# taz.de -- Drogenkonsum in Berlin: „Ein Kommen und Gehen“ | |
> Der neue Druckraum am Kottbusser Tor erfreut sich reger Nachfrage. Allein | |
> im April wurden 700 Konsumvorgänge gezählt. | |
Bild: Blick durch die Fensterscheibe: Druckraum am Kotti | |
taz: Frau Leicht, vor sechs Wochen hat der Drogenkonsumraum am | |
[1][Kottbusser Tor] aufgemacht. Wie läuft ’s? | |
Astrid Leicht: Wir sind sehr froh, dass wir nach fünf Jahren Vorarbeit | |
endlich eröffnen konnten. Zunächst einmal gibt es das Basisangebot: | |
Drogenkonsumräume und Toilettenbenutzung. Wir fahren die Einrichtung | |
Schritt für Schritt hoch und versuchen Routine in den Ablauf zu bringen. | |
Die [2][Kontaktstelle Kotti,] wie der Konsumraum heißt, hat täglich, auch | |
sonn- und feiertags, auf. Wie groß ist die Nachfrage? | |
Unser Standort ist sehr herausfordernd, es herrscht immer ein Kommen und | |
Gehen. Die Einrichtung befindet sich in der östlichen Reichenberger Straße | |
direkt am Eingang D des U-Bahnhofs Kottbusser Tor. Also genau da, [3][wo | |
sich die Menschen treffen], die Drogen nehmen. Wir achten darauf, dass | |
möglichst keine Schlagen entstehen und sich die Leute nicht vor unserer | |
Eingangstür ballen. | |
Geplant waren zwei Räume mit jeweils vier Plätzen für den Drogenkonsum: ein | |
Raum für die Injektion, der andere zur Inhalation. | |
Wir haben mit jeweils zwei Plätzen angefangen, inzwischen sind wir bei vier | |
Raucher- und vier Injektionsplätzen angekommen. Wir wollen versuchen, die | |
Platzzahl auf bis zu sechs jeweils zu erhöhen, wobei es dann ganz schön eng | |
wird. | |
Gibt es schon Zahlen über die Konsumvorgänge? | |
Wir dokumentieren das relativ genau. Im April hatten wir mehr als 140 | |
Personen in den Drogenkonsumräumen. Fürs Erste ist das schon ganz gut, wird | |
aber sicher noch mehr werden. Es handelt sich um 140 Individuen, die | |
teilweise mehrfach konsumiert haben. Insgesamt hatten wir in diesem | |
Zeitraum mehr als 700 Konsumvorgänge. Besonders interessant ist dabei immer | |
die Zahl der Spritzvorgänge, wir hatten fast 400 Injektionen. | |
Hätte das sonst alles in Hauseingängen, im U-Bahnhof oder auf Spielplätzen | |
stattgefunden? | |
Ja, das sind alles Drogenkonsumvorgänge, die nicht im öffentlichen Raum | |
passiert sind. | |
Lässt sich das eins zu eins übertragen? | |
Davon gehe ich aus. Die Leute, die wir bei uns erreichen, würden im | |
unmittelbaren Umfeld konsumieren. | |
Das heißt, am Kotti müsste bereits eine Entlastung spürbar sein? | |
Da würde ich mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster hängen, weil wir die | |
Grundgröße nicht wissen. Wir wissen ja nicht, wie viel insgesamt konsumiert | |
wird. Eine Entlastung ist es ja nur, wenn es vorher als Belastung empfunden | |
wurde. | |
Aber der Drogenkonsum wird doch als Belastung empfunden, bedingt durch | |
herumliegende Spritzen und andere Hinterlassenschaften. | |
Wenn jemand unauffällig raucht oder spritzt und alle Utensilien wieder | |
mitnimmt und keiner was merkt, wird das von der Nachbarschaft nicht als | |
Belastung empfunden. Insofern wäre ich mit einer generalisierenden Aussage | |
vorsichtig. Auf jeden Fall handelt es sich um 700 medizinisch betreute, | |
hygienische Konsumvorgänge, die sonst auch in den Hausfluren stattgefunden | |
hätten. | |
10 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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