Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Von Radbahn bis Flussbad: Was spricht denn gegen Kühlung?
> Nicht jedes kreative urbanistische Projekt ergibt Sinn. Aber das Flussbad
> Berlin hat Potenzial zur Verbesserung der Stadt. Ein Wochenkommentar.
Bild: Man kann natürlich auch mit dem Fahrrad baden gehen – aber das ist ein…
Nicht alles, was glänzt, ist Gold, und nicht alles, was originell klingt,
ist tatsächlich genial. Diese triviale Erkenntnis lässt sich auch auf
kreative städtebauliche Ideen übertragen, von denen es heutzutage nicht
wenige gibt, in Berlin und überall. Es kommt darauf an, genau hinzuschauen.
Zum Beispiel muss man ein großes Fragezeichen hinter die vor fast einem
Jahrzehnt erdachte „Radbahn“ setzen, oft als potenzieller
Mobilitäts-Leuchtturm gehypt, am Ende aber ein Opfer der Verhältnisse. So
charmant der Vorschlag klingt, Fahrräder wettergeschützt unter der
Kreuzberger Hochbahn rollen zu lassen, so wenig lassen es die Gegebenheiten
zu, dass das am Ende auch Sinn ergibt. Zur Tatsache, dass unterm Viadukt an
vielen Stellen zu wenig Platz ist, kommt das Problem, zügiges Fahren und
Abbiegen in einer Mittellage zu organisieren.
Dann wurde das Ganze auch noch von der politischen Entwicklung überholt:
Wozu umständlich Sonderwege einrichten, wenn nun die Möglichkeit zum
komfortablen Fahren am Straßenrand gesetzlich vorgeschrieben ist?
[1][Mittlerweile ist die vielfach geförderte Radbahn zum „Reallabor“
geworden], bald soll auf 200 Metern zwischen Kottbusser Tor und Görlitzer
Bahnhof [2][ein „Testfeld“ eröffnet werden] – mit „Aufenthaltsqualitä…
Man darf gespannt sein, wie das zwischen den vorbeirauschenden Autos
gelingt.
Anders verhält es sich mit dem schon seit einem Vierteljahrhundert gärenden
Projekt „Flussbad“. Auch dies auf den ersten Blick eine geniale Idee und
auf den zweiten ein Projekt, gegen das in der Praxis so gut wie alles
spricht. Auf den dritten Blick aber bleibt die öffentliche Badeanstalt am
Rande der Museumsinsel eine verdammt attraktive Idee, und [3][nun haben es
die Initiatoren nach eigenem Bekunden auch geschafft, die
Umsetzungsprobleme angemessen zu lösen].
Denn [4][der umwelttechnischen Studie zufolge], die sie in der vergangenen
Woche vorgestellt haben, ist das Spreewasser erstens gar nicht mehr so
schmutzig wie sein Ruf, und dann lässt es sich auch noch mit deutlich
weniger Aufwand als befürchtet ökologisch reinigen. Wenn sich das
bewahrheitet, dürfte die Kostenfrage eigentlich kein K.o.-Kriterium mehr
sein.
## Es fehlt an Unterstützung
Schwieriger wird es jetzt ausgerechnet bei der politischen Unterstützung.
Denn die linke Stadtentwicklungssenatorin – die von der Idee sehr angetan
war – ist Geschichte, und in der ex-proletarischen SPD, die mittlerweile
Senator und Baudirektorin stellt, [5][rümpft man im Verein mit
Stadtschloss-Preußen und Einheitswippen-Altvorderen die Nase]. Als ob es
nicht an derselben Stelle bereits ein Flussbad gegeben hätte, und als ob es
nicht ein museal erstarrtes Stadtzentrum erfreulich belebte, wenn hier ganz
normale Menschen ein wenig Körperkultur betrieben.
Der Flussbad-Verein setzt deshalb nun offenbar vermehrt auf die Klima-Karte
und will sich damit die Unterstützung der zuständigen grünen Senatorin
sichern: Die unterstützt ja sonst auch alles, was der Stadtbevölkerung in
den bevorstehenden Hitzesommern Kühlung verspricht. Und die müsste in
diesem Fall noch nicht einmal mit hohem Energieeinsatz erzeugt werden.
Vielleicht dauert es ja noch einmal 25 Jahre, bis man tatsächlich auf der
so umstrittenen Freitreppe ins Wasser schreiten kann. Aber lohnen würde es
sich.
7 May 2022
## LINKS
[1] /Umfrage-zur-Radbahn-an-der-U1/!5780992
[2] https://www.radbahn.berlin/de/reallabor/testfeld
[3] /Machbarkeit-des-Berliner-Flussbads/!5847621
[4] https://www.flussbad-berlin.de/-/220503_pressemitteilung
[5] /Streit-um-Berliner-Flussbad/!5777894
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Museumsinsel
Flussbad Berlin
Stadtentwicklung
Schwerpunkt Klimawandel
Mobilitätswende
Flussbad Berlin
Friedrichshain-Kreuzberg
Schwerpunkt Stadtland
Flussbad Berlin
Verkehrswende
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit um Berliner Flussbad: Schwimmen und Schnarchen
Die Vision eines Flussbads in Berlin dümpelt träge vor sich hin – fast wäre
auch noch das Geld versiegt. Doch langsam kommt Bewegung in die Sache.
Machbarkeitsstudie zur „Radbahn“: Kein Räder mehr unterm Viadukt
Eine Studie der Senatsverwaltung für Mobilität schlägt vor, das bedingt
realitätstaugliche Konzept der Kreuzberger „Radbahn“ neu zu denken.
Radbahn für Berlin: Radeln unterm Gleis
Unter der Hochbahn soll von West nach Ost ein Radweg entstehen. Allemal ein
schickes Projekt. Aber es treibt nicht die Verkehrswende voran.
Machbarkeit des Berliner Flussbads: Das bisschen Schilf
Der Verein Flussbad Berlin meldet: Wir kriegen das Spreewasser mit viel
weniger Aufwand sauber. Trotzdem ist völlig unklar, wie es weitergeht.
Umfrage zur „Radbahn“ an der U1: Und wo wollen Sie so rollen?
Die „Radbahn“ wird derzeit mit einer Machbarkeitsstudie durchleuchtet. Eine
Online-Befragung soll die Nachfrage in der Bevölkerung klären.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.