Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumbien im Wahlkampf: Wenn sich ein General vertwittert
> Ein rechter General polemisiert im Wahlkampf gegen den linken Kandidaten.
> Dumm nur, dass ihm die Verfassung parteipolitische Äußerungen verbietet.
Bild: Gustavo Petro wurde von seinem Konkurrenten hart auf Twitter attackiert
Bogotá taz | Seine Gegner hat General Eduardo Enrique Zapateiro
Altamiranda noch nie mit Samtschuhen angefasst. Doch jetzt könnte der
Kommandant des kolumbianischen Heers tatsächlich Probleme bekommen.
Anlass sind sechs Nachrichten auf Twitter.
Am 29. Mai sind in Kolumbien Präsidentschaftswahlen. In Umfragen liegt der
linkspopulistische Kandidat [1][Gustavo Petro] immer noch mit deutlichem
Abstand vorn. Petro war vor einigen Jahrzehnten Guerillero, später
Bürgermeister von Bogotá und ist mittlerweile Senator der Republik.
Dem Militär steht Petro kritisch gegenüber – womit er angesichts der
[2][Verbrechen der Armee] während des bewaffneten Konflikts nicht allein da
steht. Gerade sorgt eine [3][Militäroperation in Putumayo] für Aufregung:
Elf Zivilistïnnen starben unter dubiosen Umständen, die die Armee offenbar
vertuschen wollte.
Als vor zwei Wochen sechs Soldaten bei einem Attentat starben, hinter dem
laut Armee der Golfclan steckte, [4][wies Petro darauf hin], dass einige
Generäle mit dem Drogenkartell zusammenarbeiteten.Zum selben Schluss war im
Februar ein [5][Bericht der Generalstaatsanwaltschaft] gekommen.
## Tweets vom Militäraccount aus gesendet
Doch jetzt platzte General Zapateiro der Kragen – in einem Maß, wie es die
Kolumbianerïnnen selbst von ihm bisher nicht gewohnt waren.
In sechs Tweets griff Zapateiro den Kandidaten Gustavo Petro offen an –
alles vom offiziellen Account des Kommandanten des kolumbianischen Heers
aus. Er warf ihm vor, den Tod von Soldaten politisch zu
instrumentalisieren. Petro sei Teil des Kollektivs der
„Drogenhandel-Politiker“ und unterstellte ihm Korruption: Die
Kolumbianerinnen hätten ihn gesehen, wie er in Müllsäcken Geld
entgegengenommen habe (das ist per Video belegt, doch [6][urteilte der
oberste Gerichtshof], dass das Geld nicht aus Drogenhandel stammte und die
Umstände legal waren).
Außerdem forderte der General Respekt vor „der ältesten Institution des
Landes, deren Mitglieder, Männer und Frauen, bedingungslos mehr als 200
Jahre die Demokratie dieser Nation sogar mit ihrem Leben verteidigt haben“.
Jetzt hat der General ein Problem: Die kolumbianische Verfassung
[7][verbietet es Staatsbediensteten], sich an Aktivitäten von Parteien oder
Bewegungen zu beteiligen. Aktive Mitglieder der Sicherheitskräfte dürfen in
Kolumbien [8][nicht einmal wählen].
## Straftatbestand „Einmischung in die Politik“
Ein Menschenrechtsverteidiger und Anwalt reichte diese Woche bei der
Staatsanwaltschaft [9][Strafanzeige] gegen Zapateiro ein. Die Vorwürfe:
„Pflichtvergessenheit durch Handeln“ und „Einmischung in die Politik“.
Ex-Verfassungsrichter, ehemalige Staatsanwälte und Minister sowie ein
renommierter Verfassungsrechtler sehen das ähnlich. Die oberste
Aufsichtsbehörde begann einen Tag später mit der Voruntersuchung gegen den
General.
Tatsächlich ist Zapateiro weit entfernt vom Staatsbürger in Uniform. Er ist
als rechter Hardliner bekannt. Ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat
sich seine [10][Wutpredigt in einem Fernsehinterview]. Öffentlich trauerte
er nach dessen Krebstod um Jhon Jairo Velásquez alias „[11][Popeye“], den
bekannten Auftragskiller des früheren Drogenbarons Pablo Escobar.
Die Sonderjustiz für den Frieden, die nach Wahrheit im Fall der von
Soldaten umgebrachten und als Guerilleros verkleideten Zivilisten suchen,
bezeichnete er als „[12][giftige und perverse Vipern]“. Politisch,
polemisch, ultrarechts, dafür ist Zapateiro bekannt – aber noch nie hatte
er sich so krass in den Wahlkampf eingemischt.
## Präsident Duque verteidigt den rechten General
Rückendeckung erhielt der General von [13][Präsident Iván Duque]. Der ist
ebenfalls Staatsbediensteter und hat nach Recherchen des Portals La Silla
Vacía in einer von drei Reden zuletzt Wahlkampf gegen Petro betrieben.
Duque hatte 2018 in der Stichwahl gegen Petro gewonnen. Er wünscht sich den
rechten Federico „Fico“ Gutiérrez als seinen Nachfolger. Das
Antikorruptionsinstitut hatte den Präsidenten schon Mitte April wegen
seiner Einmischung in den Wahlkampf [14][angezeigt]. Ob das
Verwaltungsgericht vor der Präsidentschaftswahl noch eine Entscheidung
trifft, ist fraglich.
Kommt die Aufsichtsbehörde im Fall Zapateiro zu dem Schluss, dass der
General schuldig ist, kann die Strafe eine Geldbuße, Suspendierung,
Absetzung oder sogar ein Verbot der Ausübung öffentliche Ämter von bis zu
18 Jahren sein.
1 May 2022
## LINKS
[1] /Erfolg-der-Linken-in-Kolumbien/!5839855
[2] /Aufarbeitung-von-Verbrechen-des-Militaers/!5851372
[3] https://elpais.com/internacional/2022-04-10/el-fallido-operativo-del-gobier…
[4] https://elpais.com/internacional/2022-04-22/el-jefe-del-ejercito-colombiano…
[5] https://www.pares.com.co/post/nexos-entre-el-clan-del-golfo-y-ex-militares
[6] https://cortesuprema.gov.co/corte/index.php/2021/06/04/corte-suprema-se-inh…
[7] https://www.constitucioncolombia.com/titulo-5/capitulo-2/articulo-127
[8] https://www.constitucioncolombia.com/titulo-7/capitulo-7/articulo-2199
[9] http://dhcolombia.com/2022/04/25/denuncia-penal-en-contra-del-ciudadano-edu…
[10] https://twitter.com/NoticiasRCN/status/1260016809173872641?s=20&t=V5DI…
[11] /Wahl-in-Kolumbien/!5390699
[12] https://www.lasillavacia.com/historias/silla-nacional/la-salida-en-falso-d…
[13] /Kommentar-Machtwechsel-in-Kolumbien/!5511545
[14] https://www.radionacional.co/actualidad/politica/demandan-al-presidente-du…
## AUTOREN
Katharina Wojczenko
## TAGS
Kolumne Stadtgespräch
Kolumbien
Präsidentschaftswahlkampf
Militär
Iván Duque
Gustavo Petro
Lesestück Recherche und Reportage
Kolumbien
Kolumbien
Kolumbien
Kolumbien
Kolumbien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Präsidentschaftswahl in Kolumbien: Tanzen und singen an ihrer Seite
Francia Márquez könnte Kolumbiens erste schwarze Vizepräsidentin werden.
Für viele Arme ist sie eine Hoffnungsträgerin.
Wahlkampf in Kolumbien: Medellíns Bürgermeister suspendiert
Weil Daniel Quintero für Kolumbiens linken Präsidentschaftskandidaten
wirbt, muss er gehen. Doch er könnte bald zurück sein.
Drogenkriminalität in Kolumbien: Das allmächtige Kartell
Mit einem „bewaffneten Streik“ demonstriert der Golf-Clan seine Macht in
Kolumbien. Anlass: die Auslieferung seines Ex-Chefs „Otoniel“ an die USA.
Umweltkonflikte in Kolumbien: Wenn die Adler drohen
Aktivist:innen, die sich gegen Megaprojekte wehren, werden von
paramilitärischen Gruppen verfolgt. Auf Schutz der Regierung können sie
nicht hoffen.
Abtreibungsverbot in Kolumbien gekippt: Erfolg für Frauen in Kolumbien
Kolumbiens Verfassungsgericht kippt das Abtreibungsverbot und beauftragt
Parlament und Regierung, alle Hindernisse zu beseitigen.
Kolumbianischer Drogenboss sagt aus: Wenn Wissen zur Gefahr wird
Drei Monate nach seiner Verhaftung sagt Kolumbiens wichtigster Drogenboss
endlich aus. Dann werden die Mitschnitte gestohlen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.