| # taz.de -- Streit um Abriss in der Habersaathstraße: Bezirk will weiter verha… | |
| > Der Bezirk weist die Kritik an einer „Einigung“ mit dem Besitzer der | |
| > Habersaathstraße 40-48 zurück. Die Gespräche mit dem Investor liefen | |
| > noch. | |
| Bild: Das (gar nicht so) leerstehende Haus in der Habersaathstraße: Zur Zeit d… | |
| Berlin taz | Das Bezirksamt Mitte weist die Behauptung der Initiative | |
| „Leerstand-Hab-ich-Saath“ zurück, es gebe eine Einigung mit dem Eigentümer | |
| der Wohnhäuser Habersaathstraße 40-48 über einen Abriss. „Das Bezirksamt | |
| befindet sich weiterhin im Austausch mit den Eigentümern des Gebäudes“, | |
| erklärte die Pressestelle des Bezirksamts auf taz-Anfrage. Allerdings habe | |
| der Bezirksbürgermeister sich „zwischenzeitlich“ mit einem Schreiben an die | |
| Bestandsmieter*innen gewandt, „indem er den aktuellen Sachstand sowie | |
| mögliche Optionen im weiteren Vorgehen beschreibt“. | |
| Die Initiative hatte am Montag in einer Pressemitteilung die „Einigung“ des | |
| Bezirks mit dem Eigentümer scharf kritisiert. Danach dürfen die rund 120 | |
| Wohnungen abgerissen werden unter der Bedingung, dass die Altmieter | |
| Umsetzwohnungen bekommen und danach 10 Jahre lang zum alten Mietzins im | |
| Neubau wohnen dürfen. Wahlweise steht ihnen eine Entschädigung von 1.000 | |
| Euro/Quadratmetern zu. Der Eigentümer verpflichtet sich zudem, 30 Prozent | |
| der Wohnungen für Kaltmieten zwischen 6,50 und 8,50 Euro zu vermieten, das | |
| Bezirksamt soll ein Vorschlagsrecht für diese Mieter*innen bekommen. Die | |
| Initiative hatte dies als „skandalös“ und „faulen Kompromiss“ bezeichn… | |
| Das Schreiben von [1][Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne)], das | |
| der taz inzwischen in Gänze vorliegt, datiert vom 14. April und nennt in | |
| der Tat diese Punkte. Diese werden im Schreiben als „Vergleichsvorschlag“ | |
| bezeichnet, über den man mit diesem Schreiben informieren wolle. Weiter | |
| heißt es: „Mit diesem Kompromiss möchten wir eine dauerhafte Lösung für | |
| alle Beteiligten herbeiführen. Auf Grundlage eines genehmigungsfähigen | |
| Bauantrags soll die Errichtung von wesentlich mehr Wohnraum auf dem | |
| Grundstück ermöglicht und so verhindert werden, dass das Gebäude ohne | |
| Auflagen abgerissen werden kann.“ | |
| Tatsächlich kommt also der Bezirk dem Eigentümer mit seinen Vorschlägen | |
| weit entgegen. Laut der [2][Berliner Zweckentfremdungsverbotsverordnung] | |
| dürfen Wohnungen nur abgerissen werden, wenn Ersatzwohnungen in gleicher | |
| Zahl für maximal 7,92 Euro Kaltmieter pro Quadratmeter geschafft werden. | |
| Dies will der Besitzer aber nicht. Darum hat der Bezirk bislang die | |
| Genehmigung zum Abriss verweigert, wogegen der Besitzer schon länger | |
| juristisch vorgeht. Der Bezirk Mitte fürchtet offenbar, dieses Verfahren zu | |
| verlieren, wie dies in einem anderen Bezirk tatsächlich bereits geschehen | |
| ist, und ist deshalb auf Kompromisssuche, um wenigstens für einen Teil der | |
| Wohnungen eine Preisbindung zu erreichen. | |
| Niklas Schenker, Sprecher für Mieten und Wohnen der Linksfraktion im | |
| Abgeordnetenhaus, hält diese Strategie für falsch. „Der Bezirk hätte das | |
| durchfechten sollen“, sagte er der taz. Wenn nur 30 Prozent der Wohnungen | |
| im geregelten Preissegment sind, der Rest also frei vermietet werden kann, | |
| „wird damit faktisch bezahlbarer Wohnraum vernichtet“. So werde mit der | |
| Einigung auch die Strategie des jahrelangen Leerstands belohnt. Der | |
| Eigentümer hat die Häuser seit Jahren systematisch „entmietet“, lediglich… | |
| Altmieter*innen sind noch übrig. | |
| ## Bezirk: „Sind guter Hoffnung“ | |
| Von Dassel erklärte dennoch in seinem Brief an die Mieter*innen: „Wir sind | |
| guter Hoffnung, dass wir uns mit dem Eigentümer auf das beschriebene | |
| Verfahren einigen und für alle Beteiligten eine faire und verlässliche | |
| Lösung erzielen können.“ | |
| Die 50 Obdachlosen, die seit Ende Dezember einen Teil der seit Jahren | |
| leerstehenden Wohnungen beziehen konnten, sind damit offenbar nicht | |
| gemeint. Mit keinem Wort wird im Schreiben erwähnt, was mit ihnen geschehen | |
| soll. In der Vergangenheit waren mehrere Besetzungen der zum Teil sogar | |
| möblierten Wohnungen gescheitert. Kurz nach Weihnachten hatte der Bezirk | |
| schließlich einer temporären Unterbringung von Obdachlosen dort zugestimmt. | |
| Valerie Hauser vom der [3][Initiative „Leerstand-Hab-ich-Saath“] erklärte | |
| am Montag: „Die Häuser wurden nicht besetzt, um sie jetzt abreißen | |
| zulassen. Wir werden dem nicht tatenlos zusehen.“ | |
| 26 Apr 2022 | |
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| [3] https://twitter.com/hab_ich_saath?lang=de | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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