# taz.de -- Virtuelle Realität in der Kunst: Abtauchen im künstlichen Raum | |
> Weil die virtuelle Realität sowieso nicht aufzuhalten ist, sollte sich | |
> auch die Kunst damit befassen. Beim VRHAM-Festival in Hamburg gab es | |
> Einblicke. | |
Bild: Abtauchen im „Ultramarin“-Programm | |
„Festival“ ist ein großes Wort. Man stellt sich viele Menschen vor, ein | |
mehrtägiges Programm, viele Veranstaltungsorte und Ausschweifungen | |
verschiedener Art. | |
Auch das Hamburger Kulturangebot VRHAM! nennt sich Festival, in diesem | |
Fall für „Virtual Reality & Arts“. Aber hier ist es nur eine Handvoll | |
Leute, die sich an jenem Nachmittag vergangenes Wochenende vor einer | |
Backsteinhalle im Hamburger Oberhafenquartier eingefunden hat. Alle haben | |
sich vorher für einen Slot von einer Stunde Besuchszeit angemeldet, dann | |
kommt die nächste Gruppe. So geht das zwei Nachmittage, dann ist das | |
Festival wieder vorbei. | |
Im Eingangsbereich steht der Kurator Ulrich Schrauth mit Sakko zur Jeans | |
und sagt ein paar einführende Worte zu dem, was er kuratiert hat: Das | |
Programm heißt „[1][Ultramin]“, und es geht um das Thema Wasser und | |
Fluidität. Das Festival ist letztlich eine Ausstellung mit acht Arbeiten. | |
VR steht für [2][Virtual Reality], und das bedeutet unter anderem: Vier der | |
Kunstwerke sind kurze Filme, die sich die Ausstellungsbesucher*innen | |
mit VR-Brillen anschauen. | |
Das Festival muss auch deswegen klein bleiben, weil die Brillen hochwertig | |
und teuer sind und es für die technische Betreuung der Besucher*innen | |
vergleichsweise viele Helfer*innen braucht. Man nimmt also Platz, setzt | |
die Brille auf und taucht ein in eine surreale Situation, in der man sich | |
umsehen kann wie in der echten Welt, also: 360 Grad, oben, unten, überall | |
gibt es etwas zu sehen. | |
Im Fall der Arbeit [3][„Oceanic Feeling“] von Joey Bania und Lion Bischof | |
befindet man sich in einer Unterwasserwelt, oben ist eine Wasseroberfläche, | |
unten ein Meeresboden, rechts und links eine Art Tornado. Über der | |
Wasseroberfläche ist dann das All und eine unwirklich scheinende Sonne. | |
Alles fließt und wandelt sich, auch Fragmente von Fotos mit Menschen an | |
einem Strand tauchen auf. Auf der Tonebenen gluckst und rauscht es. | |
Es ist eine esoterisch angehauchte Naturerfahrung im komplett künstlichen | |
Raum. Hat was. Allerdings schaut jeder für sich allein. Die Idee, dass ein | |
Festival von Begegnung und Austausch lebt, ist hier kaum zu haben. | |
Nebenan erzählt Christophe Monchalins Arbeit [4][„Muted“] vom Leben eines | |
jungen Mädchens. Die Brillenträger*innen sehen einen dunklen Raum, in | |
dem netzartige Stränge verlaufen, wie überdimensionale Papillarleisten | |
einer Hand oder ein Spinnennetz im All. An bestimmten Knotenpunkten stoppt | |
die Kamerafahrt, und es explodieren Worte und Zeichnungen. Es sind | |
Stationen im Leben des Mädchens. Der Brillenträger neben mir sagt: „Toll!�… | |
und er hat recht. | |
Die VR-Kunst lebt von einem technischen Wow-Erlebnis, das im Alltag sonst | |
(noch) nicht zu haben ist. Die VR-Kunst ist eine Selbsterfahrungskunst, sie | |
will eine Stimmung kreieren und beweisen, dass so eine virtuell erlebte | |
Welt einen tiefen Eindruck hinterlassen kann. Es ist gut, dass sich [5][die | |
Kunst der Technik annimmt]. Denn sie wird unweigerlich kommen: Dafür sorgen | |
vor allem die Gamer – und das Militär. | |
12 Jun 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.vrham.de/programm_2022/ | |
[2] /Virtual-Reality/!t5045312 | |
[3] https://vimeo.com/708126871 | |
[4] https://www.muted-vr.com/ | |
[5] /Virtual-Reality-in-der-JSC-Berlin/!5854905 | |
## AUTOREN | |
Klaus Irler | |
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