# taz.de -- Wahl in Schleswig-Holstein: Siegen auf Dänisch | |
> Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) holt sein bestes Ergebnis seit | |
> 1947. Das liegt vor allem an seinem Bundestagsabgeordneten Stefan | |
> Seidler. | |
Bild: Bestes Ergebnis seit 1947: SSW erreicht 6 Prozent bei der Landtagswahl in… | |
Kiel taz | Dass er das selbstgesteckte Ziel locker erreichen würde, war | |
Lars Harms schon vor dem Wahltag klar. Die letzten Umfragen vor der Wahl | |
waren eindeutig: Der [1][Südschleswigsche Wählerverband (SSW)] würde wohl | |
bei fünf, vielleicht gar sechs Prozent landen; Spitzenkandidat Harms hatte | |
vier Prozent als Ziel ausgegeben. Nun sind es sechs Prozent geworden. „Wir | |
haben im Wahlkampf das Thema der Zeit getroffen: Das Leben muss bezahlbar | |
bleiben“, sagte Harms nach den ersten Hochrechnungen. | |
Doch der Wahlerfolg dürfte zuvorderst einen anderen Grund haben: dem | |
Seidler-Effekt sei Dank. Mit [2][Stefan Seidler] sitzt seit der Wahl im | |
vergangenen September nach 68 Jahren wieder ein Vertreter der dänischen | |
Minderheit im Bundestag. Dieser Erfolg sorgte bundesweit für eine Menge | |
Aufmerksamkeit für die kleine Regionalpartei. Und auch wenn der SSW in | |
Schleswig-Holstein fest verankert ist: Das Interesse an der Partei war im | |
Wahlkampf durch Seidlers Präsenz größer; an den Wahlkampfständen in | |
Schleswig-Holsteins Innenstädten blieben Fußgänger:innen dieses Mal | |
häufiger stehen, um herauszufinden, wofür die kleine Partei inhaltlich | |
stehe. | |
Das hat gewirkt. Angesichts der Wahlbeteiligung von rund 61 Prozent hat der | |
SSW mit seinem Wahlergebnis also eine beträchtliche Stimmenzahl von | |
Wähler:innen ohne dänische und friesische Wurzeln geholt. Nur 1947 holte | |
der SSW mehr Stimmen. Rund 50.000 Menschen mit deutscher | |
Staatsangehörigkeit bekennen sich zur dänischen Minderheit. In manchen | |
Städten, etwa in Flensburg, gehören bis zu 20 Prozent der Bevölkerung zur | |
dänischen Minderheit. | |
Zudem vertritt der SSW auch die zweite anerkannte Minderheit im Norden: die | |
nationalen Friesen. Darunter verstehen sich all jene Friesen, die eine | |
Eigenständigkeit als Volksgruppe proklamieren. Auch der aus Husum stammende | |
Harms gehört der friesischen Minderheit an. Doch betreibt der SSW eben | |
nicht nur Minderheitenpolitik. Harms machte im Wahlkampf ordentlich | |
Stimmung gegen den geplanten [3][Bau des LNG-Terminals in Brunsbüttel] und | |
forderte die Pflicht,öffentliche Aufträge nur an Unternehmen zu vergeben, | |
die nach Tarif zahlen. | |
## SSW markierte bodenständige Alternative | |
Und auch wenn gegen die steigende Inflation wenig auf Länderebene gelöst | |
werden kann, störte das Harms im Wahlkampf nicht. Sollen halt die Reichen | |
mehr Steuern zahlen, forderte er. Die Grünen mussten sich wegen der | |
Regierungsbeteiligung in der Jamaika-Koalition etwas staatstragender im | |
Wahlkampf geben. Die SPD dagegen wirkte auch in diesem Wahlkampf einmal | |
mehr ziemlich bräsig. Dazwischen befand sich der SSW in einer komfortablen | |
Rolle als bodenständige Alternative. | |
Für den Einzug ins Landesparlament war das gute Abschneiden nicht nötig – | |
die Minderheitenpartei ist von der Fünfprozentklausel ausgenommen. Doch | |
hatte Harms auch noch etwas gutzumachen. Bei der vorhergehenden | |
Landtagswahl 2017 war er auch Spitzenkandidat des SSW. Da sackte die Partei | |
erstmals seit langer Zeit wieder ab. | |
Aus der Opposition heraus war es für Harms einfacher. Auf potenzielle | |
Koalitionspartner musste der SSW im Wahlkampf nicht Rücksicht nehmen. | |
[4][Die künftige Regierung] wird aber wohl ohne den SSW gebildet werden. | |
8 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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