# taz.de -- Lieferando-Streik in Berlin: Spritpreise machen Kuriere arm | |
> Autokuriere von Lieferando protestieren am Montag für eine höhere | |
> Kilometerpauschale. | |
Bild: Zum zweiten Mal dieses Jahr haben am Montag Fahrer*innen vor der Lieferan… | |
Berlin taz | 25 Fahrer*innen sind am Montag vor dem Hauptquartier des | |
Essen-Lieferdienstes Lieferando in Kreuzberg zusammengekommen, um auf die | |
prekäre Lage der Autokuriere aufmerksam zu machen. Denn die | |
Kilometerpauschale von 30 Cent, die das Unternehmen seinen Pkw-Fahrer*innen | |
aktuell zahle, federe die [1][steigenden Kraftstoffpreise] nicht ab: „Wir | |
bezahlen das Benzin gerade aus eigener Tasche“, sagt Sarah El Hussein, | |
Organisatorin der Demo. Seit knapp einem Jahr fährt sie mit ihrem Auto | |
Bestellungen für den niederländischen Konzern aus. Seit der Ukrainekrieg | |
die Spritpreise in die Höhe getrieben hat, lohne sich ihre Arbeit kaum | |
noch, beklagen El Hussein und ihre Kolleg*innen in Redebeiträgen auf | |
Deutsch, Englisch, Arabisch und Persisch. | |
„Es gehört zum Geschäftsmodell von Lieferando, Geschäftsrisiken auf die | |
Mitarbeiter abzuwälzen“, sagt Olaf Klenke, Bezirkssekretär bei der | |
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Erst vor Kurzem hatte die | |
NGG selbst zum [2][Streik vor der Lieferando-Zentrale] aufgerufen: Rund 70 | |
Fahrer*innen kamen Ende Januar zusammen, um unter anderem für einen | |
Stundenlohn von 15 Euro zu protestieren. | |
An diesem Montag fordern die Streikenden die Erhöhung der | |
Kilometerpauschale von 30 auf 50 Cent. Obwohl die steigenden Benzinpreise | |
sie nicht betreffen, haben sich auch einige Fahrradkuriere dem Protest | |
angeschlossen: aus Solidarität, aber auch, weil sie viele Anliegen mit | |
ihren Kolleg*innen auf vier Rädern teilen. So äußern die | |
Lieferant*innen den Verdacht, dass ihr Arbeitgeber ihnen Lohn | |
unterschlage: „Allen Fahrer*innen, egal ob Roller, Auto oder Fahrrad, ist | |
bewusst, dass Lieferando nicht jeden gefahrenen Kilometer berechnet“, sagt | |
Fahrradkurier Leonard Müller. | |
## Fahrer*innen beklagen fehlerhaftes Kilometer-Tracking | |
Welche Strecken sie zurücklegen, zeichne die App auf, über die die Kuriere | |
ihre Aufträge abwickeln. Basierend auf deren Daten zahlt Lieferando den | |
Mitarbeiter*innen [3][zusätzlich zu ihrem Basisstundenlohn] eine | |
Kilometerpauschale. Die stimme jedoch nicht immer mit der tatsächlich | |
zurückgelegten Strecke überein: „Ich habe mal einen zweiten Navi laufen | |
lassen und die Kilometerzahlen verglichen“, sagt Leonard Müller. „Am Ende | |
kam raus, dass Lieferando mir nur jeden dritten Kilometer bezahlt hat.“ | |
Zwar sei eine manuelle Nachberechnung möglich, dafür müssten die | |
Fahrer*innen jedoch nachweisen, dass ihnen nicht alle Wege vergütet | |
wurden. | |
Außerdem forderten die Streikenden an diesem Montag eine | |
Verschleißpauschale von 20 Cent pro Kilometer. Die Autokuriere bei | |
Lieferando stellen ihre Fahrzeuge selbst – im Gegensatz zu ihren | |
radfahrenden Kolleg*innen werden sie dafür bislang nicht entschädigt. | |
„Durch die vielen Stopps und das ständige Schalten ist bei einigen Autos | |
das Getriebe im Eimer“, sagt ein Demoteilnehmer. Eine Verschleißpauschale | |
könne die Reparaturkosten finanzieren. | |
22 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Hohe-Spritpreise-in-Deutschland/!5838442 | |
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## AUTOREN | |
Johanna Jürgens | |
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