# taz.de -- Beschluss über Bundeswehr-Sondervermögen: Des einen Leid, des and… | |
> Die von Ampel und Union ausgehandelte Einigung zum 100 Millarden | |
> Sondervermögen für die Bundeswehr geht zulasten der Grünen. | |
Bild: „Das ist ein guter Tag für die Verteidigungsfähigkeit in Deutschland�… | |
BERLIN taz | Bei den Grünen war die Stimmung schon besser. Der | |
Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour versuchte am Montag, gute Miene zum | |
schlecht gelaufenen Spiel zu machen, als er sich vor der grünen | |
Parteizentrale zum Sondervermögen äußerte. „Das ist ein Kompromiss, den wir | |
werden tragen können“, sagte er. Das klang, als wolle er sich und seiner | |
Partei Mut zusprechen. „Wir müssen klar konstatieren, dass wir eins unserer | |
Ziel, den erweiterten Sicherheitsbegriff einzubeziehen, nicht erreicht | |
haben“, so der grüne Obmann im Haushaltsausschuss, Sebastian Schäfer, | |
gegenüber der taz. „Mittel für die Cybersicherheit müssen wir jetzt | |
anderweitig zur Verfügung stellen.“ Zustimmen will er im Bundestag dennoch. | |
[1][Die Einigung zum Sondervermögen, die die Ampel und die Union | |
ausgehandelt haben,] geht klar zulasten der Grünen. Anders als von ihnen | |
gefordert, sollen die frischen Milliardenkredite allein in die Truppe | |
fließen und nicht etwa auch in den Zivilschutz oder in die Cyberabwehr. | |
Hinter den Kulissen fühlt man sich daher von der Union, aber auch von den | |
beiden Koalitionspartnern ausgebootet. Die Grünen waren schon von der | |
Ankündigung überrumpelt worden. Als Kanzler Olaf Scholz am 27. Februar im | |
Bundestag verkündete, man werde ein 100-Milliarden-Euro- Sondervermögen für | |
die Bundeswehr auflegen, hatte er die Summe zwar zuvor mit dem | |
Finanzminister besprochen – nicht jedoch mit seinen grünen | |
Koalitionspartnern. 100 Milliarden Euro allein fürs Militär, das war vielen | |
Grünen dann doch zu dicke. | |
Und so wurden führende Grüne nicht müde, immer wieder zu betonten, dass | |
Sicherheit im 21. Jahrhundert auch zivile Krisenprävention sei. Ein breiter | |
Sicherheitsbegriff, so wiederholte es Fraktionschefin Katharina Dröge vor | |
einer Woche im taz-Interview, sei den Grünen wichtig. Doch nicht nur die | |
Mehrheit in SPD und FDP, auch die Union sah das anders. | |
Und die Stimmen der Union sind in dem Fall entscheidend. Denn um trotz | |
Schuldenbremse 100 Milliarden Euro an neuen Krediten aufzunehmen, soll das | |
Sondervermögen Verfassungsrang bekommen und so juristisch unangreifbar | |
sein. [2][Die dazu nötige Zweidrittelmehrheit erreicht die Ampel im | |
Bundestag nur mithilfe der Union.] | |
## Union erfüllt alle sechs Punkte | |
Und anders als die Grünen freute die sich am Montag sichtlich. Am frühen | |
Nachmittag steht Fraktionschef Friedrich Merz gemeinsam mit | |
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Bundestag und lobt die | |
Entscheidung vom Vorabend. „Das ist ein guter Tag für die Bundeswehr und | |
für die Verteidigungsfähigkeit in Deutschland“, sagt Merz. Er habe in | |
seiner Haushaltsrede sechs Punkte genannt, die aus Sicht der Union erfüllt | |
sein müssten, damit die Union einer Grundgesetzänderung zustimmen könne. | |
Und die Koalition sei der Union „in allen sechs Punkten“ gefolgt. „Das ist | |
ein großer Erfolg für die parteiübergreifende Zusammenarbeit.“ | |
„Wir sind sehr zufrieden“, sagte auch Vizefraktionschef Johann Wadephul der | |
taz. Der CDU-Verteidigungsexperte hatte am Abend zuvor mitverhandelt. | |
Natürlich sei besonders wichtig, dass das Sondervermögen nun allein für die | |
Bundeswehr zur Verfügung stehe. Fast noch wichtiger aber sei, dass der | |
Bundestag ein Bundeswehrfinanzierungsgesetz verabschieden werde, in dem das | |
Parlament sich verpflichte, das 2-Prozent-Ziel der Nato zu erfüllen. „Das | |
ist damit für die Zukunft sicher.“ Dass dieses Ziel nicht jährlich exakt, | |
sondern im 5-Jahres-Schnitt erreicht werden soll, damit sei man | |
einverstanden. Das Entscheidende sei: „Der Bundestag bindet sich damit | |
selbst, der Bundeswehr diese Forderungen zu erfüllen.“ | |
„Deshalb werden wir der Fraktion empfehlen, der Grundgesetzänderung | |
zuzustimmen“, sagte Wadephul weiter. Damit dürfte die Drohung der Union, | |
nur die rechnerisch unbedingt nötigen Stimmen für eine Zweidrittelmehrheit | |
beizusteuern, vom Tisch sein. Merz hatte dies im Bundestag angedroht, um | |
die Ampel unter Druck zu setzen. Ernsthaft durchgespielt worden aber war | |
dieses Szenario in der Fraktion nicht. | |
Die Grünen sehen das mit dem 2-Prozent-Ziel etwas anders. Es gehe gerade | |
nicht darum, nach Ablauf des Sondervermögens dauerhaft zwei Prozent des | |
Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, meint Schäfer. Sondern | |
die erforderlichen Fähigkeiten, sprich Soldat:innen und Waffensysteme | |
bereitzustellen, die international verabredet sind. „Die Höhe der | |
Finanzierung liegt dann bei uns.“ Trotz Einigung gibt es also noch | |
Diskussionsbedarf. | |
## Wünsche der Grünen wurden ausgelagert | |
Noch problematischer dürfte sein, dass die Wünsche der Grünen in die | |
regulären Haushaltsverhandlungen ausgelagert wurden. Um, wie von ihnen | |
gefordert, künftig auch Krankenhäuser besser vor Hackerangriffen zu | |
schützen, soll die Bundesregierung eine eigene Strategie zur Stärkung der | |
Sicherheit im Cyber- und Informationsraum vorlegen. Notwendige Maßnahmen | |
zur Cybersicherheit, Zivilschutz oder auch zur Ertüchtigung von Partnern | |
würden aus dem Bundeshaushalt finanziert, heißt es in der Einigung. | |
Nach Schätzungen des Grünen-Haushälters Sven-Christian Kindler könnte ein | |
solches Paket etwa 15 bis 20 Milliarden Euro verschlingen. Vor dem | |
Hintergrund der großen sozialen, ökonomischen und sicherheitspolitischen | |
Fragen hat er Zweifel, ob die Schuldenbremse 2023 eingehalten werden könne. | |
„Auch die EU hat die Schuldenregeln für nächstes Jahr zu Recht ausgesetzt.�… | |
Es würde nicht zusammenpassen, „wenn Deutschland als größte Volkswirtschaft | |
in der Krise sparen würde“, so Kindler zur taz. Genau das möchte aber | |
Christian Lindner. | |
Die Einigung zum Sondervermögen birgt also neuen Sprengstoff für die Ampel. | |
Bereits im Juni beginnen die Beratungen für den Haushalt 2023, der noch vor | |
der Sommerpause im Kabinett beschlossen werden soll. | |
30 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /100-Milliarden-fuer-Bundeswehr/!5857536 | |
[2] http://Machttaktischer%20Eifer | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
Anna Lehmann | |
## TAGS | |
Bundeswehr | |
Vermögen | |
Kompromiss | |
Bundeswehr | |
Bundeswehr | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Bundeswehr | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
100 Milliarden Sondervermögen Bundeswehr: Luftwaffe kauft CH-47-Hubschrauber | |
Die Bundeswehr will massiv in Fluggeräte inverstieren. Gekauft werden | |
sollen auch 60 US-Transporthelikopter mit zwei Rotoren. | |
100 Milliarden für Bundeswehr: Kompromiss bei Sondervermögen | |
Die Ampelkoalition kommt der Union bei den Aufrüstungsplänen entgegen. 100 | |
Milliarden Euro sollen komplett an die Bundeswehr gehen. | |
Beauftragte Högl über die Bundeswehr: „Auch unser Land verteidigen“ | |
Soll das Geld aus dem Sondervermögen auch für Hacker genutzt werden? Nein, | |
so die Wehrbeauftragte Eva Högl. Zugleich fordert sie eine Reform des | |
Beschaffungswesens. | |
Milliarden für die Bundeswehr: Machttaktischer Eifer | |
Der Konflikt um das Bundeswehr-Geld hat reine Macht-Gründe. Für die Ampel | |
und Olaf Scholz steht mehr auf dem Spiel als für Friedrich Merz. |