# taz.de -- Lindner stellt Steuerschätzung vor: Mehr Einnahmen als vor Corona | |
> Die Steuereinnahmen steigen, doch finanziell steht die Ampel trotzdem vor | |
> großen Herausforderungen. Die Aussichten bleiben unsicher. | |
Bild: Der Bundestag debattierte am 12.5 unter anderem über das geplante Steuer… | |
BERLIN taz | Steigende Steuereinnahmen, trotzdem schwierige Finanzlage – in | |
dieser Situation stecken Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und | |
mit ihm die Ampelregierung. Die Einnahmen werden dieses Jahr wohl besser | |
ausfallen als bei der vergangenen Berechnung im Herbst 2021 erwartet, | |
teilten die Steuerschätzer:innen am Donnerstag mit. Rund 890 | |
Milliarden Euro (plus 41 Milliarden) sollen Bund, Länder und Gemeinden | |
zusammen 2022 erhalten. | |
Auf den Bund entfällt dieses Jahr ein Plus von 16 Milliarden Euro, auf die | |
Länder von 19 Milliarden. Bis 2026 prognostiziert der Arbeitskreis | |
Steuerschätzung dem Bund im Vergleich zur Herbst-Berechnung 90 Milliarden | |
Euro mehr, den Ländern 96 Milliarden. Insgesamt betragen die Mehreinnahmen | |
der kommenden fünf Jahre im Vergleich zur vergangenen Schätzung rund 220 | |
Milliarden. | |
Die Erwartungen der Ökonomen liegen damit für dieses Jahr über dem Niveau | |
von 2019. Nach zweieinhalb Jahren scheint die Coronakrise überwunden, | |
zumindest für die Staatsfinanzen. 2026 sollen die Steuererträge sogar | |
erstmals mehr als eine Billion Euro erreichen. Zum Teil allerdings dürfte | |
dieser Effekt auf die Inflation zurückzuführen sein, nicht auf reales | |
Wachstum. | |
Allerdings fußt die Schätzung auch auf den aktuellen Problemen. Die | |
Wirtschaft erholt sich langsamer als erwartet von Corona, Containerschiffe | |
stauen sich vor Shanghai und anderen Häfen, der russische Krieg kostet | |
Wachstum und Geld. Die Perspektiven sind außerdem ziemlich unsicher. Wie | |
sich der Krieg und die Inflation weiterentwickeln, weiß man nicht. | |
## Wie Wünsche und Realität zusammenpassen? Ein Rätsel | |
Außerdem steht der Zuwachs in diesem Jahr wohl zum guten Teil nur auf dem | |
Papier. Denn die Steuerschätzer konnten das Entlastungspaket der | |
Bundesregierung in der Größenordnung von 20 Milliarden Euro bisher nicht | |
einkalkulieren. Es ist noch in der parlamentarischen Beratung. Die | |
milliardenteuren Entlastungen angesichts der Energiepreisinflation werden | |
zu deutlichen Mindereinnahmen führen. „Der überwiegende Teil der | |
Mehreinnahmen wird an die Menschen zurückgegeben“, sagte Lindner. | |
Kritisch wird es im Bundeshaushalt 2023, den der Bundestag in diesem Sommer | |
berät. Die Bundesregierung will ihre Ausgaben von 484 Milliarden Euro | |
(2022) auf 413 Milliarden senken. Die Neuverschuldung soll [1][von knapp | |
140 Milliarden] auf nur noch 7,5 Milliarden in 2023 abnehmen, damit die | |
Schuldenbremse im Grundgesetz wieder gilt. | |
Außerdem verspricht der Finanzminister gewisse Steuersenkungen, um | |
inflationsbedingt höhere Abgaben der Privathaushalte und Firmen | |
auszugleichen. Das forderte auch Christian Haase, haushaltspolitischer | |
Sprecher der Union im Bundestag: „Die Inflationsgewinne sollte der Staat | |
zurückgeben.“ Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sagte | |
dagegen: „Die Steuerschätzung ist kein Anlass für Diskussionen über | |
Steuersenkungen.“ Die Regierung müsse mehr für soziale Gerechtigkeit tun. | |
Wie Wünsche und Realität 2023 zusammenpassen sollen, ist vorläufig ein | |
Rätsel. Der Krieg und seine Folgen werden wohl weiterhin zu spüren bleiben, | |
die Energiewende kostet große Summen. Immerhin können SPD, Grüne und FDP | |
auf die Rücklagen von gut 60 Milliarden Euro im Klima- und | |
Transformationsfonds zurückgreifen und wahrscheinlich auch auf [2][den | |
neuen 100-Milliarden-Euro-Sonderetat] für die Bundeswehr. | |
12 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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