# taz.de -- Fahrradgesetz in NRW: Mit dem Rad aus dem Stau | |
> NRW hat nach Druck von Aktivist:innen als einziges Bundesland ein | |
> eigenes Radgesetz verabschiedet. Das verschafft eine andere Grundlage. | |
Bild: Berechtigte Hoffnung auf Verbesserung gibt es jetzt in NRW | |
Die Radwege in Nordrhein-Westfalen sind heute genauso mangelhaft wie vor | |
einigen Jahren, wenn es überhaupt welche gibt. Aber jetzt gibt es immerhin | |
die berechtigte Hoffnung auf eine zügige Verbesserung. NRW hat als erstes | |
und bislang einziges Flächenland im vergangenen November ein eigenes | |
Fahrradgesetz verabschiedet. „Man sieht noch keine Veränderung auf der | |
Straße, aber das Gesetz hat eine enorme Signalwirkung“, sagt Ute Symanski, | |
Vorsitzende des Thinktanks Radkomm und der Volksinitiative „Aufbruch | |
Fahrrad“. | |
Mehr als 200.000 Unterschriften hatte die [1][Volksinitiative „Aufbruch | |
Fahrrad]“ dafür gesammelt, dass der Landtag sich mit der Verbesserung der | |
Radinfrastruktur befassen muss. „Wir hätten uns ein anderes Gesetz | |
gewünscht“, sagt Symanski. Zum Beispiel hätte die Initiative gerne das Ziel | |
aufgenommen, in NRW den Anteil des Rads am Gesamtverkehr von jetzt 11 | |
Prozent auf 25 zu erhöhen – bis zum Jahr 2025. Das hat zwar nicht geklappt. | |
Trotzdem ist das Radgesetz eine gute Grundlage für zügige Verbesserungen, | |
ist Symanski überzeugt. Der frühere Landesverkehrsminister und heutige | |
[2][Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU)] habe das Gesetz gegen viele | |
Widerstände durchgesetzt. Das Besondere: Zum ersten Mal wird das Fahrrad | |
zum gleichwertigen Verkehrsmittel erklärt. | |
Für eine schwarz-gelbe Landesregierung ist das ein großer Schritt. Bislang | |
ist in deutschen Regelwerken – etwa in der Straßenverkehrsordnung – das | |
Auto das Maß aller Dinge. Kommunen können keineswegs einfach Radwege bauen, | |
weil sie umweltfreundliche Mobilität fördern wollen. Sie müssen den | |
konkreten Bedarf nachweisen, was mitunter schwierig ist. Das Gesetz | |
eröffnet Städten und Gemeinden in NRW viel mehr Möglichkeiten. „Alle, die | |
etwas verändern wollen, haben jetzt eine andere Verhandlungsgrundlage“, | |
sagt Symanski. | |
Forderungen nach einer besseren Infrastruktur fürs Rad werden in den | |
Kommunen immer lauter. In Aachen, Essen, Mönchengladbach und etlichen | |
weiteren Städten gibt es Bürgerbegehren, die sogenannten „Radentscheide“. | |
Der Initiative von „Aufbruch Fahrrad“ für ein Radgesetz auf Landesebene | |
haben sich 215 Vereine und Verbände angeschlossen, darunter Attac, | |
Greenpeace und der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) | |
## Bestehende Infrastruktur umwidmen | |
Viele Radaktivist:innen wollen keine großen neuen | |
Infrastrukturprojekte, sondern die bestehende Infrastruktur umwidmen. Die | |
Idee: Auf Land- und anderen Straßen können dem Autoverkehr systematisch | |
Bereiche weggenommen und den Radfahrenden zugeschrieben werden. „Wenn das | |
Fahrrad ein gleichberechtigtes Verkehrsmittel ist, dann geht das“, sagt | |
Symanski. Die Umwidmung könnte mit Farbmarkierungen oder Baken schnell | |
erfolgen. So könnte das Ziel erreicht werden, den Radverkehrsanteil bis | |
2025 auf 25 Prozent zu erhöhen. | |
Von den jetzt regierenden Parteien CDU und FDP ist so etwas allerdings | |
nicht zu erwarten. Trotz Radgesetz kommt der Ausbau der Infrastruktur nicht | |
voran, kritisiert Thomas Eberhardt-Klöster vom Koordinierungskreis Attac. | |
„Es wird kaum was gebaut.“ Der [3][Radschnellweg Ruhr von Moers nach Hamm] | |
sollte schon 2020 fertig sein. Er wäre für Pendler:innen eine | |
Alternative zum Auto, mit einem E-Bike sind auch längere Strecken zu | |
bewältigen. Doch das Projekt wird nicht mit dem nötigen Ehrgeiz | |
vorangetrieben. Wenige Teilstücke der geplanten 115 Kilometer sind fertig. | |
Wann der Radschnellweg durchgängig befahrbar ist, ist völlig offen. „Die | |
Landesregierung hat in den letzten Jahren vor allem den Autoverkehr | |
gefördert“, sagt Eberhardt-Klöster. Das macht sie allerdings auch nicht | |
besonders gut. Nach Auswertungen des ADAC ist NRW seit Jahren das Stauland | |
Nummer eins. Im vergangenen Jahr stand fast jeder dritte Stau in der | |
Bundesrepublik auf den Autobahnen NRWs. | |
## Höhere Parkgebühren | |
Dass die Politik das Autofahren unattraktiver machen soll, fordert auch Iko | |
Tönjes, Sprecher des Landesvorstands des ökologischen Verkehrsclubs VCD in | |
NRW. Dazu gehören etwa mehr und höhere Parkgebühren. „Man muss von außen | |
Druck ausüben“, sagt er. Für die FDP sei es der Markenkern, Autolobby zu | |
sein. Die großen Parteien wollten für alle wählbar sein und schreckten | |
deshalb vor Maßnahmen gegen das Auto zurück. | |
Die Grünen stehen in den Umfragen bei 16 bis 18 Prozent. Sie werden | |
wahrscheinlich an der nächsten Landesregierung beteiligt sein, auch wenn | |
offen ist, in welcher Koalitionskonstellation. Der grüne | |
Landtagsfraktionsvize Arndt Klocke wird als Verkehrsminister gehandelt. | |
Radaktivist:innen schreckt der Gedanke, dass es in Düsseldorf wie in | |
Berlin ausgehen könnte und die FDP das Verkehrsressort übernimmt. | |
15 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Volksinitiative-Rad-erfolgreich/!5647324 | |
[2] /NRW-Ministerpraesident-Hendrik-Wuest/!5850538 | |
[3] /Radschnellweg-Ruhr-wird-nicht-fertig/!5812320 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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