# taz.de -- Polizeiwache am Kotti: Millionen für die Verbürgerlichung | |
> Die Kotti-Wache soll 3,5 Millionen Euro kosten. Vor Ort muss sich | |
> Innensenatorin Iris Spranger deutlichen Widerspruch anhören. | |
Bild: Iris Spranger im Gespräch mit einem Polizeibeamten vor der geplanten Kot… | |
Berlin taz | Eier flogen keine beim Besuch von [1][Innensenatorin Iris | |
Spranger], Fraktionschef Raed Saleh (beide SPD) und ihrer Entourage am Ort | |
der geplanten [2][Polizeiwache am Kottbusser Tor], dafür kam von oben | |
Vogelkot auf die Galerie über der Adalbertstraße getropft. Es blieb nicht | |
die einzige Störung dieser Werbeveranstaltung am Montagmorgen: | |
Anwohner:innen formulierten deutlichen Widerspruch zu den Plänen hier, | |
über dem Kotti eine bundesweite Vorzeigewache zu errichten. | |
Dennoch: Sie wird kommen. Wie Saleh verkündete, hat sich die | |
[3][rot-grün-rote Koalition darauf geeinigt, 3,5 Millionen Euro für ihre | |
Einrichtung zur Verfügung zu stellen]. Das sei „gut angelegtes Geld“, so | |
Saleh: „Sicherheit darf und muss uns was kosten.“ Spätestens Anfang Juli | |
sollen die Ausbauarbeiten starten, zum Beginn des nächsten Jahres die Wache | |
den Betrieb aufnehmen. | |
Wieso allerdings diese immense Summe notwendig sein soll, beantworteten die | |
politischen Verantwortlichen nicht. Eine Vertreterin der Berliner | |
Immobilienmanagement GmbH, die den Ausbau organisiert, sprach zwar von | |
Schadstoffsanierung, sicherheitstechnischen Anforderungen etwa für die | |
Glasfassade und explodierenden Baupreisen. | |
Schwer nachvollziehbar bleibt die Summe trotzdem, angesichts dessen, dass | |
es sich um die Instandsetzung und Ausstattung eines 200 Quadratmeter großen | |
Raumes handelt, in dem künftig pro Schicht nur drei Beamt:innen arbeiten | |
sollen, wie ein Polizist des zuständigen Abschnitts 53 erklärte. | |
Schreibarbeiten, Vernehmungen oder die Aufnahme von Anzeigen sollen hier | |
stattfinden; eine Arrestzelle sei nicht geplant. | |
Spranger lobte ihr Prestigeobjekt als „tolle“ und „offene“ Wache, in der | |
man mit der Polizei ins Gespräch kommen könne. Sieben Jahre lang sei | |
diskutiert worden, „sieben verlorene Jahre“ angesichts zunehmender | |
Kriminalität. Zuletzt wurden 1.300 Straftaten innerhalb von sieben Monaten | |
registriert – bei einer erhöhten Präsenz der Polizei auf dem Platz, | |
verglichen mit früheren Jahren. Spranger bezeichnete die Wache als ersten | |
Schritt eines „gesamtheitlichen Konzeptes“. Was das heißt, blieb aber im | |
Vagen, ebenso wie die genauen Pläne für eine Videoüberwachung des Platzes. | |
## Über die Köpfe hinweg | |
„Es gibt den Wunsch der Gewerbetreibenden und Anwohner:innen nach mehr | |
Sicherheit“, sagte auch Marie Schubenz, Sprecherin des [4][Mieterrates des | |
Neuen Kreuzberger Zentrums]. Den Plänen einer Wache, die „über den Köpfen | |
der Menschen errichtet“ werde, erteilte sie dennoch eine klare Absage. Es | |
brauche eine ansprechbare Polizei, aber keine „Vorzeigewache“; dies werde | |
„die Probleme vor Ort nicht lösen“. Nötig sei vor allem eine verbesserte | |
soziale Infrastruktur, öffentliche Toiletten oder auch ein Spielplatz. Für | |
diesen jedoch, so ihre Klage, sei nicht genug Geld da, hier müsste sich | |
„zwischen Schaukel und Rutsche entschieden werden“. | |
Im Gespräch mit der taz verwies Schubenz darauf, dass bei runden Tischen | |
2016 und 2018 Konzepte für den Ausbau der sozialen Infrastruktur sowie für | |
eine mobile Wache erarbeitet wurden, diese aber nie umgesetzt worden seien. | |
Nun habe der neue Senat schnell Fakten geschaffen, auch durch die | |
Behauptung, es gebe angesichts fehlender freier Gewerbeflächen keine | |
Alternative. Schubenz sagte: „Wir haben Alternativvorschläge gemacht, etwa | |
dass Gewerbeflächen getaucht werden können.“ Café-Kotti-Besitzer Yaşaroğ… | |
kritisierte den „Vertrauensbruch“ durch die Entscheidung; nun habe er | |
„Angst, dass der Kotti ein bürgerlicher Raum wird“. | |
23 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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