# taz.de -- Permafrostböden tauen auf: Nicht mehr lange tiefgefroren | |
> Dass Permafrostböden auftauen, ist seit Jahren bekannt. Eine neue Studie | |
> sieht einige Gebiete schon verloren, macht aber auch Hoffnung. | |
Bild: Im vergangenen Sommer war es so heiß, dass die sibirischen Moore brannten | |
BERLIN taz | In den Mooren Nordskandinaviens und Westsibiriens, deren | |
tiefere Schichten ganzjährig gefroren sind, steckt doppelt so viel | |
Kohlenstoff wie in Europas Wäldern. Forscher*innen aus Großbritannien | |
haben jetzt herausgefunden, [1][dass die Moore schneller auftauen als | |
gedacht]. Schon in diesem Jahrzehnt werden 38 Prozent der Fläche, die kalt | |
und trocken genug für die Permafrostmoore sind, zu warm oder nass sein, | |
schreiben sie in der Zeitschrift Nature. | |
Das führt dazu, dass Mikroben aktiv werden, die je nach Umweltbedingungen | |
Kohlenstoffdioxid oder [2][Methan] produzieren. Die Fläche, in der | |
Permafrostmoore existieren können, wird der Studie zufolge um mindestens 58 | |
Prozent schrumpfen. Es könnte sogar sein, dass die Moore vollständig | |
auftauen. Das heißt nicht, dass der Kohlenstoff dort sofort entweicht, | |
sondern dass er schneller oder langsamer freigesetzt wird – je nachdem, wie | |
viel CO2 die Menschheit noch ausstößt. | |
Denn besonders interessant an der Studie ist, dass die Forscher*innen | |
ihre Modelle mit bereits entwickelten sozioökonomischen Szenarien gefüttert | |
haben, anstatt verschiedene Treibhausgaskonzentrationen zu verwenden. | |
Auch der Weltklimarat ist für [3][seinen aktuellen, sechsten Bericht] auf | |
diese Szenarien umgestiegen. Sie basieren jeweils auf verschiedenen | |
Annahmen, wie sich die Welt zum Beispiel durch Wirtschafts- und | |
Bevölkerungswachstum sowie neue Technologien und Bildung verändern könnte | |
und wie das den Ausstoß von Treibhausgasen beeinflusst. Wenn diese | |
Szenarien in die Modelle einfließen, wird sichtbar, dass es einen direkten | |
Unterschied macht, wie die nationale und internationale Politik handelt. Im | |
besten Fall würde sich die Erde zum Ende des Jahrhunderts wieder abkühlen. | |
## Rückkopplungseffekte verhindern Erholung | |
Das reicht laut der Studie nicht, um die Permafrostböden in Skandinavien zu | |
retten. In Sibirien, wo mehr Kohlenstoff gespeichert ist, könnten sie sich | |
weiter nördlich erneut bilden. Dort würden sie aber nur 62 Prozent der | |
Kohlenstoffmenge speichern, die 1990 in den Mooren lag. Das liegt vor allem | |
daran, dass es weiter nördlich noch kälter und trockener ist. Dort wachsen | |
weniger Pflanzen, deren Kohlenstoff vom Moor eingeschlossen werden kann. | |
Die Simulationen zeigen auch, dass ein nahezu vollständiges Verschwinden | |
der Moore nur im besten Szenario zu verhindern ist; es passiert bei den | |
moderaten Szenarien nur später als bei den besonders dramatischen. | |
„[4][Sobald die Moore anfangen zu tauen], setzen Rückkopplungseffekte ein, | |
die eine direkte Erholung verhindern“, erklärt Martin Wilmking von der | |
Universität Greifswald. | |
Höhere Temperaturen bedeuten gleichzeitig, dass Pflanzen besser wachsen. | |
Wie viel Kohlenstoff so der Atmosphäre wieder entzogen werden kann, ist | |
schwer vorauszusagen. Die Studienautor*innen gehen von zwischen 40 | |
und mehr als 100 Prozent des in den tieferen Schichten der Moore gebundenen | |
Kohlenstoffs aus. Aber, gibt Wilmking zu bedenken: „Was aus dem Boden | |
herauskommt, wird nicht sofort wieder aufgenommen. Bis dort Wälder | |
gewachsen sind, dauert es 100, 200 Jahre. Das bringt uns jetzt nichts.“ | |
17 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.nature.com/articles/s41558-022-01296-7 | |
[2] /Studie-zum-tauenden-Permafrost/!5786541 | |
[3] /Neuer-Klimabericht/!5837958 | |
[4] /Raedertierchen-wieder-aufgetaut/!5774735 | |
## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
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