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# taz.de -- Russischsprachige Communities: Propaganda auf Social Media
> Einseitige mediale Berichterstattung schürt gegenseitigen Hass. Sensible
> Aufklärungsarbeit und ein alternatives Medienangebot sind gefragt.
Bild: Social-Media-Kanäle werden massiv für Propagandazwecke genutzt
Berlin taz | Bei prorussischen Autokorsos, Friedensdemos und
Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine kam es in den letzten Wochen zu
etlichen Auseinandersetzungen. Nach Angaben der Landeskriminalämter gab es
seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine 1.700 Straftaten
in diesem Zusammenhang.
Sachbeschädigungen wie eingeschlagene Fensterscheiben überwogen, doch auch
vereinzelte Gewaltdelikte verzeichnen die Behörden. Die Angriffe richteten
sich dabei sowohl gegen ukrainisch- als auch gegen russischstämmige
Personen.
Besonders in sozialen Medien kursierten zahlreiche Meldungen zu Übergriffen
auf [1][russischstämmige Personen], von denen sich ein Großteil als falsch
entpuppte, berichtete die Soziologin Tatiana Golova in der Pressekonferenz
des Mediendienstes Integration am Donnerstag. Sie erklärte, wie angebliche
und auch tatsächliche Anfeindungen aufgebauscht und zu
[2][Propagandazwecken] genutzt werden.
Vor allem die russische Botschaft schüre durch die Verbreitung
unbestätigter Fälle bewusst Konflikte, so der Mediendienst. Der
Verfassungsschutz warnte daher in einem Sicherheitshinweis Anfang April vor
gezielten Desinformationskampagnen.
## Demos mit Verhaltensanleitung und Kauf-Links
Sergej Prokopkin, Jurist und Antidiskriminierungstrainer, analysiert
Social-Media-Meldungen zu antirussischen Übergriffen: „Der russische Staat
verwendet alles, um in Deutschland Konflikte zu entfachen.“ Zwar sollten
Betroffene seiner Meinung nach einen Vertrauensvorschuss erhalten. Jedoch
sei der aggressive Diskurs nicht sinnvoll. Durch Informationsverbreitung in
geschlossenen Kanälen wie Telegram entstehe kein Austausch, stattdessen
werde nur einseitige Information gestreut und Hass geschürt.
Seit dem Krieg in Georgien 2008 hat sich die mediale Propaganda Russlands
intensiviert. Das Narrativ, Russischsprachige seien im Westen nicht
willkommen, kam Medina Schaubert zufolge etwas später mit Beginn der
Krim-Propaganda auf. Seitdem habe eine Entwicklung der Propagandamittel
stattgefunden.
„Es wird nicht einfach drauflos demonstriert“, so die ehrenamtliche
Geschäftsführerin des Vereins Vision in Marzahn-Hellersdorf. „Wenn eine
Demo angesagt ist, wird über Telegram kommuniziert, wie man sich verhalten
soll, welche Parolen verwendet werden sollen und welche nicht.“ Neben
Verhaltensanleitungen würden auch Links von Online-Versandhäusern versendet
– für den Kauf von Russlandflaggen zum Beispiel.
## Gut Aufklärung will Weile haben
Bei der Propagandaaufklärung ist Sensibilität gefragt. Um bei dem
bestehenden [3][politischen Generationenkonflikt] in russischsprachigen
Communities den Frieden zu wahren, sind unterschiedliche Meinungen
totgeschwiegen worden, so Schaubert. Nun werden die Leute dazu gezwungen,
sich zu positionieren. Bei seiner Aufklärungsarbeit setzt Prokopkin auf die
jüngere, kritische Bevölkerung und auf einen langen Veränderungsprozess.
„Ja, es gibt einen Generationenkonflikt“, bestätigt er. „Doch das heißt
nicht, dass die ältere Generation an den Kreml verloren gegangen ist.“ In
vielen sozialen Einrichtungen setzten sich nun vor allem Ältere zum
Beispiel als DolmetscherInnen für geflüchtete UkrainierInnen ein.
Schaubert klärt Russischsprachige in Marzahn-Hellersdorf über
Staatspropaganda auf. In den Demos sieht sie großes Spaltungspotenzial. Sie
kritisiert, dass zum Teil auch JournalistInnen unzureichend über die
Community informiert seien, und appelliert, neben den Pro-Russland-Demos
auch die Gegendemos aufzunehmen, um kein verzerrtes Bild zu projizieren.
Außerdem brauche es unbedingt mehr alternative Medienangebote, die sich an
die postsowjetische Bevölkerung richten, um Staatsmedien entgegenzuwirken
und Desinformation zu bekämpfen.
29 Apr 2022
## LINKS
[1] /Demonstrationen-in-deutschen-Staedten/!5843274
[2] /Rassismus-als-Propagandawerkzeug/!5841135
[3] /Russische-Propaganda-im-Ukrainekrieg/!5846449
## AUTOREN
Betania Bardeleben
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
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