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# taz.de -- Förderung für bessere Radwege: 30 Euro pro Kopf und Jahr fürs Rad
> Der Fahrradverband ADFC fordert, dass der Bund das erfolgreiche Programm
> „Stadt und Land“ verlängert. Sonst seien Projekte bedroht.
Bild: Nur wenn es bis 2030 dreimal so viel Radwege gibt, kann Deutschland seine…
Berlin taz | Die Fahrradbrücke in Essen, das Radparkhaus in Hamburg und
bundesweit mehr als 900 weitere Projekte vor allem zum Schließen von
Fahrradwegelücken sind bereits auf den Weg gebracht. Doch nach
erfolgreichem Auftakt droht dem Radförderprogramm des Bundes eine abrupte
Vollbremsung – wenn er es nicht umgehend verlängert und mehr Geld zur
Verfügung stellt. Davor warnt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC).
Mit mehr als 200.000 Mitgliedern ist er die nach eigenen Angaben größte
Interessenvertretung von Radfahrenden in Deutschland.
Mit dem [1][Programm „Stadt und Land“] habe das Bundesverkehrsministerium
eine unglaubliche Dynamik beim Ausbau von Radfahrinfrastruktur in den
Kommunen ausgelöst, sagt ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider
im Gespräch mit der taz. Doch das Programm läuft bald aus. „Wenn der Bund
jetzt nicht nachlegt, würgt er das Wachstumspotenzial des Fahrrads als
klimafreundlichstes Verkehrsmittel ab“, so Schneider. „Finanzminister
Lindner muss jetzt mit dem Klimaschutzsofortprogramm eine auskömmliche
Finanzierung bis 2030 für den Radverkehr sicherstellen.“
Das Programm „Stadt und Land“ ist Teil des [2][Klimapakets von 2019]. Die
damalige Bundesregierung hat bis 2023 zusätzliche 900 Millionen Euro für
den Ausbau der Radinfrastruktur in den Kommunen zur Verfügung gestellt,
sodass der Radverkehrsetat des Bundes für den Zeitraum 2020 bis 2023 auf
1,4 Milliarden Euro gestiegen ist. Das Programm ist das erste des Bundes
für den Ausbau kommunaler Radinfrastruktur.
Der Nachholbedarf in Städten und Gemeinden ist groß, wie die Resonanz auf
das Programm zeigt. Nach einer Auswertung des ADFC, die der taz vorliegt,
waren zum Jahreswechsel 2021/22 bereits 70 Prozent des gesamten Etats
vergeben. Insgesamt wurden 925 Maßnahmen bewilligt.
## Enormer Investitionsstau
Die hohe Nachfrage beweist nach Auffassung des ADFC, was die bisherige
Fixierung auf den Autoverkehr bedeutet hat: „Der Radverkehr ist
jahrzehntelang vernachlässigt worden, die meisten Radwege sind in
erbärmlichen Zustand, viel zu schmal – oder sie fehlen einfach da, wo sie
dringend gebraucht werden“, so Schneider. „Der Investitionsrückstau ist
enorm, gleichzeitig wächst und wächst der Fahrradboom.“
Die bislang zur Verfügung gestellten Mittel reichten bei Weitem nicht aus.
Außerdem sei die Laufzeit des Programms viel zu kurz. Länder und Kommunen
bräuchten Planungssicherheit für Projekte, deren Vorlauf und Realisierung
wie bei Fahrradbrücken oder Fahrradparkhäusern oft mehrere Jahre in
Anspruch nehmen. Ist dann die Anschlussfinanzierung nicht gesichert, droht
ihnen das Aus.
Damit Deutschland die Klimaziele im Verkehr einhalten kann, muss nach
Auffassung der Nationalen Plattform der Mobilität – einer von der
vorherigen Bundesregierung eingesetzten Expert:innenkommission – die
Radinfrastruktur bis 2030 verdreifacht werden. Das ist nach Einschätzung
des ADFC nur zu erreichen, wenn die Mittel drastisch aufgestockt werden.
„Das bedeutet: mindestens zehn Euro pro Person und Jahr vom Bund für den
Radverkehr, bisher sind es fünf“, fordert Schneider. Insgesamt solle die
öffentliche Hand pro Bürger:in und Jahr 30 Euro in den Radverkehr
investieren. Neben den 10 Euro vom Bund, soll das Geld von Ländern und
Kommunen bereitgestellt werden. Die Niederlande geben 35 Euro pro Kopf und
Jahr für Radinfrastruktur aus.
## Personalausstattung ist entscheidend
Bislang nehmen die Länder die Radförderung des Bundes sehr unterschiedlich
in Anspruch. Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Hessen,
Sachsen-Anhalt und Hamburg haben das Programm bereits voll ausgeschöpft,
hier stehen Projekte auf der Warteliste. Berlin, Bremen und Rheinland-Pfalz
dagegen haben nach Einschätzung des ADFC Schwierigkeiten, die Mittel
abzurufen.
Der Grund dafür ist dem ADFC zufolge die unterschiedliche
[3][Personalausstattung] der Länder. Baden-Württemberg hat neun befristete
Stellen eingerichtet, um Kommunen bei Anträgen zu unterstützen. In Berlin
und Bremen dagegen hemmt der Personalengpass in der Verwaltung die
Geschwindigkeit, mit der Mittel beantragt werden, so der ADFC. Dabei sind
die Chancen gut, in den Genuss der Fördermittel zu kommen, wenn der Antrag
erst einmal gestellt ist. Der Projektträger, das Bundesamt für
Güterverkehr, muss innerhalb eines Monats Einwände erheben, ansonsten
gelten die beantragten Maßnahmen als genehmigt.
Der Organisation hofft darauf, dass die Länder die Forderung nach mehr
Bundesmitteln unterstützen. Bei der am Mittwoch beginnenden
Landesverkehrsminister:innenkonferenz steht das Thema Radverkehr
auf der Tagesordnung. Zu denjenigen, die eine Verlängerung des Programms
Stadt und Land fordern, gehört der niedersächsische Verkehrsminister Bernd
Althusmann (CDU). Der enge Umsetzungszeitraum bis Ende 2023 sei ein
Problem, so Althusmann. „Insofern bitte ich den Bund, zeitnah das Programm
zu verlängern, um den Kommunen Planungssicherheit zu bieten.“
4 May 2022
## LINKS
[1] /Verkehrswende-in-Deutschland/!5640299
[2] /Debatte-um-Merkels-Klimapaket/!5625051
[3] /Die-These/!5731159
## AUTOREN
Anja Krüger
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Andreas Scheuer
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