| # taz.de -- Drogenkriminalität in Kolumbien: Das allmächtige Kartell | |
| > Mit einem „bewaffneten Streik“ demonstriert der Golf-Clan seine Macht in | |
| > Kolumbien. Anlass: die Auslieferung seines Ex-Chefs „Otoniel“ an die USA. | |
| Bild: Wenn Fahrer den Warnungen des Clans trotzen: Ausgebrannter Lkw in der Pro… | |
| Bogota taz | Vier Tage Terror, und die Bilanz ist erschütternd. 24 Morde an | |
| Zivilistïnnen, zwei tote Sicherheitskräfte, mehr als hundert angezündete | |
| Fahrzeuge. Alle 20 Minuten eine Gewalttat. Der kriminelle Golf-Clan | |
| demonstriert während eines „bewaffneten Streiks“ seine Macht über | |
| Kolumbien. Anlass ist die Auslieferung des Drogenbosses „Otoniel“ in die | |
| USA. Betroffen sind 3,5 Millionen Menschen. | |
| Vier Tage zeigte die Verbrecherorganisation Golf-Clan, dass sie in weiten | |
| Teilen Kolumbiens das Sagen hat. Fast den gesamte Norden des Landes legte | |
| sie lahm – von der Karibikregion die Pazifikküste hinab, ein Drittel der | |
| kolumbianischen Departamentos. Betroffen waren nicht nur ländliche | |
| Regionen, sondern auch Städte. In der Region La Guajira, wo die Kohlemine | |
| El Cerrejón ist, mit der Deutschland künftig [1][russische Kohle ersetzen] | |
| will, waren laut der [2][Sonderjustiz für den Frieden (JEP)] alle Gemeinden | |
| betroffen. | |
| Der Golf-Clan verhängte Ausgangssperren. Schulen blieben geschlossen, | |
| Lokalmedien hörten auf zu berichten, der Verkehr wurde gestoppt. | |
| Lebensmittel und Treibstoff wurden knapp. Die bewaffneten Kämpfer zündeten | |
| Busse und Lastwagen derjenigen an, die es wagten, trotzdem zu fahren. | |
| Bilder zeigten verwaiste Straßenzüge, an denen Gebäude frisch mit dem | |
| Kürzel AGC beschmiert waren. Das steht für Gaitanistische | |
| Selbstverteidigung Kolumbiens, einer der Namen der Verbrecherorganisation. | |
| Wer sich nicht an die Regeln hielt, der bezahlte einen hohen Preis – wie | |
| Francisco Miguel Soto López, der ermordet wurde, weil er auf dem Markt | |
| Kochbananen verkaufte, obwohl alle wirtschaftlichen Aktivitäten verboten | |
| waren. | |
| ## Drogenhandel, Abholzung, Mord | |
| Anlass für die brutale Aktion war laut Pamphleten die Auslieferung des | |
| Drogenbosses Dairo Antonio Úsuga alias Otoniel an die USA weniger als 24 | |
| Stunden zuvor. Dort wird er wegen Drogenhandel gesucht. | |
| [3][Otoniel galt bis zu seiner Festnahme im Oktober 2021] als der | |
| gefährlichste Drogenboss und war Anführer des Golf-Clans. Dieser ist die | |
| mächtigste [4][Verbrecherorganisation Kolumbiens]. Ihre illegalen | |
| Einnahmequellen sind Drogenhandel, Bergbau, Abholzung der Wälder für | |
| Bergbau, der Anbau von Drogenpflanzen und Holzhandel. Der Golf-Clan ist | |
| verantwortlich für Vertreibungen, ermordet Bürger- und | |
| Menschenrechtlerïnnen und kooperiert mit Gruppen, die Kinder rekrutieren, | |
| erpressen und Auftragsmorde begehen. Zudem arbeitet er mit dem | |
| mexikanischen Sinaloa-Kartell zusammen im Drogen- und Waffenhandel. | |
| Der Golf-Clan behauptet, er sorge sich um die Rechte der Opfer und | |
| protestiere so gegen die Regierung. Für Expertïnnen ist das lächerlich: Sie | |
| gehen davon aus, dass der „Paro Armado“ allein der Machtdemonstration | |
| gegenüber der Regierung und anderen bewaffneten Gruppen diente – und der | |
| Einschüchterung der Bevölkerung. | |
| Es ist bekannt, dass der Golf-Clan mit Militärs, Polizistïnnen, | |
| Politikerïnnen und Landbesitzerïnnen in Kolumbien kollaboriert. Otoniel | |
| hatte der Sonderjustiz eine [5][Liste mit 63 Namen] hochrangiger Personen | |
| ausgehändigt und zeigte sich willig [6][auszupacken]. | |
| ## Aufklärung verhindert | |
| Im mehr als 50 Jahre währenden bewaffneten Konflikt war er in verschiedenen | |
| Organisationen aktiv: zuerst Mitglied der linken Guerilla EPL | |
| (Volksbefreiungsarmee), dann kurze Zeit in den Reihen der Farc | |
| (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) und später Mitglied der rechten | |
| Paramilitärs AUC (Kolumbianische Selbstverteidigungskräfte). Die Opfer | |
| hofften deshalb, endlich die Wahrheit zu erfahren und dass Otoniel | |
| Strukturen bloßlegen würde, die teilweise bis heute aktiv sind. | |
| Doch dazu kam es nicht. Präsident Iván Duque überging ein Gerichtsurteil | |
| zugunsten der Opfer und genehmigte die Auslieferung an die USA per Dekret. | |
| Das Ausmaß der Gewalt beim bewaffneten Streik verleugnete Duque vollkommen. | |
| Er [7][sprach] von „feigen Einzeltaten“, mit denen der Clan versuche, | |
| einzuschüchtern und eine Stärke zu zeigen, die er nicht habe. | |
| Duque verkündete die Mobilisierung von 52.000 Sicherheitskräften an | |
| kritischen Punkten – wobei diese nach Berichten aus der Bevölkerung an | |
| vielen Orten nie auftauchten. Danach entschwand Duque nach Costa Rica, um | |
| für den Wirtschaftsstandort Kolumbien zu werben. | |
| 10 May 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Umstrittene-Kohle-aus-Kolumbien/!5851664 | |
| [2] https://twitter.com/UIA_JEP/status/1523473743645147136?s=20&t=jxzv3J7Cy… | |
| [3] /Umstrittene-Kohle-aus-Kolumbien/!5851664 | |
| [4] https://www.pares.com.co/post/plomo-es-lo-que-hay-violencia-y-seguridad-en-… | |
| [5] https://cambiocolombia.com/opinion/los-danieles/la-lista-de-otoniel | |
| [6] /Kolumbianischer-Drogenboss-sagt-aus/!5833715 | |
| [7] https://twitter.com/infopresidencia/status/1523079694857420801?s=20&t=5… | |
| ## AUTOREN | |
| Katharina Wojczenko | |
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