# taz.de -- Koalitionssuche in Schleswig-Holstein: Die Qual nach der Wahl | |
> Grüne oder FDP? Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther | |
> würde am liebsten das Jamaika-Bündnis fortsetzen. | |
Bild: Berlin am Montag: Wahlsieger Daniel Günther wird von Friedrich Merz und … | |
Kiel/Berlin taz | Wie wichtig Daniel Günthers Wahlsieg für die CDU weit | |
über Schleswig-Holstein hinaus ist, zeigt sich am Montagmittag schon, bevor | |
die Pressekonferenz in der Berliner Parteizentrale beginnt. Statt der | |
üblichen zwei Rednerpulte für Parteichef und Spitzenkandidat sind vier | |
aufgebaut. Neben Friedrich Merz und Günther ist auch Karin Prien, die | |
Parteivize und Bildungsministerin in Schleswig-Holstein dabei – und Hendrik | |
Wüst, Ministerpräsident im wichtigen Nordrhein-Westfalen. | |
Wüst muss sich nächsten Sonntag einer Landtagswahl stellen und anders als | |
im Norden ist der Ausgang offen. Die CDU liegt in Umfragen zwar vorn, es | |
könnte aber knapp werden. „Das ist auch Rückenwind für | |
Nordrhein-Westfalen“, sagt denn auch Parteichef Merz, nachdem er Günther | |
und Prien für den „überragenden Erfolg von ganzem Herzen“ gratuliert hat. | |
Bemerkenswert ist dann, dass ausgerechnet Merz betont, die Botschaft aus | |
Schleswig-Holstein sei, dass sich seine Partei diverser aufstellen müsse. | |
Die Liste der Nord-CDU war paritätisch aufgestellt, den Wahlkreis Kiel-Ost | |
hat überraschend Seyran Papo geholt, eine Christdemokratin mit kurdischer | |
Familiengeschichte, die früher bei den Linken war. Merz’ Einlassung kann | |
man als Zeichen deuten, dass der CDU-Chef der Frauenquote, über die der | |
Parteitag im Herbst abstimmt, seinen Segen zu geben gedenkt und dies | |
rhetorisch nun vorbereitet. | |
[1][Die CDU in Kiel hat unter Günthers Führung 43,4 Prozent der Stimmen | |
geholt, das sind gut elf Prozentpunkte mehr als beim letzten Mal.] Am Abend | |
auf der Wahlparty seiner Partei hatte er das auf der Tanzfläche gefeiert, | |
dort tauchten später auch die Spitzenkandidat:innen von Grünen und | |
FDP, Monika Heinold und Bernd Buchholz, auf, mit denen er bisher regiert. | |
Doch mit der Dreier-Harmonie dürfte es bald vorbei sein. Zwar lobt Günther | |
am Montag das Jamaika-Bündnis noch einmal und betont, er würde nun mit | |
beiden Parteien Gespräche führen, doch am Ende wird er sich für einen von | |
beiden entscheiden müssen. | |
## Energieversorgung zum wichtigsten Thema geworden | |
„Wir haben immer gesagt, wir würden gerne mit Daniel Günther weiterregieren | |
und dafür gibt es jetzt auch eine Basis“, warb FDP-Mann Buchholz am Montag. | |
Er sehe deutlich mehr Übereinstimmungen der CDU mit der FDP als mit den | |
Grünen. Was stimmt: Einig sind sich CDU und FDP etwa beim Straßenbau, den | |
beide beschleunigen wollen – hier geht es vor allem um die Großprojekte A | |
20, deren Weiterbau seit Jahren nicht vorankommt, und den Ausbau von | |
Straßen und Schienen, die den Verkehr aus dem geplanten Fehmarnbelt-Tunnel | |
durch das Land führen sollen. Allerdings ist der Tunnel zwischen Dänemark | |
und Deutschland beschlossen – selbst ein grün geführtes Verkehrsministerium | |
müsste daher die Hinterlandanbindungen vorantreiben. | |
Die CDU-Basis, die deutlich konservativer als der liberale Günther ist, | |
dürfte Schwarz-Gelb zuneigen. [2][Für das Bündnis spricht auch, dass die | |
geschwächte FDP, die 5 Prozentpunkte verloren hat, möglicherweise deshalb | |
der leichtere Partner ist.] | |
Allerdings ist durch den Ukraine-Krieg die Energieversorgung zum | |
wichtigsten Thema im Land geworden. Grundsätzlich wollen alle Parteien im | |
Energiewende-Musterland den weiteren Ausbau der Erneuerbaren. Allerdings | |
sind die Grünen deutlich ehrgeiziger als die anderen: Bis 2035 soll | |
Schleswig-Holstein klimaneutral sein, die CDU will das erst für 2045. Um | |
die Energieziele zu erreichen, wäre das Bündnis mit den Grünen für die CDU | |
attraktiver – und als Ausbruch aus altem Lagerdenken die interessantere | |
Option. Auch passt die ruhige und pragmatische Heinold auf der persönlichen | |
Ebene besser zu Günther als der manchmal großspurig auftretende Buchholz | |
von der FDP. | |
Dass rein inhaltlich Schwarz-Gelb naheliegender ist, leugnen dennoch auch | |
die Grünen nicht. „Es ist bekannt, dass CDU und FDP sich programmatisch | |
sehr nahe sind“, sagt Spitzenkandidatin Monika Heinold. „Die FDP würde | |
vermutlich sogar das CDU-Wahlprogramm zum Koalitionsvertrag machen, nur um | |
mit dabei zu sein.“ Um dagegen anzukommen, betonen die Grünen am Montag | |
eines immer wieder: Anders als die Liberalen haben auch sie bei der Wahl | |
zugelegt. Die Bevölkerung wolle also, dass sie weiter regieren. | |
9 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
Esther Geißlinger | |
Tobias Schulze | |
Jasmin Kalarickal | |
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