Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Pleite für Regierung bei Impfpflicht: Corona immun gegen Bundestag
> Fünf Stunden lang diskutierten die Abgeordneten im Bundestag über die
> Einführung einer Corona-Impfpflicht. Doch kein Antrag erhielt eine
> Mehrheit.
Bild: Klatschen ohne Erfolg: Der Kompromissvorschlag von Karl Lauterbach (SPD) …
Berlin taz | Es wird in Deutschland weder eine Impfpflicht ab 60 Jahren
geben noch eine Vorsorge für den Herbst, etwa durch den Aufbau eines
Impfregisters. Beide Anträge bekamen am Donnerstag im Bundestag keine
Mehrheit der Stimmen.
Damit ist die Impfpflicht zunächst einmal vom Tisch – nach [1][monatelanger
Debatte] und anders, als es die Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz
(SPD) versprochen hatte. Dabei hatten die meisten Abgeordneten vorab
angegeben, grundsätzlich eine Impfpflicht nicht auszuschließen. Über die
genaue Ausformulierung wurden sie sich aber nicht einig. In der Diskussion
vor der Abstimmung warfen sich die Gruppen gegenseitig vor, sie seien nicht
zu Gesprächen bereit gewesen oder sie verfolgten nur parteipolitische
Interessen.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann unterstellte der Union,
sie lehne die [2][Impfpflicht] ab 60 nur ab, „damit Herr Merz vielleicht am
Ende die Krone aufhat, als Kompromissmacher“. Von Nina Warken, der
Parlamentarischen Geschäftsführerin der Unions-Fraktion, hieß es hingegen:
„Wir lassen uns nicht vorwerfen, dass wir nicht kompromissbereit waren oder
dass wir allein aus parteitaktischen Gründen nicht mit Ihrem Vorschlag
mitgehen.“ Im Gegenzug kritisierte sie die Regierung: „Das Wirrwarr hat
begonnen, als sich die Regierungskoalition in Gruppenanträge geflüchtet
hat.“
Die verschiedenen Positionen in der über vier Monate anhaltenden Diskussion
zur [3][Impfpflicht verliefen nicht entlang] der üblichen Parteilinien.
Zunächst hatte die Bundesregierung entschieden, keinen eigenen
Gesetzentwurf einzubringen. Aus der Regierungskoalition kamen dann mehrere
fraktionsübergreifende Gruppenanträge. Union und AfD brachten eigene
Vorschläge ein.
## Taktische Ansage: Dem Impuls widerstehen
Nach mehreren [4][Kompromissvorschlägen] standen vier Anträge zur
Abstimmung: ein fraktionsübergreifender von Mitgliedern der Ampelkoalition
und der Linke-Fraktion für eine Impfpflicht ab 60 Jahren; die Union
beantragte, eine Impfpflicht vorzubereiten, die aktiviert werden soll, wenn
sich die Pandemie wieder zuspitzt; ein weiterer interfraktioneller Antrag
lehnte die Impfpflicht ab; die AfD-Fraktion hatte zudem einen Antrag
eingebracht, in dem sie nicht nur eine allgemeine Impfpflicht ablehnte,
sondern auch die einrichtungsbezogene Impfpflicht wieder abschaffen wollte.
Die meisten Fraktionen überließen es den Abgeordneten, nach dem eigenen
Gewissen zu entscheiden, nur Union und AfD stimmten geschlossen ab. Das
Ergebnis: Für die Impfpflicht ab 60 stimmten 296 Abgeordnete, 378 votierten
dagegen. Der Unions-Vorschlag erhielt 172 Ja- und 497 Neinstimmen. Die AfD
jubelte – auch wenn die Anträge gegen die Impfpflicht ebenfalls eindeutig
abgelehnt wurden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte noch in den vergangen
Tagen gehofft, Abgeordnete der Union würden die [5][Impfpflicht ab 60]
unterstützen. Immerhin befürworteten auch mehrere CDU-Ministerpräsidenten
in den Bundesländern eine Impfpflicht, darunter die Wahlkämpfer Hendrik
Wüst in Nordrhein-Westfalen und Daniel Günther in Schleswig-Holstein.
Doch die Unions-Abgeordneten bekamen am Mittwoch eine taktische Anweisung
von ihrem Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU): Falls der
Unions-Antrag keine Mehrheit finde, „sollte dem Impuls widerstanden werden,
anderen Vorlagen zuzustimmen, nur damit es irgendein Ergebnis gibt“. Daran
haben sie sich offenbar gehalten.
## Union für weitere Gespräche offen
CDU-Chef Friedrich Merz erklärte am Ende der Debatte: „Es handelt sich nach
der Meinung unserer Fraktion um keine Gewissensentscheidung.“ Die Union
sei sich weitestgehend einig, und ihr Antrag sei bereits ein Kompromiss
gewesen. Aber der sei von den anderen Fraktionen belächelt worden, sagte
Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Es sei
nicht seine Fraktion gewesen, die sich Gesprächen verweigert habe, sondern
die anderen Gruppen hätten sie nicht ernsthaft einbezogen.
Dieser Streit zog sich in einem stetigen Schlagabtausch durch die
Redebeiträge: Als etwa der Unions-Abgeordnete Sepp Müller der Ampel
vorwarf, sie habe sich „Gesprächen verwehrt, auf die Tube gedrückt und eine
Abstimmung erzwungen“, meldete sich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zu
Wort und widersprach: „Wir haben auch das Gespräch mit der Union gesucht.“
Tino Sorge erklärte, seine Fraktion sei auch nach der Abstimmung
gesprächsbereit. Dem entgegnete Dirk Wiese (SPD): „Man kann nicht sagen:
Heute verweigere ich mich der Verantwortung, aber morgen stehe ich für
Gespräche bereit.“
7 Apr 2022
## LINKS
[1] /Impfpflicht-Entwuerfe-eingereicht/!5840837
[2] /Sachverstaendige-im-Bundestag/!5840164
[3] /Impfpflicht-im-Bundestag/!5831697
[4] /Debatte-um-eine-Corona-Impfpflicht/!5845952
[5] /Abstimmung-ueber-Corona-Impfpflicht/!5847966
## AUTOREN
David Muschenich
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Bundestag
Olaf Scholz
Impfung
Karl Lauterbach
Klitschko
Daniel Günther
Bundesministerium für Gesundheit
Schwerpunkt Coronavirus
Kolumne Habibitus
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vegetarische Wurst und blutige Steaks: Scholz und die Fehlbarkeit der SPD
Der Kanzler hat schwere Tage hinter sich. Kritik wegen der zögerlichen
Waffenlieferungen, die Impfpflicht und dann auch noch das Foto mit
Klitschko.
Politiker Daniel Günther über die CDU: „Ein riesiges Defizit der CDU“
Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein über Wahlkampf, Windräder,
Impfpflicht und neuerliche Sympathien für Friedrich Merz.
Gescheiterte Impfpflicht: Bahn frei für die nächste Variante
Die überstandene Infektion ohne Impfung bietet kaum Schutz gegen das Virus.
Schon gar nicht gegen Mutanten, die sich munter ausbreiten werden.
Nachrichten in der Coronapandemie: Impfpflicht komplett gescheitert
Der Bundestag stimmt gegen eine allgemeine Impfpflicht. Auch die Anträge
von FDP und Union fallen durch. Das stellt auch die einrichtungsbezogene
Impfpflicht infrage.
Lauterbach und die Quarantänepflicht: We love Eigenverantwortung
Karl Lauterbach wollte die Quarantänepflicht für Menschen außerhalb des
medizinischen Sektors beenden. Dabei ging es nie um Freiheit – nur um
Profite.
Nachrichten in der Coronakrise: Quarantäne bleibt Pflicht
Bundesgesundheitsminister Lauterbach übernimmt Verantwortung für den
Zickzackkurs bei den Isolationsregeln. Die Inzidenz sinkt derweil weiter.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.