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# taz.de -- Die Linke nach Debakel in NRW: Auf Tierschutzpartei-Niveau
> Die Linkspartei ist in NRW untergegangen. Die Vorsitzende Wissler gibt
> nun die Parole aus: Alle sollen nur noch positiv über die eigene Partei
> sprechen.
Bild: Gerade alles andere als ein Traumjob: Janine Wissler, Vorsitzende der Lin…
Berlin taz | Die Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, wirkt
geschafft, als sie am Montag in die Berliner Bundespressekonferenz kommt.
Eigentlich wollte sie über Ostern verreisen, doch dann kamen
Sexismusvorwürfe aus ihrem Landesverband, ihre Co-Kapitänin Susanne
Hennig-Wellsow ging von Bord und bei den Wahlen in Schleswig-Holstein und
[1][nun in Nordrhein-Westfalen schrumpfte die Linke] auf das Niveau der
Tierschutzpartei. „Wir sind in einer existenzbedrohenden Situation“,
konstatierte die nun alleinige Linken-Chefin Wissler. Das ist nicht von der
Hand zu weisen.
Im [2][bevölkerungsreichsten Bundesland] wählten am Sonntag nur 2,1 der
Wähler:innen die Linke. Im Vergleich zu 2017, als der Linken nur 8.600
Stimmen für den Einzug in den Landtag fehlten, büßte sie nunmehr die Hälfte
ihrer Wähler:innen ein – und zwar über alle Milieus verteilt. Unter den
Arbeiter:innen wählten sogar nur noch 1 Prozent Linkspartei.
„Die Linke hat ihren [3][dramatischen Verfallsprozess] fortgesetzt“,
konstatiert Thomas Falkner von der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die
selbstzerstörerischen Vorgänge und die inhaltlichen Blockaden in der Partei
hätten voll durchgeschlagen.
## „Klare Botschaften senden“
In der Tat belauern sich Partei- und Fraktionsvorstand der Linken seit
Jahren mit gegenseitigem Misstrauen. Dieser Stellungskrieg führt dazu, dass
die Linke zu keiner gesellschaftlich relevanten Frage – ob es um Corona,
den Krieg in der Ukraine oder den Klimawandel geht – eine schlüssige
Antwort hat. Das Problem ist nicht, dass es der Partei nicht gelingt,
gemeinsame Positionen zu entwickeln, sondern dass diese von prominenten
Mitgliedern aus der Bundestagsfraktion sofort wieder kassiert werden.
So verurteilt die Linkspartei etwa den russischen Überfall auf die Ukraine
und fordert auch Wirtschaftssanktionen. Der Bundestagsabgeordnete Klaus
Ernst aber kritisiert das Ölembargo als Bumerang, die
Ex-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht gibt den USA sogar eine
erhebliche Mitschuld am Krieg und behauptete im NRW-Wahlkampf, der Westen
blockiere einen Waffenstillstand.
Der Spitzenkandidat der Linken in Nordrhein-Westfalen, Jules El-Khatib,
bezeichnete diese „Vielstimmigkeit“ zwar am Montag in Berlin als „nicht
hilfreich“ – bedankte sich aber gleichzeitig für die Unterstützung auch v…
Wagenknecht im Wahlkampf. Ihr Auftritt sei völlig okay gewesen. Wissler
sieht das nicht ganz so locker und fordert: „Wir müssen wieder klare
Botschaften senden.“ Vor allem aber gelte nun für alle: „Jetzt nur noch
positiv über die eigene Partei zu sprechen.“
Als wenn das so einfach wäre. Für den Parteitag Ende Juni hoffen viele auf
einen Neuanfang. In Erfurt wird der gesamte Parteivorstand einschließlich
der Parteispitze neu gewählt. Die Attraktivität des Amtes hält sich in
Grenzen, bislang gibt es nur fünf offizielle Kandidaturen für den Vorstand,
darunter eine für den Parteivorsitz. Immer wieder fällt der Name Sören
Pellmann, der unter anderem von Wagenknecht unterstützt wird. Als
Gegenkandidat wird Jan van Aken ins Spiel gebracht. Wissler selbst lässt
offen, ob sie wieder antritt.
Die Berliner Landesvorsitzende Katina Schubert hält aber als Konsequenz aus
den jüngsten Wahlniederlagen auch Veränderungen in der Bundestagsfraktion
für notwendig. „Ich erwarte dringend, dass auch die Fraktion Verantwortung
übernimmt, die derzeit einer Ansammlung von Ich-AGs gleicht, in der jeder
sein eigenes Ding macht“, sagte sie der taz. Das zeige sich etwa am
Ukrainekrieg, wo Wagenknecht, aber auch die abrüstungspolitische
Sprecherin Sevim Dağdelen, eine völlig andere Linie als der Parteivorstand
verträten. „Das muss aufhören.“
Schubert fordert, dass die Fraktion verstärkt Lösungsvorschläge für die
tägliche reale Politik entwickelt. Ein Sofortprogramm für
Energiesicherheit, Energiesouveränität und ökologische Transformation, wie
es die Fraktionsvorsitzenden der Länder jetzt vorgeschlagen haben, hätte
sie eigentlich von der Bundestagsfraktion erwartet. „Das ist ihr Job.“ Wäre
also auch ein Wechsel an der Fraktionsspitze, wo derzeit Dietmar Bartsch
und Amira Mohamed Ali die Geschäfte führen, nötig? „Die Fraktionsführung
muss sich diese Frage selbst stellen“, meint Schubert. Fakt sei: „Wenn die
Partei implodiert ist jeder der 39 Abgeordneten-Arbeitsplätze und der
gesamten Mitarbeiter:innen gefährdet.“
Und nicht nur dort.
16 May 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Anna Lehmann
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