# taz.de -- Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen: Großer Erfolg für Wüst | |
> Die CDU hat bei der Landtagswahl in NRW hinzugewonnen. Jetzt muss | |
> Ministerpräsident Hendrik Wüst es schaffen, die Grünen auf seine Seite zu | |
> ziehen. | |
Bild: Fröhlich nach der Wahl: Ministerpräsident Hendrik Wüst am Sonntag in D… | |
DÜSSELDORF BERLIN taz | Die Rufe sind ohrenbetäubend. „Hendrik, Hendrik, | |
Hendrik“, schallt es in der Düsseldorfer Parteizentrale in der | |
Wasserstraße, als der strahlende Wahlsieger auf die Bühne kommt. Die CDU | |
habe die Wahl „klar gewonnen“, sagt Hendrik Wüst unter lautem Beifall. Das | |
Wähler:innenvotum sei eindeutig. „Das ist der Auftrag, eine künftige | |
Regierung zu bilden und zu führen.“ | |
Auf rund 35 Prozent kommt die CDU nach den [1][ersten Hochrechnungen], ein | |
Zugewinn gegenüber der letzten Wahl 2017. Sollten sich die Zahlen halten, | |
ist das für Wüst ein großer Erfolg. Wüst will nun mit allen demokratischen | |
Parteien im Landtag sprechen, kündigte er an. Vor allem jedoch wird er | |
versuchen, mit den Grünen eine Regierung zu bilden. Denn klar ist: Trotz | |
des guten Ergebnisses der CDU reicht es für eine Fortsetzung der | |
schwarz-gelben Koalition nicht. | |
Für Wüst stand am Sonntag viel auf dem Spiel. Kann er Ministerpräsident | |
bleiben, wofür einiges spricht, steigt er endgültig in die erste Reihe der | |
CDU auf – und könnte sogar als Kanzlerkandidat bei der nächsten | |
Bundestagswahl gehandelt werden. Als Wahlverlierer dagegen wäre es mit | |
seiner steilen Karriere erst einmal vorbei gewesen. | |
„Stimmungstest für Deutschland“ | |
Freuen darf sich an diesem Abend auch Parteichef Friedrich Merz. Auch für | |
ihn und die Bundespartei geht es um viel. Eine Niederlage der CDU hätte – | |
nach dem dramatischen Einbruch bei der Bundestagswahl – die ohnehin tief | |
verunsicherte CDU weiter erschüttert. Und wäre für Merz als Parteichef die | |
erste richtige Niederlage gewesen. Merz selbst hatte in seiner | |
wöchentlichen Mail an seine Anhänger:innen erst am Samstag geschrieben, | |
die Wahl in NRW sei ein „Stimmungstest für Deutschland“. Hinzu kommt: Merz | |
stammt selbst aus Nordrhein-Westfalen und hat sich im Wahlkampf stark | |
eingebracht. Das Ergebnis wird also auch ihm angerechnet werden. | |
Erleichtert wirkt denn auch Mario Czaja, Merz' Generalsekretär, als er am | |
Sonntagabend in der Berliner Parteizentrale vor die Kameras tritt. „Die CDU | |
in Nordrhein-Westfalen hat die Wahl gewonnen und einen klaren | |
Regierungsauftrag“, sagt Czaja und grinst. Er gratuliert Wüst, aber auch | |
den Grünen, die ebenfalls gewonnen hätten. Das Werben um den möglichen | |
Koalitionspartner hat schon begonnen. Wirklich beruhigt aber werden Wüst | |
und die CDU-Spitze erst sein, wenn auch ein Regierungsbündnis geschmiedet | |
ist. | |
Unter Wüst hat sich die nordrhein-westfälische CDU wieder hochgearbeitet. | |
Im Oktober 2021, als er nach der von Armin Laschet dramatisch verstolperten | |
Bundestagswahl die Nachfolge des glücklosen Aacheners antrat, rangierte sie | |
an Rhein und Ruhr in den Umfragen nur noch zwischen 20 und 22 Prozent – | |
weit hinter der SPD. | |
Dass [2][Wüst] es geschafft hat, seine Partei wieder aus dem Tief zu | |
führen, resultiert nicht zuletzt aus seiner söderesken Lern- und | |
Wandlungsfähigkeit. In den Anfangsjahren seiner politischen Karriere | |
reüssierte er mit erzreaktionären und kaltherzigen wirtschaftsliberalen | |
Sprüchen. Noch in seiner Zeit als CDU-Generalsekretär in der Ära von Jürgen | |
Rüttgers agierte er als „Mann fürs Grobe“, dem kein schmutziger Trick geg… | |
die politische Konkurrenz fremd zu sein schien. Inzwischen zeigt sich Wüst | |
geläutert und bemüht um ein möglichst staatsmännisches Auftreten. Jedes | |
Wort sorgsam abwägend, vermied er seit seinem Amtsantritt schärfere Töne | |
wie auch heftigere Attacken auf die politische Konkurrenz. | |
Rückenwind aus Schleswig-Holstein | |
Wüst selbst bezeichnet sich nunmehr als „modernen Konservativen“. Im | |
Wahlkampf gab er sich sozial mitfühlend, ökologisch verantwortungsbewusst | |
und gesellschaftspolitisch liberal, gepaart mit etwas | |
Law-and-Order-Rhetorik. Damit orientierte er sich an den Erfolgsrezepten | |
von Rüttgers 2005 und Laschet 2017. Auch Wüst wollte in der politischen | |
Mitte punkten. Zuletzt setzte er auf Rückenwind aus Schleswig-Holstein, am | |
Freitag war er gemeinsam mit Daniel Günther aufgetreten, der in der Woche | |
zuvor einen klaren Sieg für die CDU eingefahren hatte. | |
Ihren Wahlkampf hatte die CDU unter das pragmatische Motto „Machen, worauf | |
es ankommt“ gestellt. Doch worauf kommt es Wüst an? Zuallererst wohl um den | |
Machterhalt und das machte ihn pragmatisch. Auf die Frage, welcher Punkt | |
für ihn unverrückbar sei, antwortete er beim TV-Duell: „Klimaschutz und | |
Arbeitsplätze müssen zusammenpassen.“ Darauf dürften sich alle Parteien, | |
die zur Regierungsbildung irgendwie infrage kommen, verständigen können. | |
15 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2022-05-15-LT-DE-NW/ | |
[2] /NRW-Ministerpraesident-Hendrik-Wuest/!5850538 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
Sabine am Orde | |
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