# taz.de -- Arbeitskampf bei Gorillas: Rider sind geliefert | |
> Der Lebensmittel-Kurierdienst Gorillas schließt einen Standort und | |
> kündigt 87 Mitarbeiter*innen, darunter auch drei Mitglieder des | |
> Betriebsrats. | |
Bild: Gorillas steht immer wieder wegen seiner Arbeitsbedingungen in der Kritik… | |
Ein Fahrradfahrer mit dem kastenförmigen Rucksack des | |
Lebensmittel-Lieferdienstes Gorillas fährt am Donnerstagmittag aus dem | |
Warenlager beim Alexanderplatz und schlängelt sich durch die Menschenmenge. | |
Rund 30 seiner Kolleg*innen haben sich hier versammelt, um gegen die | |
Kündigung von 87 Mitarbeiter*innen des Standorts in der Rungestraße zu | |
protestieren. „Gorillas gets rich while we pay the cost“, „Gorillas wird | |
reich, während wir die Kosten zahlen“, steht auf einem großen Banner. | |
Am 2. März seien sie darüber informiert worden, dass alle | |
Mitarbeiter*innen des Warehouse Alex bis Ende des Monats entlassen | |
werden, sagt eine Fahrerin. Die meisten Rider, wie sich die Fahrer*innen | |
nennen, sind junge Migrant*innen und sprechen kaum oder kein Deutsch. | |
Sie seien auf das Geld angewiesen, viele unterstützten ihre Familien damit. | |
„Obwohl das Management schon seit Oktober weiß, dass der Standort | |
geschlossen wird, wurden wir erst letzte Woche informiert“, kritisiert sie. | |
Seitdem sei die Moral im Keller, sagt ihr Kollege Hussein. „Wir haben viel | |
für dieses Unternehmen getan. Wir wollen bloß, dass sie Verantwortung für | |
ihre Angestellten übernehmen.“ Wie es für sie weitergeht? „Uns wurde | |
gesagt, wir können uns bei anderen Warehouses bewerben.“ „All workers | |
stay!“, rufen die Rider. | |
## „Das ist Union Busting“ | |
Martin Bechert ist Anwalt des neuen Betriebsrates, dessen Gründung das | |
Gorillas-Management lange verhindern wollte – [1][bis das Arbeitsgericht | |
dem im November 2021 einen Riegel vorschob.] Firmen wie Gorillas, Amazon | |
oder Tesla würden Arbeiter*innenrechte „mit Füßen treten“, kritisiert | |
er. „Es gibt keine Mitbestimmung bei Gorillas.“ Bechert glaubt, dass die | |
Schließung des Standortes eine Strategie des Unternehmens ist, „um | |
unliebsame Mitarbeiter auszusieben“. Unter den 87 Gekündigten befinden sich | |
drei der insgesamt 19 Betriebsräte von Gorillas. „Das ist Union Busting, | |
was hier passiert“, sagt Bechert. „Es kann nicht sein, dass 87 Menschen vor | |
die Tür gesetzt werden, wenn man woanders freie Arbeitsplätze hat.“ | |
„Die Schließung wurde nicht von uns ausgelöst“, sagt der Deutschland-Chef | |
von Gorillas, Alexander Brunst, der taz. Da der Antrag auf Nutzungsänderung | |
für das Gebäude in der Rungestraße wegen Denkmalschutzauflagen versagt | |
worden sei, seien sie gezwungen, den Betrieb zu schließen. „Wir haben bis | |
vor Kurzem versucht, eine Lösung zu finden“, erklärt er das späte | |
Kündigungsschreiben. „Wir versuchen, eine Weiterbeschäftigung für alle | |
Mitarbeiter zu organisieren.“ Das gelte auch für die drei | |
Betriebsratsmitglieder. Da Gorillas im November seine 18 Warenlager [2][in | |
formal unabhängige Franchises umgewandelt hat], könne man die Angestellten | |
nicht einfach in andere Lager verteilen. „Das liegt in der Verantwortung | |
der Warehouse-Manager“, so Brunst. Trotz des für das Unternehmen äußerst | |
vorteilhaften Konstrukts versuche man im Gespräch mit Betriebsrat und | |
Managern „für alle Mitarbeiter Lösungen zu finden“. | |
10 Mar 2022 | |
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[1] /Unternehmen-scheitert-vor-Arbeitsgericht/!5812458 | |
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## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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