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# taz.de -- Gegen Fake News und Desinformation: Signal für freie Medien
> Es ist wichtiger denn je, das demokratische Modell freier und
> unabhängiger Medien zu stärken. Denn sie sichern seriöse
> Berichterstattung.
Bild: Zunehmend werden Journalisten bedroht und inhaftiert
Schon die Coronapandemie hat weltweit zu viele Opfer gefordert. Über sechs
Millionen sollen es nach den über zwei Jahren sein, in denen das Virus
unser Leben bedroht, einschränkt und prägt. Doch wurde die Pandemie in
vielen autoritären wie semi-autoritären Staaten auch dazu missbraucht, um
die dort schon zuvor attackierte Pressefreiheit weiter einzuschränken.
Reporter ohne Grenzen sah sie schon nach einem Jahr Pandemie „so stark
unter Druck wie selten zuvor“.
400 Journalistinnen und Journalisten, Medienschaffende und Bloggerinnen und
Blogger waren im vergangenen Jahr in Haft, über 40 zahlten für ihre Arbeit
mit dem Leben. Auch in Deutschland werden zunehmend Journalistinnen und
Journalisten angegriffen, bedroht und eingeschüchtert.
Jetzt kommt noch der Angriffskrieg des Putin-Regimes gegen die Ukraine
hinzu. Von der russischen Armee wurden dort bestialische Gräuel an der
Zivilbevölkerung verübt. Menschen sterben, hungern, frieren und fliehen.
Darüber darf in Russland nicht frei und unabhängig berichtet werden. Schon
die Bezeichnung als Krieg wird drakonisch bestraft.
Mit [1][Desinformation], Fake News und Propaganda versucht sich Wladimir
Putin an der Macht zu halten, während er unbeirrt Tod und Verwüstung über
die Ukraine bringt.
## Presse- und Meinungsfreiheit als Grundprinzipien Europas
Fake News und Desinformationen als Begleiterscheinung eines Krieges sind
nicht neu. Auf deren Mechanismen und Folgen wiesen schon Stefan Zweig und
der französische Historiker Marc Bloch nach der Katastrophe des Ersten
Weltkriegs hin. Ausgehend von Europas Kriegserfahrungen wurde das
Friedensprojekt der europäischen Integration geschaffen – auf dem Fundament
demokratischer Grundprinzipien wie Presse- und Meinungsfreiheit.
Dass diesen Freiheiten in Russland nun der Garaus gemacht wurde – und
beileibe nicht nur dort – ist das eine. Aber dass einseitige und oft
erstaunlich plumpe Propaganda funktionieren kann, liegt auch daran, dass
schon seit Jahren Putin und seine Unterstützer ein Zerrbild von Medien und
Journalisten verbreiten: die Mär, es gebe gar keine freien und unabhängigen
Medien, die seriös und wahrhaftig informieren. Vielmehr stünden sich immer
und überall nur interessen- und ideologiegesteuerte Meinungen gegenüber.
Solche Vorstellungen finden [2][in rechtsextremen Kreisen unserer
Demokratien Resonanz]. Entsprechend einseitig und aggressiv agieren seit
Jahren die vom russischen Staat finanzierten Medien Russia Today und
Sputnik. Der Kreml hat sie als Instrumente eines sogenannten
[3][Informationskrieges] gegen einen vermeintlichen Westen in Stellung
gebracht.
Sie verklären jetzt mit Fake News und Desinformation einen grausamen
Angriffskrieg und übertünchen Kriegsverbrechen. Es war deshalb richtig,
EU-weit geschlossen [4][gegen Russia Today und Sputnik vorzugehen], auch
wenn es hierfür künftig noch klarerer europäischer Regeln bedarf.
Jetzt ist es wichtiger denn je, das demokratische Modell freier,
unabhängiger Medien, die eine seriöse und wahrheitsgetreue
Berichterstattung sicherstellen, zu verteidigen und zu stärken. Dieses
Medienmodell ist eine Voraussetzung dafür, dass unsere pluralistischen
Demokratien existieren und funktionieren können.
## Staatsferne als wesentliches Element unserer Medienordnung
Deshalb sehe ich meine Rolle als Staatsministerin darin, Medien wie
Medienschaffende zu stärken und zu schützen, selbstverständlich in
Zusammenarbeit mit den Ländern und in Respekt vor dem wichtigen Prinzip der
Staatsferne, die ein wesentliches Element unserer Medienordnung ist.
Direkt nach Kriegsausbruch haben wir eine Million Euro bereitgestellt, mit
denen nach Deutschland geflohene ukrainische Journalistinnen und
Journalisten, die sich in den letzten Jahren für vielfältige Demokratie in
ihrem Land eingesetzt haben, unterstützt werden können wie auch geflohene
Medienschaffende, die in Russland wie in Belarus noch mutig die letzten
Freiräume verteidigt haben.
Wir unterstützen jetzt den „JX-Fund – Journalists in Exile“ von Reporter
ohne Grenzen, der Schöpflin- und der Augstein-Stiftung. Er soll
Medienschaffenden im Exil ermöglichen, hier ihre Arbeit als demokratische
Stimmen fortzusetzen.
## Deutschland als sichere Anlaufstelle
Auch bauen wir unsere Unterstützung für das Europäische Zentrum für Presse-
und Medienfreiheit in Leipzig aus. Dessen Residence-Programm bietet
geflohenen und bedrohten Journalistinnen und Journalisten in Deutschland
eine sichere Anlaufstelle.
Hinzu kommt unsere Arbeit im Bereich der Journalismusförderung, womit wir
erstmalig nachhaltige Unterstützungsmöglichkeiten zum Schutz und zur
strukturellen Stärkung journalistischer Arbeit geschaffen haben. Gemeinsam
mit dem Auswärtigen Amt engagieren wir uns stärker für bedrohte
Journalistinnen und Journalisten sowie Verteidigerinnen und Verteidiger der
Meinungsfreiheit im In- und Ausland. Vorgesehen ist auch, hierzulande die
journalistische Arbeit besser zu schützen.
Freie unabhängige Medien versus staatlich gelenkter Propagandamaschinerien
– mit diesem Konflikt werden wir es weltweit zu tun haben. Für Juni habe
ich daher die G7-Medienministerinnen und -minister nach Bonn geladen. Wir
wollen ein Signal der Geschlossenheit für unsere demokratischen
Medienmodelle senden und uns darauf verständigen, wie wir gegen Propaganda
und destabilisierende Desinformation vorgehen.
In Europa setze ich mich dafür ein, dass wir unter Berücksichtigung
bewährter nationaler Strukturen mit dem European Media Freedom Act einen
verlässlichen Rahmen bekommen, um vielfältige Medien zu stärken. Sie können
darauf zählen, dass ich mich für die Pressefreiheit und den Schutz
unabhängiger Medien einsetzen werde.
Dieser Text gehört zur Beilage der taz Panter Stiftung und von Reporter
ohne Grenzen in der taz vom 3. Mai 2022, dem Internationalen Tag der
Pressefreiheit.
3 May 2022
## LINKS
[1] /Desinformation-als-politische-Waffe/!5848706
[2] /Querdenker-unterstuetzen-Putin/!5838247
[3] /Interview-ueber-russische-Medien/!5838715
[4] /Russisches-staatsnahes-Fernsehen/!5840391
## AUTOREN
Claudia Roth
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Propaganda
Fake News
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Schwerpunkt Russia Today
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