| # taz.de -- Machbarkeitsstudie zur „Radbahn“: Kein Räder mehr unterm Viadu… | |
| > Eine Studie der Senatsverwaltung für Mobilität schlägt vor, das bedingt | |
| > realitätstaugliche Konzept der Kreuzberger „Radbahn“ neu zu denken. | |
| Bild: Schön war's: Im Sommer 2022 wurde der Raum unterm Viadukt vom „Radbahn… | |
| Berlin taz | Im mittlerweile achten Jahr befindet sich das visionäre | |
| [1][Projekt einer „Radbahn“ durch Kreuzberg]. Ende 2015 überraschte die | |
| gleichnamige Initiative – mittlerweile der Verein „paper planes“ – mit … | |
| Idee, das in Ost-West-Richtung verlaufende Hochbahnviadukt der BVG als | |
| Überdachung eines exklusiven Radwegs zu nutzen. Über die Jahre hinweg gab | |
| es allerlei Workshops, Publikationen und eine Ausstellung, immer geprägt | |
| von Illustrationen, auf denen gut gelaunte RadlerInnen geschützt von den | |
| Unbilden des Berliner Wetters zwischen den stählernen Stelzen | |
| entlangrollten. | |
| Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so: Im Laufe der Jahre wurde immer | |
| deutlicher, dass dieser Leuchtturm der Mobilitätswende nicht so richtig mit | |
| den baulichen Gegebenheiten zusammenging. Ausgerechnet das 2018 in Kraft | |
| getretene Mobilitätsgesetz rückte die ursprüngliche Idee ins Abseits, denn | |
| die heute geltenden Mindestbreiten für Radwege und -spuren passen | |
| schlichtweg nicht zwischen die real existierenden Hochbahnträger. | |
| Gleichzeitig hatte das Projekt „Radbahn“ immer viele Freunde in der Politik | |
| und konnte bis dato Fördergelder in Höhe von 3,3 Millionen Euro verbuchen – | |
| vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, dem Land und dem Bund. In der Summe | |
| verwundert es also nicht, dass am Ende zwar etwas herauskommt. Nur hat | |
| dieses Ergebnis nicht mehr allzu viel mit dem Plan von 2015 zu tun. | |
| Die Senatsverwaltung für Mobilität unter Bettina Jarasch (Grüne) hatte eine | |
| „verkehrstechnische Machbarkeitsstudie“ für den Abschnitt zwischen | |
| Kottbusser Tor und Oberbaumbrücke in Auftrag gegeben. Am Donnerstag – dem | |
| letzten Amtstag der Senatorin – wurden die Ergebnisse veröffentlicht. Die | |
| von den AutorInnen bevorzugte Lösung sieht nun vor, dass unter dem Viadukt | |
| gar nicht mehr Rad gefahren, sondern nur noch flaniert wird. | |
| Stattdessen sollen sich RadfahrerInnen und FußgängerInnen in dieser | |
| Vorzugsvariante die gesamte nördliche Fahrbahn teilen, auf der heute Pkws | |
| und Lastwagen in Richtung Westen rollen. „Damit wird ein deutlich | |
| erweitertes Platzangebot für den sicheren Rad- und Fußverkehr ermöglicht | |
| sowie Raum für zusätzliche Stadtbäume und entsiegelte Flächen geschaffen“, | |
| teilt die Senatsverwaltung mit, die von einer „Mobilitäts- und | |
| Frischluftachse“ spricht. | |
| Die Untersuchungen waren von [2][Beteiligungsformaten wie einem | |
| Onlineforum] begleitet worden. Auf deren Grundlage und angesichts von | |
| verkehrlichen „Mikrosimulationen“ sprach sich ein Fachkolloquium für dieses | |
| Konzept aus, auch weil es Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmenden | |
| vermeide. Die zweite untersuchte Variante war eine Weiterentwicklung des | |
| Ursprungsplans, bei der aber wegen des fehlenden Raumes nicht nur unter, | |
| sondern auch neben der Hochbahn Rad gefahren werden sollte. | |
| ## „Multicodierter Stadtraum“ | |
| Die im Verkehrsplanerslang als „multicodierter Stadtraum“ bezeichnete | |
| autofreie Nordfahrbahn in der Vorzugsvariante würde unter anderem nahtlos | |
| an die Fußgängerzone auf dem Lausitzer Platz anschließen. In einer | |
| Maximalvariante könnte sogar der kreisverkehrsartige Knotenpunkt am | |
| Kottbusser Tor auf eine „T-Kreuzung“ reduziert werden, bei der im | |
| nördlichen Bereich des Kotti kein Kfz-Verkehr mehr stattfinden würde. | |
| Sollte all das umgesetzt werden – was angesichts der neuen Landesregierung | |
| keineswegs sicher ist – entstünden Kosten von knapp 4 Millionen Euro. Eine | |
| Minimalvariante wäre dagegen schon für 2,2 Millionen Euro zu haben, rechnen | |
| die AutorInnen der Studie vor. In jedem Fall müssten rund 460 | |
| Pkw-Stellplätze daran glauben, 70 davon unter dem Hochbahnviadukt. | |
| Allerdings, auch darauf weist die Studie hin, gibt es im näheren Umfeld | |
| fast 2.000 Parkplätze in sogenannten Sammelanlagen, die nur gering bis | |
| mäßig ausgelastet seien, etwa im Parkhaus am Kottbusser Tor. Lieferverkehr, | |
| vor allem der gewerbliche mittels großer Lkw, soll die bisherige | |
| Nordfahrbahn zu bestimmten Tageszeiten auf kurzen Abschnitten befahren | |
| dürfen. | |
| ## Testfeld im August | |
| Bei paper planes [3][bereitet man derweil ein sogenanntes Reallabor vor]: | |
| Im August soll ein 200 Meter langes „Testfeld“ unter dem Viadukt zwischen | |
| den U-Bahnhöfen Görlitzer Bahnhof und Kottbusser Tor entstehen. | |
| Hier soll – trotz allem – „das Fahrradfahren in Mittellage erprobt sowie | |
| die Gestaltung des Raumes erfahren und diskutiert werden“. Ebenso geht es | |
| um die Vorstellung „verschiedener Bodenbeläge, Arten der Beleuchtung, | |
| Signaltechnik, Fahrradleitsysteme, Randbepflanzungen, Stadtmobiliar und | |
| Fahrradinfrastrukturen wie Aufstellflächen und Servicestationen“. | |
| 28 Apr 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Radbahn-fuer-Berlin/!5874622 | |
| [2] /Umfrage-zur-Radbahn-an-der-U1/!5780992 | |
| [3] https://www.radbahn.berlin/de/reallabor/testfeld | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
| ## TAGS | |
| Friedrichshain-Kreuzberg | |
| Mobilitätswende | |
| Radverkehr | |
| Mobilitätswende | |
| Schwerpunkt Stadtland | |
| Museumsinsel | |
| Verkehrswende | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| „Radbahn“-Testfeld in Kreuzberg eröffnet: Vision mit Spatzenhaus | |
| Nach Jahren des Planens hat das „Reallabor Radbahn“ ein sogenanntes | |
| Testfeld eingeweiht. Es zeigt die Chancen und Grenzen von Mobilitätsideen. | |
| Radbahn für Berlin: Radeln unterm Gleis | |
| Unter der Hochbahn soll von West nach Ost ein Radweg entstehen. Allemal ein | |
| schickes Projekt. Aber es treibt nicht die Verkehrswende voran. | |
| Von Radbahn bis Flussbad: Was spricht denn gegen Kühlung? | |
| Nicht jedes kreative urbanistische Projekt ergibt Sinn. Aber das Flussbad | |
| Berlin hat Potenzial zur Verbesserung der Stadt. Ein Wochenkommentar. | |
| Umfrage zur „Radbahn“ an der U1: Und wo wollen Sie so rollen? | |
| Die „Radbahn“ wird derzeit mit einer Machbarkeitsstudie durchleuchtet. Eine | |
| Online-Befragung soll die Nachfrage in der Bevölkerung klären. |