# taz.de -- Russen in Georgien: Mit Visum in die Kneipe | |
> Immer mehr Menschen aus Russland kommen nach Georgien. Vielen Georgiern | |
> gefällt das nicht. Eine Kneipe hat sich eine Art Gesinnungstest | |
> ausgedacht. | |
Bild: Blick über die Altstadt von Tiflis | |
45.000 Russinnen und Russen sind im März nach Georgien gekommen. Das sind | |
430 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Migrantenzustrom wird bisher nicht | |
statistisch erfasst, die Zahlen sind nur Schätzungen. Aber im Stadtzentrum | |
von Georgiens Hauptstadt Tiflis, in den Bars und Restaurants, hört man | |
jetzt deutlich häufiger Russisch. | |
Zwanzig Prozent des georgischen Staatsgebietes sind russisch besetzt. Den | |
Krieg in der Ukraine sehen die meisten Georgier und Georgierinnen auch als | |
Angriff auf ihr eigenes Land. Viele freuen sich nicht über die vielen | |
russischer Neuankömmlinge und fordern, für sie eine Visumspflicht | |
einzuführen. Oder sie zumindest an der Grenze genauer zu kontrollieren. | |
Aber die georgische Regierung plant keinerlei Änderungen bei den | |
Einreiseregelungen. Deshalb hat eine Bar im Zentrum von Tiflis jetzt quasi | |
einen Alleingang bei der Visumspflicht beschlossen. Um ein Einlass-„Visum“ | |
für die Bar zu bekommen, müssen russischsprachige Besucher ein | |
englischsprachiges Formular mit mehr als 15 Fragen ausfüllen, in dem sie | |
zum Beispiel bestätigen, dass sie die russischen Aggressionen verurteilen. | |
An einem Freitagabend ist die Bar wie gewöhnlich voll. Zum Wochenende zahlt | |
man hier umgerechnet 3 Euro Eintritt. Das Geld geht [1][als Spende in die | |
Ukraine]. Auf der Terrasse hängen Zettel mit dem Titel des Schmähliedes | |
„Putin Chuilo“. Ein anderer Aushang verkündet: „Günstige Wohnungen“. … | |
QR-Code darunter führt zu einem Video, das die brutalen Kriegsverbrechen | |
der russischen Armee in der Ukraine zeigt. | |
In der Bar gab es ungefähr zwei Wochen nach Kriegsbeginn einen Vorfall eine | |
politische Diskussion zwischen russischsprachigen Gästen und Georgiern, die | |
in eine Schlägerei ausartete. Seitdem gibt es die Einlasskontrolle. Was | |
vielen nicht gefällt. | |
„Wer hier was über Diskriminierung und Faschismus krakeelt, sollte mal in | |
sein eigenes Land schauen“, sagt dazu eine junge Frau hinter der Bar. Sie | |
findet, dass russische Staatsangehörige sich für das Handeln ihrer | |
Regierung verantwortlich fühlen sollten und der „Visumsantrag“ eine der | |
einfachsten Möglichkeiten sei, dies zu überprüfen. | |
Außerdem stehen russischen Touristen auch ohne diese eine Bar genug | |
Möglichkeiten zum Ausgehen offen. Nach dem Beginn des Krieges haben | |
Hunderte Russen und Russinnen in Georgien Firmen und kleine Unternehmen | |
registrieren lassen. Im Stadtzentrum gibt es Bars und Cafés, wo das | |
Personal kein Georgisch spricht. | |
Aber einige der Russinnen und Russen, die seitdem nach Georgien gekommen | |
sind, geben zu, [2][sich hier nicht wohlzufühlen]. Sie berichten von | |
Feindseligkeiten und Aggressionen. Das ist ihnen unangenehm – denn | |
schließlich haben sie Putin nicht unterstützt. Einige von ihnen haben | |
Russland verlassen, um in Freiheit leben zu können. | |
Aus dem Russischen von [3][Gaby Coldewey] | |
Finanziert wird das Projekt von der [4][taz Panter Stiftung]. | |
Einen Sammelband mit den Tagebüchern bringt der Verlag edition.fotoTAPETA | |
im September als Dokumentation heraus. | |
13 May 2022 | |
## LINKS | |
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[3] /!s=coldewey/ | |
[4] /!p4550/ | |
## AUTOREN | |
Sandro Gvindadze | |
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