln verbrauchen im Jahr etwas mehr als 40.000
[3][Kilowattstunden]. 40.000-fach zählt also gerade jede dieser Werbetafel,
weil die Wärme- und Energiewende ja blöderweise zu langsam vorankommt. Bei
einem Zwei-Personen-Haushalt liegt der durchschnittliche Gesamtverbrauch
bei rund 3.500 Kilowattstunden. Was bei diesem Verbrauch alles etwas
unnötig und einsparbar ist, mag gern zur Debatte stehen.
Ein bisschen kürzer zu duschen ist sicherlich keine übertriebene
Freiheitseinschränkung – und würde in der Summe tatsächlich eine ganze
Menge bringen. Aber jede kommerzielle Werbung auf fetten LED-Bildschirmen
ist ganz sicher unnötig und einsparbar – auch wenn dort manchmal sinnvolle
Kampagnen laufen, wie Habecks Einsparappelle. Die jedoch könnte er auch
anders und ressourcenschonender kommunizieren. Die Stadt Hamburg sollte da
nun mutig vorangehen und die Verträge mit den Werbetafelbetreibern
aufkündigen.
22 Jun 2022
## LINKS
[1] /Volksinitiative-gegen-Werbetafeln/!5847047
[2] /Krieg-und-Klimakrise/!5860295
[3] /Hamburger-Initiative-will-Volksentscheid/!5775966
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Hamburg
Werbung
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Ukraine
Energiequellen
Schwerpunkt Klimawandel
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