# taz.de -- Haltung junger Menschen zu Klimaschutz: Engagement trotz Pessimismus | |
> Eine Umfrage zeigt, dass Klimaschutz jungen Menschen wichtig ist. Über | |
> die Klimabewegung sind sie sich jedoch uneinig. | |
Bild: Weniger als die Hälfte der 14- bis 22-Jährigen war mal auf einem Klimas… | |
Berlin taz | Um Klima und Umwelt zu schützen, vermeiden junge Menschen am | |
liebsten Plastik und fahren mit Fahrrad und [1][ÖPNV] – und sie halten das | |
auch für die effektivsten Maßnahmen. Das geht aus einer repräsentativen | |
Umfrage im Auftrag des Umweltbundesamtes und des Bundesumweltministeirums | |
hervor, die der taz vorliegt. Befragt wurden dafür gut 1.000 Menschen | |
zwischen 14 und 22 Jahren. Es ist nach Studien in den Jahren 2017 und 2019 | |
die dritte des Umweltbundesamts, in denen junge Menschen nach ihren | |
Meinungen, Gefühlen und Sorgen zu Klima und Umwelt gefragt wurden. | |
Klima- und Umweltschutz finden junge Menschen zwar weniger relevant als | |
soziale Gerechtigkeit und den Zustand des Bildungswesens; er landet aber | |
immerhin auf Rang drei der Themen, die sie beschäftigen. Die Hälfte der | |
Befragten hält Umwelt- und Klimaschutz für sehr wichtig, weitere 35 Prozent | |
für eher wichtig. Die Umfrage fand allerdings im Sommer 2021 statt, | |
[2][Krieg und öffentliche Sicherheit dürften seitdem eine stärkere Rolle | |
spielen]. | |
Eigene Handlungsmöglichkeiten sehen die jungen Menschen neben der Plastik- | |
und Autovermeidung, die etwa die Hälfte oft oder sehr oft praktiziert, im | |
Kauf von Produkten aus biologischem Anbau oder aus fairem Handel. Etwa ein | |
Drittel verzichtet oft oder sehr oft auf die Anschaffung neuer Konsumgüter, | |
30 Prozent essen oft oder sehr oft vegetarisch. Hier ist der Unterschied | |
zwischen Frauen und Männern – nonbinäre Personen machten ein Prozent der | |
Befragten aus – besonders auffällig: Während 39 Prozent der Teilnehmerinnen | |
häufig auf tierische Produkte verzichten, sind es nur 21 Prozent der | |
Teilnehmer. Nur ein Viertel der Befragten verzichtet oft aufs Fliegen, | |
obwohl sie diese Maßnahme für die drittwichtigste zum Schutz des Klimas | |
halten. | |
Ihr zivilgesellschaftliches Engagement beschränkt sich in vielen Fällen | |
darauf, Onlinepetitionen zu unterschreiben und Beiträge auf den sozialen | |
Medien zu teilen. Jede*r Vierte gibt an, schon einmal bei Blockaden oder | |
Besetzungen mitgemacht zu haben. Beim Klimastreik haben sich 26 Prozent | |
mindestens gelegentlich beteiligt, 59 Prozent dagegen noch nie. | |
## Viele finden, das Engagement bringe nichts | |
Das ist vor allem aufgrund eines anderen Ergebnisses der Umfrage | |
bemerkenswert: 80 Prozent der Befragten glauben, dass „junge Menschen viel | |
erreichen können, wenn sie sich gemeinsam für Klimaschutz einsetzen“. Warum | |
geht dann nur jede*r Siebte regelmäßig für Klima- und Umweltschutz auf die | |
Straße? Nun, 41 Prozent ärgern sich darüber, dass Klimaschützer*innen | |
ihnen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben. Ein Drittel meint, | |
Klimaaktivist*innen verbreiteten vor allem übertriebene Panik. Und | |
der womöglich wichtigste Grund: 41 Prozent finden, das Engagement junger | |
Menschen habe dem Klimaschutz wenig gebracht. Bundesumweltministerin Steffi | |
Lemke (Grüne) sieht die Politik in der Pflicht, das zu ändern. „Die Jugend | |
muss noch stärkeres Gehör bekommen“, sagte sie der taz. „Das verlangt die | |
Generationengerechtigkeit.“ | |
Besonderes Augenmerk legt die Studie darauf, wie junge Menschen die | |
sozialen Medien nutzen. Dort sieht jede*r Vierte häufig Inhalte zu Umwelt, | |
Klima oder Natur, seltener als Kultur, Fitness, Ernährung, Mode, | |
Gleichberechtigung und Antirassismus. Das unterscheidet sich jedoch stark | |
von Nutzer*in zu Nutzer*in: In ihrer Studie hat das Umweltbundesamt | |
zwischen Idealist*innen, Pragmatiker*innen und Distanzierten | |
unterschieden. Und die Idealist*innen, die sich stark über Nachhaltigkeit | |
und Umweltbewusstsein definieren, sehen fast doppelt so oft Umwelt- und | |
Klimaschutzthemen in ihren Feeds wie der Rest. | |
Obwohl sie so selten darüber lesen, gaben drei von vier Befragten an, ihre | |
Informationen zu Umwelt und Klima vorrangig aus den sozialen Medien zu | |
erhalten. Die Informationen stammen eher von Freund*innen, Blogger*innen | |
und Influencer*innen als von Unternehmen, Medien oder | |
Umweltschutzorganisationen. 23 Prozent bekommen dadurch den Eindruck, Klima | |
und Umwelt seien keine großen Probleme. | |
Allerdings sagen genauso viele, dass Klimakrise und Umweltzerstörung ihnen | |
Schlaf rauben und Schwierigkeiten dabei bereiten, ihr Leben zu genießen. 37 | |
Prozent sorgen sich wegen Klimawandel und Umweltzerstörung um die Zukunft. | |
15 Prozent sagen sogar, sie hätten wegen des anscheinend fruchtlosen | |
Engagements junger Menschen für das Klima weniger Hoffnung auf Erfolge in | |
der Umwelt- und Klimapolitik. Es überrascht deshalb nicht, dass über 80 | |
Prozent der Befragten Trauer und Wut über Naturzerstörung empfinden. Genug | |
tut ihrer Meinung nach niemand: [3][21 Prozent finden, dass die Maßnahmen | |
der Bundesregierung ausreichen], und noch weniger denken, dass jede*r | |
Einzelne genug tue. | |
Ihrer eigenen Zukunft gegenüber sehen die Befragten weit zuversichtlicher | |
entgegen als der des Planeten: Drei von vier sind dahingehend eher | |
optimistisch, wohingegen nur eine*r von vier eine positive Zukunft für | |
Umwelt und Klima erwartet. Besonders pessimistisch sind übrigens die | |
Idealist*innen. | |
31 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Deutsche-Bahn-trotzt-Energiekrise/!5841364 | |
[2] /KlimaschuetzerInnen-streiken-weltweit/!5841202 | |
[3] /Plan-des-Umweltministeriums/!5841674 | |
## AUTOREN | |
Jonas Waack | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Umweltschutz | |
Schwerpunkt Klimaproteste | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Müll | |
Journalismus | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
Schwerpunkt Fridays For Future | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sozial-ökologische Transformation: Von Yuppies, Ökos, Egos und dem kleinen Ma… | |
Wie Geld, Bildung und Umweltbewusstsein zusammenhängen, untersuchen | |
Forscher:innen in Jena. Sie verraten, welche Klischees stimmen und welche | |
nicht. | |
Ausgrabungen am Wochenende: Sisyphos beim Müllsammeln | |
Jedes Jahr machen wir Frühjahrsputz am Ufer der Havel. Jedes Jahr liegt da | |
der gleiche Plastikmüll. Fragen eines auflesenden Müllwerkers. | |
Journalist:innen verfassen Charta: Die mediale Klimakrise | |
Der Klimawandel sollte medial als Querschnittsthema behandelt werden. Das | |
fordert ein Netzwerk aus Journalist:innen. | |
Neuer Bericht des Weltklimarats: Drohender Klima-Kolonialismus | |
Zum Anbau von CO2-speichernden Pflanzen bedarf es riesiger Anbauflächen. | |
Die Last könnte den globalen Süden treffen. | |
Erweiterung des Kohle-Tagebaus: RWE darf Lützerath weiter räumen | |
Schlappe vor Gericht für den letzten verbliebenen Landwirt des rheinischen | |
Orts, der dem Tagebau weichen soll. Die Klimabewegung will protestieren. | |
Jobs für die Generation Friday: Irgendwas mit Klimaschutz | |
Eine Beschäftigung mit Sinn wünschen sich viele. Rund ums Klima gibt es | |
derzeit jede Menge neue Arbeitsplätze, ja sogar einen Fachkräftemangel. | |
Luisa Neubauer über Klima und Krisen: „Es ist Zeit für Systemfragen“ | |
Wenn der Koalition der gesellschaftliche Frieden in Deutschland wichtiger | |
sei als die Menschen in der Ukraine, solle sie das sagen, fordert Neubauer. |