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# taz.de -- Erweiterung des Kohle-Tagebaus: RWE darf Lützerath weiter räumen
> Schlappe vor Gericht für den letzten verbliebenen Landwirt des
> rheinischen Orts, der dem Tagebau weichen soll. Die Klimabewegung will
> protestieren.
Bild: Die Klimabewegung hat in Lützerath ihre Zelte aufgeschlagen
Berlin taz | Dieses Urteil haben viele zitternd erwartet – der
Energiekonzern RWE, der Landwirt Eckhardt Heukamp, die Aktivist:innen
der deutschen Klimabewegung. Am Montag hat das nordrhein-westfälische
Oberverwaltungsgericht in Münster beschlossen: RWE darf auf Heukamps
Grundstücken im Ort Lützerath, der zu der Stadt Erkelenz nahe
Mönchengladbach gehört, Kohle abbaggern und die nötigen Vorbereitungen
treffen.
Das heißt, der Konzern darf zum Beispiel Häuser abreißen oder Bäume fällen,
wobei Letzteres im Frühjahr und Sommer aus Naturschutzgründen nur per
Sondergenehmigung geht.
Dass Lützerath der Kohle weichen muss, hat die damals rot-grüne
nordrhein-westfälische Landesregierung schon 2005 in einem
[1][Braunkohleplan] beschlossen. Heukamp ist der letzte der ursprünglichen
Einwohner:innen. Der Rest hat RWE längst Grund und Boden verkauft und die
Umsiedlung an andere Orte der Region angetreten.
Heukamp will den Hof, den seine Familie seit Generationen besitzt, aber
nicht aufgeben. Das bedeutet nun: vorzeitige Besitzeinweisung, die Vorstufe
zur Enteignung. Gemeinsam mit zwei Mieter:innen legte Heukamp Beschwerde
ein. Die lehnte im vergangenen Oktober bereits das Verwaltungsgericht
Aachen ab. Dessen Sicht haben die Münsteraner Richter:innen der höheren
Instanz unanfechtbar bestätigt.
## Forderungen an Landes- und Bundesregierung
Sie argumentieren: Nach der aktuellen Rechtslage geht schlicht alles mit
rechten Dingen zu. „Die Antragsteller zeigen … nicht auf, dass die Prüfung
des Verwaltungsgerichts rechtsfehlerhaft ist“, [2][heißt] es beim
Oberverwaltungsgericht. „Weitgehend betrifft der Vortrag eher
klimapolitische Forderungen, die im geltenden Recht keine Grundlage haben
und an den Gesetzgeber zu richten wären.“ Also an diejenigen, die anders
als die Richter:innen das geltende Recht verändern können.
Heukamp kündigt an, sich der Räumung zu widersetzen. „Allen ist klar, dass
der Kohleausstieg für den Klimaschutz vorgezogen wird und es deshalb eine
neue Leitentscheidung braucht“, sagte er direkt nach der
Gerichtsentscheidung. „Warum sollte ich gehen, wenn sich in ein paar
Monaten herausstellt, dass mein Dorf bleiben kann?“ Er erwarte von der
Landesregierung um Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), dass sie ein
Abrissmoratorium für Lützerath beschließt.
Der hat zu so einem Schritt bislang allerdings noch keine Anstalten
gemacht. Auch die Bundesregierung, die ja den Kohleausstieg von 2038
[3][„idealerweise“ auf 2030 vorziehen will], hat sich bislang zurückhaltend
positioniert. Einige Dörfer, deren Schicksal noch nicht so lange besiegelt
ist, wollen SPD, FDP und Grüne ausdrücklich doch erhalten. „Über Lützerath
werden die Gerichte entscheiden“, steht im Koalitionsvertrag.
Kohlegegner:innen finden nicht, dass die Bundesregierung damit ihren
Job erledigt hat. David Dresen von der Initiative „Alle Dörfer bleiben“
schließt aus der Begründung der Richter:innen, dass der Ball wieder bei der
Ampelkoalition liege, die in ihren Klimaschutzplänen konkreter werden
müsse. „Dann fallen die Entscheidungen der Gerichte auch anders aus.“
Die Klimabewegung kündigt nun neue Proteste in Lützerath an. Eine
schwankende Zahl von Aktivist:innen hat sich um Heukamps Hof herum
ohnehin schon ein Camp aufgebaut. Der Ort ist zum Symbol des Klimaprotests
geworden. „Wir werden Lützerath verteidigen“, sagte Jona Heidner von der
Gruppe Ende Gelände. „Ob mit Demos, Sitzblockaden oder Baumhäusern – wir
sind viele und wir werden nicht ruhen, bis der letzte Kohlebagger
stillsteht.“
28 Mar 2022
## LINKS
[1] https://www.erkelenz.de/wirtschaft-strukturwandel/braunkohlenangelegenheite…
[2] https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/21_220328/index.p…
[3] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741
## AUTOREN
Susanne Schwarz
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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